Bündnis Nordheide vertritt inzwischen 400 Mitglieder aus 15 Gemeinden. Sie wollen eigenes Gutachten für den Bedarf der Zukunft vorlegen

Winsen. Nach der Kritik des Landkreises Harburg und der Gemeinden an den Neuplanungen der Y-Trasse formiert sich jetzt der Widerstand von Bürgern. Im Landkreis Harburg hat sich das Bürgerbündnis Nordheide gegründet, das sich gegen alle Projekte für Neubaustrecken für den Abtransport von Containern aus den Häfen Hamburg und Bremerhaven wendet. „Wir vertreten inzwischen rund 400 Menschen aus 15 Ortschaften in den Kreisen Lüneburg und Harburg“, sagt Suzan Goldschmidt, die als Juristin die Geschäftsstelle des als gemeinnützig anerkannten Vereins führt. Der Verein rechnet mit einem anhaltenden Zulauf. „Durch unsere Informationsveranstaltungen steigt die Zahl unserer Mitglieder täglich an“, versichert Goldschmidt.

Grundsätzlich lehnt das Bürgerbündnis Schienen-Neubaustrecken für den Güter- und schnellen Personenverkehr im Norden ab. „Wir gehen davon aus, dass sich die Mengen durch intelligente Konzepte aufnehmen lassen“, sagt Friedrich Goldschmidt, der 2. Vorsitzende des Vereins. Ohnehin bezweifeln die Bürger die von der Bahn vorgelegten Prognosen für das künftige Verkehrsaufkommen.

„In jeden Fall setzen wir darauf, dass künftig die Züge in kürzeren Abständen aufs Gleis gehen können und zudem längere Züge eingesetzt werden. Beides würde die Kapazität der vorhandenen Schienen erhöhen“, so Goldschmidt. Sollte dennoch ein Ausbau notwendig sein, solle er entlang der bestehenden Trassen geplant werden. „Wir haben einen Konsens mit den Initiativen vor Ort, dass man dies bei einem höchstmöglichen Lärmschutz akzeptieren könnte“, sagt Goldschmidt.

So weit ist es aber noch nicht. Aktuell befürchten das Ehepaar Goldschmidt und der 1. Vorsitzende Eberhard Leopold, dass für die Trasse beginnend ab Ashausen eine zweigleisige Neubaustrecke bis Suderburg oder weiter westlich bis Unterlüß entstehen könnte. Zwar zeichnet sich bisher noch kein eindeutiges Votum für eine der sechs Alternativen zur bisher geplanten Y-Trasse ab. Doch nach einer von der Bahn vorgelegten Gegenüberstellung der Varianten wären bei diesen beiden Strecken abgesehen von der ursprünglichen Planungen die wenigsten Wohnungen betroffen. „Die Bahn wird diese Lösungen favorisieren“, glaubt Goldschmidt.

In diesem Fall aber erwartet das Bürgerbündnis erhebliche Eingriffe in die Landschaft. „Beide Ashausen-Strecken sollen für Mischverkehr mit Geschwindigkeiten von 250 km/h ausgelegt werden. Das lässt klar auf den Einsatz von ICE-Zügen schließen“, sagt Leopold.

Das würde aber nicht nur zu neuen Lärmbelastung an der Neubaustrecke im Kreis Harburg führen, sondern könnten Lüneburg auch vom ICE-Verkehr auf der alten Strecke abhängen. Diese Strecke könnten Güterzüge nutzen, die dann durch die aufstrebende Universitätsstadt fahren würden. Eine Lösung, die für das Bürgerbündnis nicht in Frage kommt. Die neuen Strecken würden aber in jedem Fall die Landschaft verändern, versichert Leopold.„Denn Höchstgeschwindigkeiten sind nur auf völlig ebenen Strecken möglich, so dass Dämme errichtet und Senken und Erhebungen angepasst werden müssen.“

Im Februar startet nun das Dialog-Verfahren zur Y-Trasse unter der Regie der Düsseldorfer Agentur vom Hoff. Land und Bahn lassen es sich 600.000 Euro kosten. Die 80 Teilnehmer, die sich künftig monatlich treffen, sollen dabei ein Jahr lang nach dem günstigsten Verlauf der Gleise suchen. „Für Bürgerinitiativen sind bisher zehn Plätze vorgesehen“, sagt Goldschmidt. Ob dies reichen wird und ob es bei dem hohen Interesse von Bürgermeistern aus dem Bereich südlich von Hamburg und Bremen bis nach Hannover bei den 80 Teilnehmern bleibt, ist offen. „Da wir einen großen Einzugsbereich repräsentieren, rechnen wir damit, einen Platz zu erhalten“, sagt Goldschmidt.

Klar ist aber: Neben dem Honorar für die Düsseldorfer sind derzeit keine Gelder für die Initiativen vorgesehen, um sich eine fachliche Beratung leisten zu können. „Dabei würden wir gern ein qualifiziertes Verkehrsgutachten für unseren Bereich vorlegen“, sagt Friedrich Goldschmidt. Im Bürgerbündnis rechnet man dafür mit Kosten im hohen fünfstelligen Bereich.

Erste Beschlüsse, sich für die kommenden Geschehnisse zu wappnen, gibt es nun aus Winsen sowie von der Samtgemeinde Salzhausen. Beide Kommunen haben 25.000 Euro beziehungsweise 10.000 Euro bereit gestellt, um sich über die Folgen der Planungen für die Y-Trasse juristisch beraten lassen zu können. In Winsen wird dabei explizit nicht ausgeschlossen, dass auch das Bürgerbündnis finanziell unterstützt werden könnte.

Goldschmidt ist in der Kreisstadt kein Unbekannter. Zum einen wohnt er im Winsener Ortsteil Bahlburg, zum anderen arbeitet der Jurist als Schuldezernent für die Kreisverwaltung. „Ich bin aber nicht in der Verkehrsplanung tätig, so dass es durch mein Engagement als Bürger keinen Interessenkonflikt gibt“, sagt Goldschmidt.

Zudem, so der 2. Vorsitzende des Bürgerbündnisses, argumentiere der Landkreis ganz ähnlich wie das Bürgerbündnis. So hat Goldschmidts Chef, Landrat Rainer Rempe (CDU), bereits mehrfach darauf verwiesen, dass der Landkreis es gern bei der bisher geplanten Y-Trasse belassen hätte. Künftig werden die beiden in ganz unterschiedlicher Funktion im Dialog-Verfahren für die ihrer Meinung nach richtige Entscheidung für den Güterverkehr aus und zu den Häfen streiten.