Maschen/Wulfsen. Irgendwie hatten sie das anders in Erinnerung. Nicht so lauwarm, lasch, enttäuschend. Korn war das Getränk, das sie durch ihre Jugend begleitet hatte, genauer: Cola-Korn und Fanta-Korn. „Seit dem Abend wissen wir, warum wir das damals nur gemischt getrunken haben“, sagt Pascal Dürmeyer. „Gängiger Korn ruft einfach einen Coladrang hervor.“ Mit seinem Kumpel aus Jugendzeiten, Christopher Brandt, beschloss er noch an diesem Abend, einen eigenen Korn zu schaffen. Einen, der ihren heutigen Anspruch an Geschmack und Qualität erfüllt.
„Wir haben drauf angestoßen und am nächsten Tag angefangen.“ So erzählen die beiden Mittdreißiger in ihrem Lager in Maschen, wie vor knapp einem Jahr ihre Schnaps-Idee entstand, deren Erfolg sie selbst überrascht habe. Die Story klingt gut, in Marketing haben die Gründer dennoch kaum investiert. Nicht einmal ihren Freunden erzählten sie in der Entwicklungsphase von dem Projekt.
Ihr Korn wird aus Bio-Weizen hergestellt
Die ersten Monate verbrachten sie damit, durch die Gegend zu fahren und viele Gespräche zu führen. Ihr Ziel: Eine Destille zu finden, die einen Korn nach ihren Vorstellungen herstellen würde. Und die waren sehr konkret, ein Feindestillat aus Bio-Weizen sollte es sein. „Nur so konnten wir die übliche Kaltfiltration vermeiden, um die natürlichen Aromen und die natürliche Süße zu erhalten“, erklärt Dürmeyer.
Fündig wurden sie schließlich in der Nähe von Dortmund. Der 96-prozentige Rohalkohol von dort wird in einer Hamburger Anlage, die sie mit nutzen können, auf Trinkstärke gebracht und abgefüllt. Das Ergebnis ist ein „milder Klarer“ mit 35 Volumenprozent Alkohol.
An die 20 Proben brauchte es, um dahin zu kommen. „Wir haben viel probiert“, sagt Christopher Brandt. Markttests gab es nicht, es sollte schließlich ihnen schmecken. „Als er richtig gut war, haben wir einfach 1000 Flaschen produziert. Im schlimmsten Fall hätten wir damit einen Kornvorrat für den Rest unseres Lebens gehabt.“ Zwei Jahre gaben sie sich, um die erste Auflage zu verkaufen – am Ende gingen alle Flaschen innerhalb von zwei Monaten weg.
Die ersten Test-Trinker waren ihre Freunde
Dass ihre Kreation gut ankommen würde, zeigte sich schon beim ersten Testtrinken. Die beiden hatten ihre „Herrenrunde“, eine Gruppe alter Freunde, zum Tasting bei einem von ihnen nach Wulfsen eingeladen. Deren Meinung war den Gründern wichtig. Denn ihr Korn soll für die Menschen im Landkreis Harburg gemacht sein. „Wir kommen von hier und wollen hier bleiben“, sagt Pascal Dürmeyer, der mit seiner Familie in Rosengarten lebt. Christopher Brandt wohnt zurzeit noch in Hamburg, will aber mit seiner Lebenspartnerin in Wulfsen ein Haus bauen.
Die Verbundenheit zur Region sollte sich auch im Namen ihres Produkts spiegeln. So kamen sie auf das Wappen des Landkreises, das einen Löwen und Herzen zeigt. Kitschig sollte es aber auch nicht werden, so entstand nach einiger Verfremdung „Leonhardt“.
Die Herrenrunde befand den Korn ihrer Freunde als äußerst gut. „Die waren Feuer und Flamme“, sagt Dürmeyer. Dass seine Freunde zunächst gar nicht glauben konnten, was ihnen dort eingeschenkt worden war, kann er gut verstehen. „Unser Korn erzeugt eben kein Korngesicht. Von dem kann man auch eine Flasche wegtrinken, ohne am nächsten Tag Kopfschmerzen zu haben.“
Einer ist Experte für Produktion, der andere für Kommunikation
Von Vorteil war für die Gründer, dass sie unterschiedliche Fähigkeiten und berufliche Erfahrungen in ihr Unternehmen einbringen konnten. Christopher Brandt kennt sich als angestellter Verfahrenstechniker mit den chemischen Produktionsprozessen aus. „Christopher weiß, wie man Wasser und Alkohol in die beste Verbindung bringt“, sagt sein Co-Gründer. Als Inhaber einer Werbeagentur, die auf Film spezialisiert ist, ist seine Stärke die wirkungsvolle Darstellung der Marke – auch wenn beide betonen, dass sie mit der Qualität ihres Korns überzeugen wollen. Deshalb hätten sie in der Entwicklungsphase auch die vielen Angebote von Destillen abgelehnt, einen bestehenden Schnaps abzufüllen, der dann nur ihr Label erhalten hätte.
