Harburg. Shuttle-Betreiber VHH meldet neuen Nutzerrekord: 50.000 Fahrgäste. Nächster Schritt: Autos, die von künstlicher Intelligenz gelenkt werden.

Dass der App-gesteuerte Sammelbeförderungsdienst – oder moderner: On-Demand-Shuttle-Service – „HVV Hop“ ein Erfolgsmodell mit stetig wachsender Beliebtheit ist, hatte die Verkehrsbehörde bereits vor wenigen Tagen den Harburger CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Birgit Stöver und André Trepoll mitgeteilt (das Abendblatt berichtete). Jetzt vermeldet der Betreiber des Dienstes den nächsten Rekord: Zu den 29.000 Nutzern seit Jahresbeginn, die Mitte Juni auf die Anfrage der Abgeordneten ermittelt wurden, sind allein in den vergangenen sechs Wochen 21.000 hinzugekommen.

Steile Steigerung möglicherweise auch wegen ZOB-Umleitung

„Die neuesten Zahlen ergeben 50.000 Fahrgäste auf 40.000 Touren“, sagt Lennart Meyer, Pressesprecher der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH). „Damit sind wir sehr zufrieden. Die VHH baut den Service vor Ort weiter aus, unter anderem wurde die Flotte von 14 auf 28 Fahrzeuge erweitert, Ladeinfrastruktur installiert und eine Verkaufsstelle für Hop-Guthabenkarten in Betrieb genommen.“

Die steile Steigerung der letzten Wochen könnte auch mit den Baumaßnahmen an ZOB und „Doppelknoten“-Kreuzung zusammenhängen. Viele Busse fahren den Bahnhof derzeit nicht an. Ersatzhaltestellen werden erst noch gebaut. Hop ist da eine schnelle Alternative.

Derzeitiges Angebot erreicht zwischen 120.000 und 130.000 Menschen

Laut VHH-Pressemitteilung deckt das Hop-Angebot ein Gebiet mit einer Einwohnerzahl von 130.000 Menschen ab – die Region Harburg des gleichnamigen Bezirks. Die Statistikämter zählen hier allerdings gut 10.000 Menschen weniger. Weitere 57.000 Menschen wohnen in der Region Süderelbe und werden vom Hop-Angebot derzeit nicht bedient. André Trepoll bemängelt das und fordert auch die Anbindung der westlichen Anhangregion an das urbane Angebot.

Ob die Region Süderelbe mit den Stadtteilen Cranz, Francop, Hausbruch, Moorburg, Neuenfelde und Neugraben-Fischbek vom Hop-Angebot ausgeschlossen bleibt, kann Meyer nicht beantworten: „Auftraggeber ist die Freie und Hansestadt Hamburg.“

Nicht einmal Taxen bedienen Süderelbe durchgängig

Glaubt man internen Quellen, soll eine Erweiterung nach Süderelbe einmal angedacht, aber dann auch wieder verworfen worden sein. Mögliche Gründe: Die bevölkerungsreichsten Wohnquartiere der Region liegen entweder S-Bahn-nah oder verfügen über gute Busverbindungen.

Ein Angebot, das potenziellen Fahrgästen auf der „letzten Meile“ zwischen regulärer HVV-Haltestelle und Haustür die Entscheidung für den HVV leichter macht, hätte hier wahrscheinlich zu wenig Interessenten und die, die verblieben, hätten sehr lange Wege. Diese zu bedienen, ohne das gute Angebot für die Region Harburg unverhältnismäßig auszudünnen, wäre nur mit noch mehr Fahrern und Fahrzeugen möglich. Bemerkenswert auch: Nicht einmal Taxiunternehmen halten es für lohnend, das Gebiet abends zu bedienen.

Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Verkehr und Digitales,steigt im Hamburger Rathaus-Innenhof aus einem Hop-Shuttle. Sein Ministerium unterstützt das Projekt
Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Verkehr und Digitales,steigt im Hamburger Rathaus-Innenhof aus einem Hop-Shuttle. Sein Ministerium unterstützt das Projekt "AHOI" © dpa | Christian Charisius

Automaten-Autos sollen für den Hamburg-Takt trainieren

Außerdem ist das Hop-Angebot auch in Harburg – noch – nicht für ewig gedacht, sondern ein Modellversuch, mit dem Erkenntnisse über den Betrieb solcher On-Demand-Dienste gesammelt werden. Ende 2025 soll der Versuch ausgewertet werden. Es ist allerdings gut möglich, dass der Zeitraum verlängert wird, denn hier kommt „Ahoi“ ins Spiel, autonome Autos, die die menschengefahrenen Hop-Shuttles ergänzen sollen.

