Ganztagsprogramme an Harburgs Grundschulen: Viele Eltern beklagen Mängel bei Räumen, Essen und Personal

Harburg. 3827 von 5564 Harburger Grundschülern sind im laufenden Schuljahr für die Ganztagsbetreuung (GBS) angemeldet worden. Das entspricht einer Teilnahmequote von 69 Prozent. „Der Zulauf hat alle Erwartungen deutlich übertroffen“, sagt Susanne Danke von der Behörde für Schule und Berufsbildung. Die ihre vor zwei Jahren gestartete GBS-Offensive beständig als durchschlagenden Erfolg wertet.

Allein, es mehren sich Zweifel, ob so viel Euphorie tatsächlich angebracht ist. Von einer unzureichenden Personal- und Raumausstattung ist die Rede, von mangelhafter Organisation und Qualität des Mittagessens sowie fehlenden Kantinenkapazitäten, auch von einer dürftigen Substanz der Nachmittagsbetreuung insgesamt.

Harburgs Linke hatte alle Kritik und Skepsis bereits Ende März vergangenen Jahres in einen Antrag gegossen und ein umfassendes Meinungsbild zum Thema gefordert. Zwar war er dann tatsächlich im Jugendhilfeausschuss gelandet, ist dort aber offenbar nicht erschöpfend behandelt worden.

So wurde der Antrag schließlich am Montagabend in der gemeinsamen Sitzung von Sozial- und Jugendhilfeausschuss wieder aufgegriffen. Zur großen Überraschung hatten sich als Gesprächspartner aber nur zwei Vertreter der Schulbehörde eingefunden. Was den FDP-Abgeordneten Carsten Schuster zu der Frage veranlasste, wo denn die Vertreter der Schulen, der freien Träger, die die Nachmittagsbetreuung zumeist organisieren, und des Landeselternausschusses Kindertagesbetreuung (LEA) geblieben seien.

„Das Thema ist doch in der vergangenen Legislatur bereits ausführlich erörtert worden“, antwortete Claudia Loss (SPD), Vorsitzende des Sozialausschusses. Deshalb habe man nur noch mit der Behörde Kontakt aufgenommen. Im Übrigen wäre es sinnvoller gewesen, sich mit der Ganztagsbetreuung an Schulen erst wieder zu beschäftigen, wenn man zwei komplette Jahre analysieren und beurteilen könne.

Die beiden Behördenvertreter nutzten ihren „verfrühten“ Harburg-Auftritt unterdessen dazu, ein wahres Hohelied auf die Errungenschaft GBS zu singen, die übrigens bereits der schwarz-grüne Vorgängersenat auf den Weg gebracht hatte. In ganz Hamburg seien in kurzer Zeit 10.000 zusätzliche Betreuungsplätze geschaffen und 111 Schulkantinen neu eingerichtet worden, so Susanne Danke. In Harburg gäbe es jetzt elf GBS-Schulen und sieben reguläre Ganztagsschulen.

Ansonsten blieben die Ausführungen des Duos aber sehr allgemein. Es habe sich zwischen Schulen und freien Trägern eine fruchtbare „Kultur des Miteinanders“ entwickelt, hieß es, beiden Seiten würden sich auf „Augenhöhe“ begegnen. Und es sei ein „Qualitätsrahmen“ definiert worden, um einen hohen Standard der Betreuung zu gewährleisten. „Was bei uns als Rückmeldung ankommt: Die allermeisten Eltern sind mit den Nachmittagsangeboten sehr zufrieden“, sagte Danke.

Diese Wahrnehmung deckt sich aber offenbar nicht mit den Erfahrungen der Harburger Abgeordneten. So berichtete Kadriye Baksi (Linke) von oft wechselndem Personal und fehlender Kontinuität in der Nachmittagsbetreuung, Klaus Fehling (SPD) von Personalausfall- und Mangel. Laut Britta Herrmann, Fraktionschefin der Grünen, seien Kinder bei der Übergabe in die Nachmittagsbetreuung sogar „verloren“ gegangen. Schulen und freie Träger würden mit ihren Problemen bei der GBS-Umsetzung allzu oft allein gelassen. Und von der viel beschworenen „Augenhöhe“ zwischen Schulen und freien Trägern könne längst noch keine Rede sein.

Dankes Behördenkollege Jens Oldenburg wollte diese Einwände nicht gelten lassen. Die Raumnutzung und -ausstattung sei hier und da „noch verbesserungswürdig“ und es gäbe vereinzelt Probleme bei der Reinigung der GBS-Räume. Dem zuweilen kritisierten Lärmpegel in den Schulkantinen wolle die Behörde mit „schalldämmenden Maßnahmen“ begegnen. Ansonsten aber seien selbst die Container-Provisorien teilweise auf einem sehr guten Stand. „Aus unserer Sicht gibt es nur punktuellen Bedarf zur Nachsteuerung. Wir wollen aber auf jeden Fall zusätzliches Geld für die Fachberatung ausgeben, und das mindestens zwei Jahre lang“, so Oldenburg.

Für die Linke sind derweil unverändert viele Fragen offen geblieben. „Die Art und Weise, wie das Thema in dieser Ausschusssitzung behandelt wurde, zeigt ganz deutlich, dass die Sorgen der Eltern nicht ernst genommen werden“, sagte Fraktionschefin Sabine Boeddinghaus. Gerade beim Problemfeld Inklusion seien viele Standards sogar gekappt worden. Und für die Nachmittagsbetreuung würden sie oftmals gänzlich außer Kraft gesetzt.