„Wir sind superstolz darauf, was wir geschaffen haben. Ein eigenes Produkt, das zu hundert Prozent das ist, was wir haben wollten“, sagt Dürmeyer. Ein edles Etikett sollten die Flaschen dennoch haben. Auch dafür holten die Freunde viele Entwürfe ein – und verwarfen sie alle wieder. Überzeugen konnte sie erst der Löwe, den eine Künstlerin von Hand gezeichnet hatte. Auf der Rückseite ist der Umriss des Landkreises abgebildet, die Flaschen einer Auflage werden durchnummeriert. Dafür greifen die Gründer selbst zum Stift.
Die Gründer investierten 25.000 Euro in „Leonhardt Korn“
Mittlerweile gibt es „Leonhardt Korn“ online und lokal zu kaufen. Die beiden haben eine GmbH gegründet und 25.000 Euro investiert. „Es lief einfach zu gut, um das nur als Hobby laufen zu lassen“, sagt Dürmeyer. Zu schnell wollen sie aber nicht wachsen, finanzielle Unterstützung durch einen Investor kommt für sie nicht infrage. „Wir sind eher hemdsärmelig unterwegs und finden das gut so“, sagt Dürmeyer. Ihre Ware bringen sie selbst zu den Händlern, pflegen ihre Kontakte und arbeiten Probleme ab, wenn sie auftreten. Schritt für Schritt heißt ihre Strategie.
Zunächst soll die Produktion sichergestellt werden – auf die zweite Runde Korn mussten die Händler noch einen Monat warten. Erst dann waren weitere 2020 Flaschen, passend zum Jahr, abgefüllt. Mittelfristig wollen die beiden eine eigene Abfüllanlage errichten und zum Arbeitgeber im Landkreis werden, doch dafür müssen sie mehrere Zehntausend Euro investieren.
Für die Zukunft sehen die Gründer viel Potenzial für ihre Produkte. „Korn ist das Wasser des Nordens, die meistverkaufte Spirituose“, sagt Dürmeyer. Auch wenn das Image noch aufpoliert werden müsse – die nächste, hochwertige Generation Korn habe das Zeug dazu, der neue Trend-Alkohol zu werden.
Verkauf in Supermärkten und im Online-Shop
Im 15. Jahrhundert wurde vermutlich der erste Korn in Deutschland hergestellt. 1789 wurde im thüringischen Nordhausen, bis heute eine Hochburg der industriellen Kornbrennerei, das erste Reinheitsgebot erlassen. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich das Ruhrgebiet zu einem Zentrum dieser Industrie.
Das Reinheitsgebot sieht vor, dass Korn nur aus den Getreidesorten Roggen, Weizen, Gerste, Hafer oder Buchweizen hergestellt werden darf. Der Korn muss einen Alkoholgehalt von mindestens 32 Volumenprozent haben, ab 37,5 Prozent wird er als Kornbrand bezeichnet. Zusatzstoffe sind nicht erlaubt. Die „Leonhardt“-Variante mit Apfel wird daher nicht als Korn, sondern als Spirituose verkauft. Die Herstellung muss in Deutschland, Österreich oder im deutschsprachigen Teil Belgiens erfolgen.
Der Korn für den Landkreis Harburg ist in mehreren Supermärkten und Geschäften erhältlich, unter anderem bei Edeka Meyer in Garstedt, Hittfeld und Nenndorf, Edeka Düver in Salzhausen, Klein’s Weindepot in Winsen, Baastrup in Buchholz sowie beim Handorfer Hof und Gut Clarenhof in Frechen. Zum selben Preis – 24,90 Euro – werden die 500-ml-Flaschen und Zubehör im Online-Shop verkauft: www.leonhardt-korn.de.
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