Per Schnellschuss-Antrag hat die Fraktion die Einstellung des Planverfahrens erwirkt. Betreiber behält sich Klage vor

Stelle. Die Erweiterung der Biogaslage in Stelle, die die Rehwinkel/Meyer Biogas Stelle GmbH & Co.KG betreibt, ist gestoppt. Der Ortsentwicklungsausschuss empfahl in seiner Sitzung am Montag mehrheitlich, das Bebauungsplanverfahren zu beenden und folgte damit einem Antrag der SPD-Fraktion vom Sonntag. Zur Begründung führte die SPD an, dass einerseits die rund 40 Einwendungen von Bürgern gegen das Projekt zu wenig berücksichtigt wurden und andererseits, dass die Betreiber die lokalen Gremien umgangen hätten, indem sie sich direkt an die Gewerbeaufsicht in Lüneburg wandten.

Bereits im Frühjahr hatte die SPD durchgesetzt, das Bauleitverfahren auszusetzen, weil sie zunächst weitere Gutachten zum Grundwasserschutz forderte. Anlass hierfür war, dass aus Sicht der SPD der Landkreis zu wenig Informationen über mögliche Auswirkungen des Biogasbetriebs auf das Grundwasser geliefert hatte. Das hatte zu heftigem Streit zwischen SPD und CDU geführt. Die CDU hatte dem Ausschussvorsitzenden Jürgen Neubauer (SPD) damals vorgeworfen, sich persönlich profilieren zu wollen und die Arbeit der Wasserschutzbehörden zu diskreditieren. Bürgermeister Uwe Sievers hatte sogar die Kommunalaufsicht eingeschaltet um zu prüfen, ob die Aussetzung des Planverfahrens rechtens ist. Die Kommunalaufsicht hat inzwischen die Rechtmäßigkeit bestätigt.

Strittig ist auch, dass ein Gärrestebehälter von 16 Meter Höhe „über Flur“, also weithin sichtbar im Gelände, geplant ist. „Das entspräche der doppelten Höhe des benachbarten Kuhstalls“, so Neubauer. „Das Gebäude würde die Landschaft dominieren. Wir bewerten in diesem Fall die Belange der Anwohner höher als die des Gewerbetreibenden. Die Verwaltung sieht dagegen beide Belange als gleichberechtigt an.“

Darüber hinaus habe der Landkreis in seinem Landschaftsrahmenplan das betreffende Gebiet als wertvoll für die Grundwasserneubildung ausgewiesen. Zudem sei hier die Gefahr der Nitratauswaschung hoch. „Die Gewerbeaufsicht in Lüneburg prüft jedoch nur den eigentlichen Standort, nicht die nähere Umgebung“, so Neubauer. Die mögliche Grundwassergefährdung erklärt sich dadurch, dass Landwirte die Gärreste aus ihren Biogasanlagen üblicherweise als Dünger auf ihre Felder ausbringen.

Neubauer kritisiert, dass das Gutachten immer noch nicht in Auftrag gegeben ist. Bürgermeister Sievers sagte, es seien zunächst Vorarbeiten dafür zu erledigen. Dass das Gutachten jetzt nicht mehr nötig ist, sieht er allerdings nicht. „Es geht ja unabhängig von der Erweiterung der Biogasanlage darum, ob das Grundwasser gefährdet ist.“ Sowohl Neubauer als auch Sievers gehen davon aus, dass auch der Verwaltungsausschuss am kommenden Montag das Projekt kippen wird, da die CDU-Fraktion – wenngleich die stärkste – offenbar der einzige Befürworter ist.

Die Betreiber müssen nun also umdenken. „Die Genehmigung für den Gärrestebehälter in der vorgesehenen Höhe werden wir – im Rahmen der Privilegierung – vom Gewerbeaufsichtsamt erhalten“, sagt Heiko Rehwinkel auf Abendblatt-Nachfrage. Privilegierung bedeutet, dass Landwirte ihre Betriebsgebäude auch ohne entsprechenden Bebauungsplan errichten dürfen. Wie er erläutert, wurde die Erweiterung der Biogasanlage auf Anregung des Stromversorgers EWE geplant. EWE ist darauf angewiesen, dass Strom bedarfsabhängig bereitgestellt werden kann. Die Biogasanlage sollte daher mit leistungsfähigeren Motoren und einem Gasspeicher ausgestattet werden. Dieser Gasspeicher würde auf dem neuen Gärrestebehälter liegen. Der Lagerbehälter wiederum sei nötig, weil die Vorschriften zur Lagerung und Lagerdauer von Gärresten 2015 verschärft werden.

Die Leistungserweiterung für die Biogasanlage sei ohne das Einverständnis des Rates nicht machbar, sagt Rehwinkel. „Wir werden uns daher im Winterhalbjahr überlegen, was zu tun ist.“ Ihn ärgert nicht nur, dass bei der ersten Präsentation des Projektes alle Fraktionen dafür gewesen seien, sondern auch, dass durch den Beschluss, noch ein Gutachten einzuholen, mehr Zeit verstreicht. Das bedeutet finanziellen Verlust: „Wir wollten vor der Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes fertig sein“, sagt Rehwinkel. Da dieser Termin nicht zu halten war, fällt die Stromvergütung für die Betreiber nun geringer aus. „Wir waren gemeinsam mit den politischen Vertretern beim Gewerbeaufsichtsamt, das bestätigt hat: Es gibt Gesetze, und es gibt zuständige Behörden, die prüfen und entscheiden. Wenn sie grünes Licht geben, darf man bauen.“ Rechtliche Schritte und Regressforderungen schließt er daher nicht aus.