Die Bürger des Landkreises bestimmten in diesem Jahr einen neuen Landrat und sechs Bürgermeister. Jetzt sitzen einige Neulinge in den Chefsesseln

Was für ein Jahr! Die Einwohner bestimmten sechs Bürgermeister und einen neuen Landrat. Karrieren endeten, Platzhirsche gewannen, Herausforderer überraschten. Bauprojekte und wesentliche Entscheidungen sowohl im Kreis als auch in den einzelnen Gemeinden und Städten trieben die Entwicklung im Landkreis Harburg voran. Jetzt, da in der Weihnachtszeit alle zur Ruhe kommen und das Jahr ausklingen lassen, ist Zeit für einen Rückblick auf das Geschehen in 2014. Außerdem liefern wir Ihnen an Silvester vorweg Schlagzeilen, die wir im nächsten Jahr gerne lesen würden.

Sie waren die alten Hasen in der Politik, die seit Jahrzehnten dabei waren. Ihre Namen stehen für zahlreiche wegweisende Bauten und Projekte, im Landkreis Harburg: Landrat Joachim Bordt, Rosengartens Bürgermeister Dietmar Stadie und Wilfried Geiger, Bürgermeister von Buchholz. Jetzt sind sie die Ex. Geiger trat nicht mehr an. Bordt und Stadie durften nicht mehr, weil sie die Altersgrenze erreicht hatten. Andere wollten weitermachen, die Wähler ließen sie aber nicht. Wer ging, wer blieb, wer kam und womit die Neulinge bislang überraschten, haben die Landkreis-Redakteure des Hamburger Abendblatts für Sie zusammengefasst.

Viele haben das Ergebnis der Landratswahl prophezeit. Aber der Abend des 25. Mai verlief doch anders als vorhergesehen. Immer kleiner wurde der Stimmenvorsprung des Favoriten Rainer Rempe (CDU) gegenüber seinem Herausforderer Thomas Grambow (SPD) und so stieg die Spannung bei der Abstimmung um den neuen Landrat. Doch am Ende reichte es nicht für Grambow. Mit einem Vorsprung von gut 4500 Stimmen ging der zu diesem Zeitpunkt amtierende Erste Kreisrat Rainer Rempe durchs Ziel und setzt seit Mitte September seine Karriere im Kreis fort. Bei einer Wahlbeteiligung von 50,4 Prozent hatten 103.768 der 205.697 Wahlberechtigten entschieden. Grambow gratulierte zuerst und dann gab es eines der seltenen Fotos der Familie Rempe mit Ehefrau Brigitte und den Kindern Kristin und Tim vor dem Kreishaus.

Der Verwaltungsprofi Rempe, 52, der im Oktober 1992 mit 30 Jahren in die Kreisverwaltung kam, hatte erst 2014 mit seinem Wahlkampf begonnen. Zu seiner Strategie gehörten dabei Termine auf den Bahnhöfen im Kreis, weil er den Verkehr als Schwerpunkt seiner Arbeit sieht und die Situation der Pendler im Kreis verbessern will. Der Erfolg gab ihm Recht, aber es half wohl auch die eher konservative Grundhaltung der Menschen im Kreis.

Grambow, 51, der nach der Wahl weiter als Controller für die Krankenversicherung Knappschaft Bochum arbeitet, ging mit seinem Programm schon Ende 2013 an die Öffentlichkeit. Für den Oberstleutnant der Reserve stand seine Kandidatur unter dem Thema „Bürger Landrat“. Ansprechbar, anfassbar, menschlich wollte er künftig arbeiten. Um sich bekannt zu machen, klingelte er bei den Bürgern, sprach sie an, absolvierte bis zur Wahl rund 4000 Hausbesuche.

Inzwischen kämpft Rempe um eine für den Kreis verträgliche Y-Trasse, über die der Containerverkehr zwischen Hannover, Bremerhaven und Hamburg über die Schiene abgewickelt werden soll. Der Jurist steht zudem vor der Herausforderung, Unterkünfte für wöchentlich 40 Flüchtlinge im Kreis bereitstellen zu können und dafür die Hilfe des Landes einzufordern. Grambow hat auch nach der Niederlage die Lust an der Politik nicht verloren. Er ist in Neu Wulmstorf stellvertretender Bürgermeister und SPD-Fraktionsvorsitzender und will mit der Kommunalwahl 2016 in den Kreistag einziehen.

