Das Volksbegehren gegen die Privatisierung öffentlicher Unternehmen hat begonnen. Gewerkschaften sammeln Unterschriften.

Hamburg. Es ist der falsche Ort und vielleicht auch die falsche Zeit. Klaus-Dieter Schwettscher sammelt auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz Unterschriften gegen die Privatisierung öffentlicher Unternehmen. Es ist Mittagszeit, und die Leute strömen an Schwettscher vorbei. "Nein danke", sagen sie, wenn der Ver.di-Mann ihnen seine Unterschriftenliste hinhält und die Hintergründe für das Volksbegehren "Keine Privatisierung gegen den Bürgerwillen" erläutern will.

Dann kommt Klaus Dabelstein. Der Rentner arbeitete früher als Meister bei Heingas, den inzwischen an die E.on verkauften, einst städtischen Energieversorger. "Wir haben doch mit den Privatisierungen Schiffbruch erlitten", ereifert sich Dabelstein. Der "Monopolist" E.on habe sich nicht nur Hamburg, sondern auch Mecklenburg-Vorpommern unter den Nagel gerissen. "Und die Gaspreise sind gestiegen, von wegen Wettbewerb", sagt Dabelstein.

Als es noch die städtischen Unternehmen Heingas oder HEW gab, habe die Bürgerschaft über jede Preiserhöhung abstimmen müssen. "Ich unterschreibe das Volksbegehren, weil ich die Befürchtung habe, dass jetzt auch noch die Wasserwerke privatisiert werden sollen", sagt Dabelstein. Für ihn sei Wasser ein Grundnahrungsmittel.

Solche Leute wie Dabelstein braucht Schwettscher, Projektleiter bei Ver.di, für das Volksbegehren. Drei Wochen haben die Initiatoren jetzt Zeit, um rund 62.000 Unterstützerunterschriften zu sammeln. "Hier in der City sind viele Auswärtige, das bringt nicht viel", sagt Schwettscher. Auf Wochenmärkten etwa sei die Chance viel größer, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. "Meist genügen ein paar Sätze, und sofort gibt es Zustimmung bei den Leuten", sagt Schwettscher.

Den Gewerkschaften, die die Kampagne tragen, geht es nicht um ein generelles Privatisierungsverbot für Saga, Hochbahn, HHLA, UKE, Stadtreinigung und die Staatstheater. "Wir wollen ein in der Verfassung verankertes Vetorecht für das Volk", sagt Ver.di-Chef Wolfgang Rose. Falls ein Senat auf den Gedanken komme, ein für die Infrastruktur wichtiges städtisches Unternehmen zu privatisieren, müsse vorher das Volk gefragt werden. "Solche Jahrhundertentscheidungen, die zudem meist nicht mehr rückholbar sind, müssen allen Bürgern zur Abstimmung vorgelegt werden", sagt Rose.

"Weil der Druck auf die öffentlichen Haushalte immens ist, ist auch die Versuchung der Regierungen groß, weiter Vermögen zu veräußern. Das gilt für alle Seiten", sagt DGB-Chef Uwe Grund. Also auch für den aktuellen SPD-Senat. Uwe Grund war bis vor Kurzem SPD-Abgeordneter, Rose ist es.

Wenn das Volksbegehren erfolgreich ist, kann der Senat das Vorhaben übernehmen und die Bürgerschaft mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit die Verfassungsänderung beschließen. "Falls nicht, gibt es einen Volksentscheid parallel zur nächsten Bundestagswahl", sagt Grund.