Wenn Detlev Reich aus Maschen mit seinem Goggomobil in die Stadt kommt, zieht der Kleinwagen aus der Nachkriegszeit alle Blicke auf sich

Harburg/Maschen. Egal, was heutzutage so an Autos über die Straßen rollt. Echte Hingucker sind unter den glattgebügelten Formen selten zu finden. Aber wenn Detlev Reich aus Maschen mit seinem blitzblanken Goggomobil, Baujahr 1968, rot mit weißem Dach, wie kürzlich beim Harburger Rathaus um die Ecke kommt, dann ist das etwas ganz anderes. „So einen kenne ich noch von früher“, sagen viele Menschen, die am Straßenrand stehen bleiben und das Kleinstauto aus Deutschlands Wirtschaftswunderjahren der Nachkriegszeit mit Blicken umrunden. Und wenn der 59 Jahre alte und 1,86 Meter große Fahrer am Straßenrand anhält und aus dem Straßenfloh aussteigt, gibt es meist ausgiebige Unterhaltung mit interessierten Passanten, die zwangsläufig anhalten, um das Goggomobil aus der Nähe noch einmal genau unter die Lupe nehmen zu können. An der Unterhaltung hat auch Detlev Reich seine Freude. „Was gibt es Schöneres“, sagt er, „dieses kleine Auto sorgt bei den Menschen einfach für gute Laune.“

Dabei erinnert er sich auch an seine eigene Kindheit und an ein Ehepaar aus der Nachbarschaft, das wegen seiner Körperfülle nur mit Ach und Krach ins eigene Goggomobil passte und der schwache Motor richtig Mühe hatte, beide die kleine Steigung vor dem Haus hinauf zu bekommen. Dabei kam mächtig viel Öl-Qualm des Zweitakters aus dem Auspuff. Auch an den Überschlag eines Goggomobils auf einer schnee- und eisglatten Straße, bei dem das Auto auf dem Dach liegen blieb, kann er sich noch gut erinnern.

Aber die Geschichte mit dem fülligen Ehepaar hatte ihn rückblickend doch am meisten beeindruckt. „Das Auto hat so hart arbeiten müssen. Das musste einfach gut sein, habe ich mir immer gedacht“, sagt er. Und als er 1992 von einem Freund erfuhr, dass dessen Nachbarin in Mover bei Winsen ein altes Goggomobil in der Garage stehen hatte und verkaufen wollte, da musste er nicht lange überlegen. „Das wollte ich haben, um es zu restaurieren und damit fahren zu können“, sagt er. Wie sich nach dem Transport des Goggos per Anhänger nach Maschen und ersten Arbeiten an Blech und Mechanik herausstellte, hatte der Rost schon reichlich gewütet. Da war nicht mehr viel zu machen. „Ich hatte deshalb in ganz Norddeutschland nach einem anderen Goggo gesucht. Das zweite Exemplar erwies sich allerdings als ebenso marode. Erst das dritte Auto bot genügend Substanz für die Restaurierung“, sagt Reich.

Seine Frau Marita zeigte Grenzen auf. Falls noch ein viertes Goggomobil auf das Grundstück vor die Garage kommen sollte, würde Tochter Daniela ein Pferd bekommen, hatte sie damals verkündet. Es gab kein viertes Goggomobil und somit auch kein Pferd für die Tochter. Aber aus drei Goggos wurde letztlich einer, der seit 1994 angemeldet ist und sich noch immer in perfektem Zustand befindet. „Einen Großteil habe ich an dem Auto selbst restaurieren können. Wenn es kompliziert wurde war ich mit dem Auto in der Werkstatt von meinem Freund Sigi in Stelle“, erklärt Reich.

Mit Technik kennt sich der Maschener gut aus. 38 Jahre lang arbeitet er bei der Telekom im Service. Inzwischen arbeitet er bei der Brückensanierungsfirma BIT am Großmoorbogen in Harburg. Im Winter fährt Reich mit einem Volvo V70 zu Arbeit, im Sommer mit einem Audi TT. Und wenn die Sonne scheint, und auch keine Regenschauer in Aussicht stehen, dann wird das Goggomobil aus der Garage geholt. „Der Motor springt immer sofort an“, freut sich Reich, „allerdings müsste die Zündung mal wieder etwas nachgestellt werden.“

Mit seiner Körperlänge von 1,86 Meter passt Reich gut hinters Lenkrad. Der Fußraum ist ausreichend groß. Kupplungs-, Brems- und Gaspedal stehen kurz vor der vorderen Stoßstange und den Scheinwerfern. Zwischen draußen und drinnen gibt es nur dünnes Blech. Die Frage nach Knautschzone, Sicherheitslenksäule, Zweikreis-Bremsanlage oder gar Airbag war vor 50 Jahren noch nicht gestellt. Dafür war ein solches Auto ab Werk auch schon für etwa 2000 Mark zu haben. Das Auto bietet Platz für zwei Erwachsene, zwei Kinder und Gepäck, versprach die Werbung damals.

Wenn Detlev Reich heute mit dem Goggo unterwegs ist, dann meidet er die Autobahnen – obwohl das Auto dafür zugelassen wäre. Aber mit 80 km/h Höchstgeschwindigkeit in der Ebene, säße ihm im nächsten Moment schon ein Lastwagen im Nacken. „Die Gefahr zu verunglücken wäre zu groß. Deshalb bleibe ich auf Stadt- und Landstraßen“, sagt er.

Beim nächsten Oldtimer-Treffen am Winsener Schloss, am Sonntag 16. August, ab 10 Uhr, wird Detlev Reich mit seinem Goggomobil mit Sicherheit wieder anzutreffen sein. Dort melden sich in der Regel auch Kaufinteressenten. 9000 Euro sind ihm bereits geboten worden. Aber das Geld interessiert ihn nicht. Das Auto ist viel schöner.