Ahoi steht für steht für „Automatisierung des Hamburger On-Demand-Angebots mit Integration in den ÖPNV“. Auf lange Sicht soll auch die Region Süderelbe davon profitieren. „Das Ziel ist es, bis 2030 mit mit bis zu 10.000 autonomen Fahrzeugen das gesamte Stadtgebiet so abzudecken, dass der Hamburg-Takt möglich wird“, sagt Dennis Heinert, Pressesprecher der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende.

Hamburgweiter Bedarf ist nur mit autonomen Fahrzeugen zu decken

Der Hamburg-Takt soll ermöglichen, dass jeder Bürger, auch in Cranz, Kirchwerder oder Duvenstedt, innerhalb von fünf Minuten ein HVV-Angebot erreicht, dass ihn innerhalb von weiteren fünf Minuten mitnimmt. Auch Hop schafft das noch nicht immer. „Zu bewältigen ist das nur mit autonom fahrenden Angeboten“, sagt Heinert. „Die benötigte Anzahl an Fahrern ist in absehbarer Zeit schlichtweg nicht verfügbar.“

Die 41 Fahrer der 28-hop-Autos in Harburg werden deshalb demnächst 20 unsichtbare „Kollegen“ bekommen, deren ganzes „Gehirn“ aus einer Ansammlung von Schaltkreisen besteht. Zunächst sollen die Automatik-Wagen ohne Fahrgäste virtuelle Touraufträge abfahren, später sollen sie in den Beförderungsbetrieb integriert werden. Auch dieser Versuch ist bis Ende 2025 terminiert.

Feldversuch könnte verlängert werden

Bislang fährt allerdings kein einziges autonomes Hop-Shuttle auf virtueller Praktikumstour. Und wann das erste kommt, können weder Heinert noch Meyer derzeit sagen. Technische Entwicklungen, juristische Fragen, und letztlich auch die Lieferketten sind die Unwägbarkeitsfaktoren. Gut möglich also, dass sich das Experiment „Ahoi“ etwas nach hinten schiebt und sich Hop damit gezwungenermaßen ebenfalls verlängert.

Bei allem Hightech mit autonomen Autos; einer Routenplanung, die auf künstlicher Intelligenz basiert und spontanen Tour-Änderungen, falls sich noch ein Fahrgast entlang der Strecke hinzubucht sowie einer App, die dem Kunden jederzeit anzeigt, wann sein Wagen kommt und ob sich die Zeit noch einmal ändert, möchte die Abgeordnete Birgit Stöver, dass auch an Nicht-Technik-Affine, vor allem Senioren, gedacht wird. Zur Not soll man ein Hop auch noch mit einem Wählscheiben-Telefon ordern können.

Neu: Die Hop-Guthabenkarte aus dem HVV-Servicestore

Mit dem Gedanken ist Stöver nicht allein. Auch im Hop-Versuchsgebiet Ahrensburg/Ammersbek dachte man ihn und richtete einen Telefondienst ein. Der hatte aber sehr wenig zu tun: Höchstens ein Prozent der Fahrten wurde telefonisch bestellt, in den ersten Monaten sogar nur eine einzige. Bei den 8.000 im Monat Mai in Harburg getätigten Fahrten hätte das 80 Anrufbestellungen bedeutet – 2,7 pro Tag – für die man Telefonisten in Früh-, Spät- und Nachtschicht hätte vorhalten müssen.

In einem Punkt ist Hop Technik-Skeptikern bereits entgegen gekommen. Wer weder Online-Banking noch Tele-Bezahldiensten traut, kann sich im DB-Service-Store im Bahnhof Harburg Rathaus (Eingang Lüneburger Straße) eine Hop-Guthabenkarte kaufen. Bestellt werden muss aber immer noch per App.