Vor der SPD-Klausurtagung gibt es eindringliche Warnungen vor Sparmaßnahmen. Senioren wollen Scholz 3000 Briefe übergeben.

Boltenhagen/Hamburg. Wer ein weit entferntes Ziel erreichen will, sollte zunächst seinen Ausgangspunkt definieren. Insofern ist es nachvollziehbar, dass die Hamburger SPD an den Anfang ihrer zweitägigen Klausurtagung in Boltenhagen am Freitag eine Frage gestellt hat: "Wo stehen wir?" Die Antwort eines Meinungsforschers dürfte auch Erkenntnisse darüber liefern, wie das hehre Ziel, bis 2020 den Haushalt der Stadt in Ordnung zu bringen, erreicht werden kann, ohne es sich durch ständige Sparpakete mit der halben Stadt zu verscherzen. Denn wie schwer das ist, bekommen die rund 100 Klausurteilnehmer - Mitglieder der SPD-Bürgerschaftsfraktion, des Parteivorstands und des Senats - dieser Tage schwarz auf weiß.

In einem dreiseitigen Schreiben, das dem Abendblatt vorliegt, appellieren die Vorsitzenden des DGB, Uwe Grund, und des Beamtenbunds, Rudolf Klüver, an "alle Verantwortlichen in der SPD", die geplanten Einschnitte bei der Beamtenbesoldung zu stoppen. Zwar erkennen sie an, dass der SPD-Senat die Sparbeschlüsse der schwarz-grünen Vorgänger etwas abmildern will. Dennoch warnen Grund und Klüver davor, dass Hamburg im Ländervergleich bei der Beamtenbesoldung ins hintere Drittel zurückfallen würde. Das werfe die Stadt im Ringen um guten Nachwuchs zurück. Außerdem sei der Tarifabschluss, den der Senat für Hamburgs Beamte erst ab 2012 übernehmen will, schon ein Kompromiss gewesen.

Bislang plant der SPD-Senat nach Abendblatt-Informationen, allen Beamten pauschal 840 Euro Weihnachtsgeld zu zahlen - plus 300 Euro pro Kind. Vor einem weiteren Treffen von Gewerkschaften und Senat am Montag zeigten sich Grund und Klüver "vorsichtig optimistisch", dass das Angebot doch noch erhöht werden könnte. In Regierungskreisen wird das zumindest nicht ausgeschlossen.

Neues Ungemach droht bereits am Dienstag. Dann wollen Senioren im Rathaus 300 Briefe übergeben, in denen sie vor Kürzungen bei den Ein-Euro-Jobs warnen. Die hilfsbedürftigen älteren Menschen schildern in den persönlichen Schreiben an Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) teils rührend ihre Lage und bitten darum, Projekten zu ihrer Unterstützung nicht zu gefährden. "Eine andere Hilfe kann ich mir nicht leisten", schreibt ein Rentner. "Was kann ich tun, wenn diese Hilfe nicht mehr geleistet werden kann? Ich bin hilflos!"

Nach Angaben der Kooperation Arbeiten, Lernen und Ausbildung e.V. (KoALA) unterstützen Ein-Euro-Jobber Hilfsbedürftige - Alte, Kranke, Behinderte - bei der Haushaltsführung, kaufen für sie ein und begleiten sie zu Ärzten und Behörden. "Vor allem stellen ihre Besuche oft den einzigen Kontakt zur Außenwelt für die alten Menschen dar", heißt es. Auch die Ein-Euro-Jobber selbst haben an Scholz geschrieben und setzen sich für ihre Aufgaben ein. "Diese Arbeit erfüllt mich mit Spaß, Verantwortung und Freude", schreibt ein 56-Jähriger, der durch eine Krebserkrankung selbst gehandicapt ist.

Ob die Befürchtung der Freien Träger wie KoALA berechtigt ist, dass die Zahl der Ein-Euro-Jobs in Hamburg sinken wird, ist allerdings noch umstritten. Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) hatte zuletzt jede Kürzungsabsicht zurückgewiesen und angedeutet, möglicherweise sogar zusätzlich Stellen mit Langzeitarbeitslosen zu besetzen.