Auffangstation im Wildpark Lüneburger Heide hat Tier wieder aufgepäppelt. Der dritte Wildvogel, der in diesem Jahr in die Freiheit entlassen wurde

Hanstedt-Nindorf. Es ist nur ein kleiner Anschubser, aber mit großer Wirkung: Eine Rettung für den Uhu und ein Glücksmoment für die Falknerin Elke Siebert. Vor wenigen Tagen entließ sie einen europäischen Uhu in die Freiheit, der im November schwer verletzt in der Auffangstation im Wildpark Lüneburger Heide abgegeben wurde. „Jeder Vogel, der zum ersten Mal in Freiheit wieder seine Schwingen ausbreitet und aus eigener Kraft davonfliegt, macht mich glücklich“, sagt Elke Siebert. Zwei Monate lang hatten die Mitarbeiter der Auffangstation den schwer verletzten Uhu aufgepäppelt und ihn jetzt wieder im Auetal bei Hanstedt ausgewildert.

Eine derart schwere Verletzung, unter der der Uhu litt, hatten sie selbst in der Auffangstation lange nicht gesehen. Das Tier hatte sich in einem Stacheldrahtzaun verfangen. Polizeibeamte, die den Uhu fanden, mussten das Tier aus dem Stacheldraht schneiden. Das Stück Stacheldraht war noch um Kopf und beide Schwingen gewickelt, als der Uhu in die Auffangstation kam. Am rechten Flügel klaffte eine große offene Wunde. Muskeln und Sehnen waren freigelegt. Ausgerechnet am wichtigsten und zugleich fragilsten Körperteil des Vogels. Entstehen dauerhafte Schäden am Flügel, ist der Uhu nicht mehr in der Lage, sich dauerhaft zu ernähren. Alle waren sehr skeptisch, dass der Uhu jemals wieder ganz gesund werden würde.

Aber die behutsame Pflege half. Dabei kommt es darauf an, dass die Tiere so wenig Kontakt zu den Menschen haben wie möglich – im Gegensatz zu den Vögeln, die ständig im Wildpark leben und ihre spektakulären Flugkünste in der Greifvogel-Flugschau zeigen. Der Uhu wurde zunächst in einer vier Quadratmeter großen Krankenbox untergebracht, damit er sich erst einmal erholen konnte.

Die Box ist für Wildparkbesucher nicht einsehbar. Die Mitarbeiter suchten das neue Zuhause des Uhu nur dann auf, wenn sie die Wunde versorgten und das Tier fütterten. Nur so können sie sicher stellen, dass die Tiere am Ende wieder sehr schnell verwildern und hohe Überlebenschancen haben. „Jeder Anblick eines Menschen löst bei dem Vogel Stress und Fluchtinstinkt aus“, sagt Michael Kirchner, ebenso Falkner im Wildpark.

In der Krankenbox baut aber auch die Muskulatur des Vogels ab. Da müssen die Pfleger in der heißen Phase kurz vor dem Auswildern noch nachbessern. Dafür bekommt der Uhu ein neues Domizil, eine Voliere, in der er sich frei bewegen kann. Damit er seine Flügel auch oft genug schwingt, verteilen die Falkner das Futter in der Voliere.

Es ist das dritte Mal, dass die Falkner einen Wildvogel in diesem Jahr in die Freiheit entließen. Neben dem Uhu waren es ein Waldkauz und eine Schleiereule. Häufig treffen in der Auffangstation Vögel ein, die auf der Autobahn verunglückt sind. „Das ist immer sehr unschön“, sagt Kirchner. Insbesondere der Mäusebussard, häufigster Greifvogel in der Region, stürzt sich gerne auf Wildtierunfälle, auf den Aas, der auf der Fahrbahn liegen bleibt. „Wenn der Bussard die Wahl zwischen einem Kampf mit einer Ratte und einem toten Reh hat, ist klar, wofür er sich entscheidet“, sagt Kirchner.

Idealerweise werden die Tiere wieder dort frei gelassen, wo sie gefunden wurden. Denn hier hat der Vogel sein angestammtes Revier und findet sich schnell wieder zurecht. Wenn das nicht möglich ist, versuchen die Falkner, ein geeignetes Biotop für die Auswilderung ihrer Schützlinge zu finden. Im Fall des Uhus war das nicht sehr schwierig. Er hat ein großes Beutespektrum. Mäuse, Füchse und sogar Rehkitze können Uhus zur Strecke bringen.

Bevor Elke Siebert den Uhu in die Höhe steigen ließ, behandelte sie mit Michael Kirchner ein letztes Mal die Verletzung. Nach dem kleinen Schubs ins neue Leben, startete der Vogel gleich durch und suchte sich einen etwa 50 Meter entfernten Baum, um sich zu verstecken. Eine gute Idee, vor allem am Tag. „Denn sonst bekommt er von Rabenvögeln schnell den Popo voll“, so Kirchner.