Talkrunde vor den Olympischen Spielen mit prominenten Gästen. Doppel-Champion Hinrich Romeike zieht Erfolgspferd Marius aus Turniersport zurück.

Luhmühlen. Was die Stellung Luhmühlens im internationalen Vielseitigkeitssport betrifft, da ist ganz neues Selbstbewusstsein zu spüren. Mit dem für fast 15 Millionen Euro erneuerten und herausgeputzten Luhmühlen und der begeisternden Europameisterschaft 2011 im Rücken konnte Julia Otto, die Chefin der Turniergesellschaft, ins Mikrophon sprechen. "Wir wollen hier und heute von den beiden großen L im Vielseitigkeitssport des Jahres 2012 reden, von Luhmühlen und London." Das war sicher ein bisschen kess. Denn auf dem Weg zu den Olympischen Spielen machen die deutschen Buschreiter noch Zwischenstation beim CHIO in Aachen. Aber die lockere Ankündigung durfte Julia Otto wagen. Man war schließlich unter Freunde in dem vollbesetzten Raum des neuen Multifunktionsgebäudes auf dem Turniergelände, das sie Callunaris nennen. "Sind wir bereit für London?" Um darauf Antworten zu finden, hatte die Turniergesellschaft zu einer Talkrunde eingeladen.

Zunächst einmal korrigierte Claus-Günter Budelmann, Honorarkonsul für Großbritannien in Hamburg, ein Mann mit einer Leidenschaft für Hockey und einer maßlosen Angst vor Pferden, die Stimmungslage in London. "Noch ist von Olympia wenig zu spüren. Das Kronjubiläum der Königin ist das wichtigste Thema in England."

Es war das ehemalige Mitglied des Königshauses, Captain Mark Phillips, der mit seiner Vorausschau direkt in den Park in London galoppierte, in dem die deutsche Nationalmannschaft ihre beiden Goldmedaillen von Hongkong verteidigen muss. Mark Phillips, der als Trainer das US-Team auf die Wettbewerbe in London vorbereitet, war aus den USA extra nach Luhmühlen gekommen: "Das Gelände in dem Park ist sehr hügelig", erläuterte der internationale Fachmann, der als Gestalter des Geländerittes in Luhmühlen viel für den internationalen Aufstieg des Heidedorfes geleistet hat. "Die Hindernisse müssen häufig sehr eng geritten werden. Die Pferde müssen schnell sein und benötigen eine starke Kondition."

Im vergangenen Jahr hatte es eine Testveranstaltung in London gegeben. Die deutschen Buschreiter haben ihre Trainingspläne und Aufbaukonzepte danach ausgerichtet. In Bonn gibt es ein Vielseitigkeitsgelände, das dem bei Olympia am nächsten kommt und in dem Hindernisse aufgebaut sind, die in London erwartet werden.

"Das erstaunlichste ist", so erzählte Dr. Dennis Peiler, der Chef de Mission für alle deutschen Olympiareiter, "dass das Stadion für die Vielseitigkeitsreiter auf Stelzen steht, ebenso alle anderen Gebäude. Das haben die Organisatoren gemacht, damit sie nach den Spielen den Park wieder so übergeben können, wie er vorher war."

Die fünf Vielseitigkeitsreiter, die in London die deutsche Vormachtstellung (bei der EM in Luhmühlen gewann Deutschland alle vier möglichen Medaillen) verteidigen wollen, die fünf Spring- und vier Dressurreiter werden von etwa 70 Helfern und Mitarbeitern betreut, gepflegt und geführt.

"Das allerwichtigste bei Olympischen Spielern für uns Reiter", so scherzte Doppel-Olympiasieger Hinrich Romeike, "dass wir die Nerven unserer Pferde und die der Funktionäre beruhigen müssen. Wobei die Aufgabe mit den Pferden die leichtere ist. Das Besondere für uns Reiter ist, dass du nur ein Pferd zur Verfügung hast. Es gibt nur eine Chance, du musst alles auf das eine Pferd setzen. Bei diesem ungeheuren Druck darf nicht vergessen werden, dass man den Erfolg im Zusammenspiel mit einem Pferd nicht erzwingen kann. Man kann ihn nur locken. Und locken kommt von locker. Deshalb gewinnt in London nicht der beste Reiter, sondern wer diese Balance zwischen höchster Konzentration und Lockerheit am besten meistert." Hinrih Romeike kündigte zugleich an, dass er seinen inzwischen 18 Jahre alten Schimmelwallach Marius aus dem Turniersport zurückziehen wird.

Auf dem Weg nach London gibt es für die deutschen Buschreiter die vorentscheidende Zwischenstation vom 14. bis 17 Juni mit der Vier-Sterne-Prüfung und der deutschen Meisterschaft in Luhmühlen. "In Luhmühlen werden wir uns mit unseren Bundestrainern Hans Melzer und Chris Bartle zusammen setzen", sagte Holger Heigel, der Ausschussvorsitzende für die Vielseitigkeitsreiter im DOKR, "und wird die zehn Reiter benennen, deren Name auf der so genannten Long Liste verbleiben. Die endgültige Entscheidung, wer für Deutschland in London reiten wird, treffen wir nach dem Turnier in Aachen im Juli."