Michael Jung ist mit Pferden aufgewachsen. Die Erfolgskurve zeigt unentwegt nach oben

Luhmühlen. Eigentlich war es eine naheliegende Frage, die Michael Jung bei seiner Ankunft in Luhmühlen gestellt wurde. Ob er sich, so kurz vor den Olympischen Spielen, nicht überfordere, wenn er gleich mit drei Pferden an den Start geht? Michael Jung zögerte, überlegte und antwortete dann mit einem schelmischen Lächeln. "Aber wieso denn? Es gibt doch nichts Schöneres, als im Sattel zu sitzen und mit seinen Pferden zu arbeiten", sagt er.

Nun mögen bei vielen, die es im Reitsport speziell zu Weltruhm gebracht haben, die Antworten ähnlich ausfallen. "Aber Michael", sagt Vater Joachim Jung, selbst vierfacher Landesmeister in der Vielseitigkeit, "der war schon als Junge nicht aus dem Stall und aus dem Sattel zu kriegen. Vor der Schule ist er oft schon geritten und wenn es längst dunkel war, mussten wir ihn aus dem Stall holen." Die Familie betreibt in Horb einen Reitstall. Der kleine Junge ist schon mit zwölf Jahren auf Turnieren bei mittelschweren M-Prüfungen erfolgreich gewesen - im Springen und in der Dressur.

Es war Andreas Dibowski, Teamkollege und Konkurrent, der vor Jahren schon feststellte: "Michael ist einfach ein genialer Reiter." Das zeigt sich nicht nur in der Vielseitigkeit. Auch in der Dressur und im Springparcours gewinnt er in den schwersten Prüfungen. In der Vielseitigkeit hat er, seit er mit seinem Paradepferd Sam 2010 in Kentucky Weltmeister wurde, nicht mehr verloren. In Luhmühlen wurde der Mann, der am 31. Juli 30 Jahre alt wird, im Vorjahr Europameister im Einzel und mit der Mannschaft.

Bei der Vier-Sterne-Prüfung saß er noch lange im Publikumsbereich auf einer Bank, schäkerte mit der Freundin und schaute der Konkurrenz auf der großen Leinwand zu. Dann stand er auf, machte sich fertig und eroberte mit Leopin die Führung. "Michael hat ein so unglaubliches Selbstvertrauen", sagt Bundestrainer Hans Melzer, "der lässt sich von den Konkurrenten nie beeindrucken, konzentriert sich auf sich selbst."