Neben der Landratswahl waren für sieben Städte und Gemeinden die Bürgermeisterwahlen das einschneidende Ereignis. Nirgendwo sonst traten so viele Bewerber gegeneinander an wie in Buchholz. Fünf Kandidaten warben um die Gunst der Wähler: Ronald Bohn, Norbert Keese, Jan-Hendrik Röhse, Uwe Schulze und Joachim Zinnecker. Eine reelle Chance rechneten Wahlkenner aber vor allem für Röhse und Zinnecker aus. Am Ende mussten beide bei der Bürgermeisterwahl einen langen Atem beweisen. Das Votum der Wähler am 25. Mai lieferte kein eindeutiges Ergebnis. Es kam zur Stichwahl drei Wochen später. Nicht nur in Buchholz, auch in Tostedt und Lüneburg.

In Lüneburg wurde Ulrich Mädge (SPD) mit 71,4 Prozent der Stimmen erneut zum Oberbürgermeister der Stadt gewählt. Einen Überraschungscoup landete der Herausforderer Peter Dörsam (parteilos) in Tostedt: Mit 61,7 Prozent der Stimmen entschied er die Wahl für sich und stieß damit Dirk Bostelmann vom Chefsessel. So mancher mag schon geahnt haben, dass der neue Bürgermeister einen unkonventionellen Stil fährt und die Konfrontation nicht scheut. Kurz vor Jahresende lieferte Dörsam den Beweis: Er stimmte gegen den Haushalt für die nächsten zwei Jahre und so kam es in der letzten Ratssitzung im Jahr zu einem Eklat.

Aufsehen erregte auch der neue Verwaltungschef in Buchholz, Jan-Hendrik Röhse (CDU), der sich in der Stichwahl mit 61,3 Prozent gegen seinen Herausforderer Joachim Zinnecker durchsetzte. Der neue Bürgermeister war gerade vereidigt und schon empfahl er, die Steuern zu erhöhen. „Ich bitte Sie, die Kehrtwende mit mir zu gehen“, appellierte er an den Rat.

Mit Erfolg. Um das Haushaltsdefizit auszugleichen, zahlen Grundeigentümer und Gewerbetreibende ab 1. Januar mehr. Sowohl die Grund- als auch die Gewerbesteuer steigen auf 400 Punkte und liegen damit höher als in Winsen – die Stadt bittet die Einwohner ab nächstem Jahr auch stärker zur Kasse. Immerhin ist esmehr als 30 Jahre her, dass die Stadt Buchholz die Steuer für Gewerbetreibenden erhöht hatte. Die Entscheidung drückte der CDUBürgermeisters dann sogar gegen die Stimmen seiner eigenen Fraktion durch.

Überraschend gewann Dirk Seidler die Wahl in der Gemeinde Rosengarten. Obwohl er ortsfremd war, hatte sein Gegenkandidat Thies Ockelmann (die Grünen) keine Chance. Seidler holt 74,6 Prozent der Stimmen. Der neue Mann in Rosengarten hat große, kostenintensive Aufgaben zu stemmen. Das Rathaus in Nenndorf verpulvert zu viel Energie und ist in einem derart maroden Zustand, dass sich Verwaltung und Politik mit der Frage auseinander setzen müssen, ob sich noch eine Sanierung lohnt oder ein Abriss besser wäre.

Auch eine Lösung für das Sportgelände Dunkenkuhle drängt. Seit Jahren sehnen die Vereine die Sanierung des Rasenplatzes und der Tennisplätze herbei, damit endlich die Dellen und Wellen auf den Plätzen infolge der Entgasung der einstigen Mülldeponie verschwinden. Gutachter kamen zumindest zum Ergebnis, dass eine Sanierung möglich ist.

Ziemlich geräuschlos liefen die Wahlen in Neu Wulmstorf und Jesteburg ab. Die Platzhirsche waren nicht zu schlagen. Die Wähler bestätigten Jesteburgs Samtgemeindebürgermeister Hans-Heinrich Höper mit 74,5 Prozent. Wolf Rosenzweig, Verwaltungschef der Gemeinde Neu Wulmstorf, holte 65,2 Prozent der Stimmen. Sein Herausforderer der CDU, Matthias Weigmann, blieb chancenlos.

Von vornherein klar war der Wahlausgang in der Elbmarsch. Rolf Roth holte 88,2 Prozent der Stimmen. Er war der einzige Kandidat.