Pendler aus Hamburg und dem Landkreis Stade nutzen kostenfreie P+R-Anlage in Neu Wulmstorf, um Geld zu sparen

Neu Wulmstorf/Neugraben. Schon seit langem ist die kostenfreie Park-and-ride-Anlage am S-Bahnhof Neu Wulmstorf voll ausgelastet. Doch seit Ende Juli kostet das Parken in einem Großteil der benachbarten Hamburger P+R-Anlagen Geld, und genau seitdem herrscht auch in den Straßen nahe des Neu Wulmstorfer Bahnhofs komplettes Chaos. Zahlreiche Hamburger, aber auch Berufspendler aus dem Landkreis Stade, kommen wegen des Umsonstparkens kurz zum Nachbarn in den Landkreis Harburg gefahren. Viele Anwohner an der Bahnhofstraße sind erbost, weil Autofahrer ihre Fahrzeuge vor den Zufahrten oder kreuz und quer auf den Grünstreifen vor den Häusern abstellen. In den P+R-Häusern Neugraben, Neuwiedenthal und Harburg, die bis zur Gebührenerhebung ebenfalls gut gefüllt waren, herrscht hingegen Flaute. Sie sind nur etwa zur Hälfte ausgelastet.

„Es ist eine Katastrophe hoch drei“, sagt Herta Passau, 78. Die Autos versperren ihr die Sicht, wenn sie mit ihrem Fahrzeug das Grundstück verlassen will, sie verhindern das Passieren auf dem Fußweg und sie stehen dort, wo sich ihre Wasser- und Gasanschlüsse befinden. „Da kommen wir nun nicht mehr ran“, sagt sie. Auch ihr Sohn Michael Passau, der nebenan wohnt, hat sich bereits bei der Gemeinde beschwert. Er sieht den Verkehr stark behindert. „Aber die Polizei kann uns nicht helfen. Die Autos dürfen da gerade so parken wie sie da stehen“, sagt er.

Auf der anderen Straßenseite hat die Gemeinde indes mehrere Verbotsschilder vor der Einfahrt des Autohauses Renault Menk und an der Straße im Anlieferungsbereich des Edeka-Marktes Warncke aufgestellt. Denn für die Lastwagenfahrer, die den Händlern ihre Waren liefern wollten, war kein Durchkommen mehr. Autos konnten nicht mehr be- und entladen werden. Jörg Schröder, stellvertretender Bürgermeister der Gemeinde, bestätigt, dass sich die angespannte Parkplatzsituation drastisch verschärft hat, seitdem die Parkgebühren auch im P+R-Haus in Neugraben verlangt werden. „Es werden Parkplätze genutzt, die gar keine sind“, sagt er. Davon ist auch Anwohner Manfred Schwohl, 74, überzeugt: Er macht es vor allem an den vielen Autos mit Hamburger Kennzeichen fest.

Aber auch Fahrzeuge aus dem Landkreis Stade sind zahlreich vertreten. Denn das ist ein zweites Problem, mit dem Neu Wulmstorf seit langem zu kämpfen hat. Viele Pendler aus Buxtehude fahren lieber bis nach Neu Wulmstorf, um in die S-Bahn einzusteigen, weil von dort ein viel günstigerer HVV-Tarif gilt. Weniger als die Hälfte kostet die Fahrt von Neu Wulmstorf nach Hamburg, als von Buxtehude.

Um das Chaos abzuwenden und den Anwohnern an der Bahnhofstraße zu helfen, hat die Verwaltung ihnen große Findlinge neben die Grundstückseinfahrten gesetzt und so den Pendlern das Parken erschwert. Doch das reiche nicht, finden die Einwohner an der Bahnhofstraße. Es müssten so schnell wie möglich zusätzliche Parkplätze für die zahlreichen Pendler her, sagt Michael Passau, der jeden Morgen auf Fahrer trifft, die verzweifelt nach einer Parklücke suchen. Er hofft darauf, dass Politik und Verwaltung kurzfristig das gemeindeeigene Grundstück nördlich der P+R-Fläche als Provisorium für Parkraum zur Verfügung stellen.

So ist auch der Plan. Darauf hat sich der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung bereits geeinigt. Das Vorhaben könnte allerdings noch scheitern, wenn die Landesnahverkehrsgesellschaft den Bau dieses Provisoriums zum Anlass nimmt, weniger Zuschüsse zum geplanten Parkdeck zahlen zu wollen. 2017 soll ein Deck mit 370 Plätzen und einem Bike&Ride-Areal auf der bestehenden Park-and-Ride-Anlage in Neu Wulmstorf entstehen. Im Gegensatz zum Parkhaus in Neugraben soll das Parken dort auch weiterhin kostenfrei sein.

Mit Einführung der P+R-Gebühren in Hamburg Ende Juli soll nach den Worten von Heino Vahldieck, Geschäftsführer der P+R-Betriebsgesellschaft soll das Parkplatzangebot deutlich erweitert und flächendeckend ein guter Qualitätsstandard gewährleistet werden. Vahldieck sagt auch, dass die zum Teil nur noch zur Hälfte ausgelasteten P+R-Häuser in Harburg, Neuwiedenthal und Neugraben verkehrspolitisch Sinn. Harburg sei früher bereits morgens um 8 Uhr voll ausgelastet gewesen. Berufspendler, die später kommen, haben nun eine Chance auf einen freien Platz.

Inzwischen parken Autofahrer in größerem Umkreis auch um den Harburger Bahnhof, um die Gebühr zu sparen. Vahldieck rechnet damit, dass die Zahl der P+R-Kunden bei schlechter Wetterlage im Winter zunehmen wird, weil sich Autofahrer dann die zum Teil weiten Fußwege zum Bahnhof sparen. Vahldieck: „Für Kunden des HVV kostet die P+R-Jahreskarte 200 Euro. Das hört sich zunächst nach viel an, bedeutet aber, dass pro Arbeitstag weniger als ein Euro für das Parken bezahlt werden muss.“ In zwei Jahren sieht Vahldieck wieder volle Auslastung der P+R-Anlagen. Pläne für die Erweiterund des Harburger P+R-Hauses bestehen weiter.