Der Nachbarschatz Eimsbüttel muss ausziehen. Der Mietvertrag läuft nur noch bis Ende August. Die Hoffnung ruht nun auf der Polizei.

Hamburg. Im Vorderhaus lärmen täglich die Bauarbeiter. Mit der Idylle im Hinterhaus ist es dadurch schon seit Längerem vorbei. Aber auch abgesehen davon herrscht große Unruhe im Mehrgenerationenhaus Nachbarschatz e.V. in Eimsbüttel. "Der Mietvertrag läuft Ende August aus", sagt die Leiterin Dagmar Engels. Der Vermieter, dem beide Gebäude gehören, hat ihr und ihren Mitarbeitern eine Gnadenfrist bis März 2011 gesetzt. "Die Zeit, neue Räumlichkeiten zu finden, ist sehr knapp", sagt Engels.

Für den Stadtteil ist das offene Haus eine immens wichtige Einrichtung geworden. 2007 entstand aus dem ehemaligen Mütterzentrum das Mehrgenerationenhaus, eines von insgesamt fünf Hamburger Häusern, die in das Aktionsprogramm der Bundesregierung aufgenommen wurden. "Seither spielen wir mit dem Gedanken an größere Räume", sagt Engels, doch in der ganzen Zeit habe sich kein Vermieter gefunden. Eine große Hoffnung hatte sich schon vor geraumer Zeit zerschlagen: Die Pläne, in die entwidmete St.-Stephanus-Kirche zu ziehen, mussten Dagmar Engels und ihre Mitstreiter aufgeben, weil das ehemalige Gotteshaus stattdessen an einen Privatinvestor verkauft wurde. Drastisch sei, dass man immer noch keine Alternative gefunden habe.

"Wir brauchen etwa 1000 Quadratmeter", sagt Engels, selbst Mutter von drei erwachsenen Kindern, die das frühere Mütterzentrum gemeinsam mit Susanne Meyer aufgebaut hat. Nun leiten die beiden zusammen das Mehrgenerationenhaus, das sich zu 95 Prozent aus öffentlichen Mitteln und zu fünf Prozent aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen finanziert.

Ins Café an der Müggenkampstraße 30a kommen viele Mütter und Väter aus dem Stadtteil zum Frühstücken, viele bringen ihre Kinder hierher in die Kita, die ebenso wie eine Krippe und ein pädagogischer Mittagstisch für Schulkinder im Nachbarschatz untergebracht sind. "Ich frühstücke jeden Morgen hier, wenn ich meinen Sohn in die Kita bringe", sagt die 36-jährige Tanja. Die junge Frau aus Lokstedt nutzt nicht nur Kita und Café, sondern hat auch schon Kurse besucht. "Ich habe hier Gebärdensprache gelernt, weil der beste Freund meines Sohnes taubstumm ist."

Während noch ein paar andere Frauen frühstücken, wird in der Küche des Mehrgenerationenhauses bereits das Gemüse für das Mittagessen geschnippelt. An diesem Tag soll es Spitzkohlauflauf nach einem Rezept von Tim Mälzer geben. Auch mittags füllt sich das Café, wenn hier der Mittagstisch für 3,50 Euro angeboten wird. Rund 80 Gäste nutzen das Angebot jeden Tag. Das Publikum ist bunt gemischt, neben den Müttern und Vätern kommen auch Migranten und ältere Eimsbüttler, die Anschluss im Stadtteil suchen. "Zunehmend kommt auch die Generation im Alter zwischen 60 und 70 Jahren zu uns, als Gäste, aber auch als ehrenamtliche Helfer", erzählt Engels. Wer seine Wäsche waschen lassen will - überlastete Mütter oder Rentner -, kann bei Renate Ludewig vorbeischauen. "Ich habe 29 feste Kunden", sagt die 67 Jahre alte Rentnerin, die hier ehrenamtlich tätig ist und wäscht, bügelt und auch lose Knöpfe annäht.

Weil das Mehrgenerationenhaus in der Gegend so gut integriert ist, möchte Dagmar Engels gern in der Nähe neue Räume finden. Seit Längerem hat sie ein Auge auf ein Haus an der Grundstraße in Eimsbüttel geworfen. "Da war viele Jahre eine Polizeiwache drin, die inzwischen mit einer anderen Wache zusammengelegt wurde", sagt sie. Zwar seien jetzt nur noch die Bürgernahen Beamten in der Wache untergebracht, "aber der Mietvertrag läuft noch bis 2015". Trotzdem hat sie die leise Hoffnung, dass die Innenbehörde ein Einsehen hat und das Haus des ehemaligen Kommissariats 22 freigibt. "Die Behörden haben uns bisher sehr unterstützt", sagt sie und will die Hoffnung nicht aufgeben, dass das Gebäude das neue Nachbarschatz-Zuhause sein könnte. "Es wäre einfach ideal."

Mehrgenerationenhaus Nachbarschatz e.V., Geöffnet: 9-18 Uhr (montags bis freitags), Müggenkampstaße 30a, 20257 Hamburg, Tel.: 040/401 70 607, www.nachbarschatz.de