Mediziner, die Methadon verschreiben, werden bewertet. Ärztekammer prüft Schritte

Hamburg. Auch Ärzte werden mittlerweile wie Handwerker oder Restaurants auf verschiedenen Internetportalen bewertet. Jetzt gibt es sogar eine eigens für Hamburg eingerichtete Webseite, auf der "Hamburgs lockerste Methadon-Ärzte" gewählt werden. Die Hamburger Ärztekammer prüft bereits rechtliche Schritte gegen die Seite.

Auf der Internetseite www.methadonliste-hamburg.de wird ein lockerer Umgang mit dem Heroin-Ersatzstoff Methadon propagiert und die "Top 5" der von den Nutzern gewählten Mediziner, die Methadon verschreiben, genannt. Eine mehr als bedenkliche Rangliste, findet die Ärztekammer - auch vor dem Hintergrund der im Januar an einer Methadonvergiftung gestorbenen elfjährigen Chantal aus Wilhelmsburg.

"Wir haben einen externen Rechtsanwalt beauftragt. Er soll klären, ob durch die Nennung der Ärzte Persönlichkeitsrechte verletzt werden und die Mediziner gegebenenfalls dagegen vorgehen können", sagt Dorthe Kieckbusch, Sprecherin der Hamburger Ärztekammer. Erst durch die Abendblatt-Anfrage haben Gesundheitsbehörde, Ärztekammer sowie die Kassenärztliche Vereinigung von der Webseite erfahren. "Wir können als Behörde nichts gegen die Seite unternehmen, aber Ärztekammer und Kassenärztliche Vereinigung sollten prüfen, wie sie mit solchen Veröffentlichungen umgehen", sagt Rico Schmidt, Sprecher der Gesundheitsbehörde.

Was die Macher der Seite, die anonym bleiben, mit "locker" in Bezug auf die Ärzte meinen, erklärt sich in einem Kommentar: "Unter locker verstehen wir jemanden, der uns als Patienten und nicht als Kriminelle betrachtet, uns zuhört und sogar auch versteht, wie das ist mit der Drogensucht."

Suchtmediziner Herbert Görne, der in die "Top 5" gewählt wurde, schocken solche Kommentare nicht: "Als Arzt fühle ich mich durch die Seite nicht verunglimpft." Die Kassenärztliche Vereinigung will die Ergebnisse der rechtlichen Prüfung abwarten, sieht aber keinen Grund, die Ärzte zu überprüfen. "Ärzte, die Substitute ausgeben, unterliegen ohnehin einer sehr strengen Kontrolle", sagte Walter Plassmann, stellvertretender Vorsitzender.