Freie Träger sollen ihre Angebote in den Ganztagsbetrieb an Schulen integrieren. Zuschüsse werden weiter gekürzt

Harburg. Mit der Einführung der Ganztagsbetreuung an Schulen (GTS) müssen sich auch die freien Träger der Offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) neuen Anforderungen stellen. Deren Angebote sollen nach dem Willen der Schulbehörde größtenteils im Rahmen des GTS-Betriebs stattfinden und am besten auch noch auf Schulgelände. Dieses Konzept steht seit Monaten in der Kritik.

„Wenn die Angebote der OKJA nur noch an Schulen stattfinden sollen, stellt sich die Frage, inwieweit sie dann für die Kinder wirklich noch freiwillig und offen sind. Die OKJA bietet einfach eine andere Geborgenheit“, sagt der Harburger FDP-Chef Carsten Schuster. Um die Offene Kinder- und Jugendarbeit nicht völlig ins Leere laufen zu lassen, war die FDP konsequent gegen eine flächendeckende Ganztagsbetreuung an allen Schulen.

Wie berechtigt die Skepsis der Liberalen ist, bestätigt zum Beispiel Anneke Otten, Leiterin des Jugendclubs Heimfeld, einer Einrichtung des Awo-Landesverbands Hamburg. „Vom Zulauf her kann ich keinen Unterschied im Vergleich zu früher feststellen, die Bedarfe sind noch immer sehr hoch. Auch deshalb, weil viele Jugendliche gar nicht in der GTS gebunden sind“, sagt die erfahrene Sozialpädagogin. Dennoch gebe es von Seiten der Politik immensen Anpassungsdruck auf die freien Träger, weil deren Offerten nur noch an Schulen angeboten werden sollen.

Dabei sei ein „anderes Setting in anderer Umgebung“ gerade wesentlicher Bestandteil der Angebote freier Träger. „Dass sie eben nicht in der Schule stattfinden, ist für unsere pädagogische Arbeit wichtig und sinnvoll“, so Otten. Stattdessen seien die freier Träger geradezu gezwungen, mit den Schulen zu kooperieren, wollen sie ihre notwendigen Zuschüsse nicht verlieren.

Insgesamt erhält der Bezirk aus Rahmenzuweisungen 2,1 Millionen Euro für die OKJA. Nach der letzten Sparrunde gab es 236.000 Euro weniger. Das sei schon deshalb problematisch, weil die Kürzung nach Einrechnung der Tariferhöhungen für viele Mitarbeiter eigentlich sogar bei rund 400.000 Euro liege, sagt Carsten Schuster.

„Im Grunde erhalten wir seit 15 Jahren die gleichen Zuwendungen, mal sind es 2000 Euro mehr, mal 7000 weniger“, sagt Anneke Otten. Das gelte im Grunde genommen wie ein Naturgesetz. Ohne Rücksicht auf die Inflation, gestiegene Betriebs- und höhere Personalkosten: „Dennoch sind wir aber fünf Tage die Woche für bis zu 100 Kinder und Jugendliche da.“

Überdies sehen die Globalrichtlinien für den Einsatz freier Träger lediglich die Finanzierung einer Sozialpädagogin und einer Erzieherin vor. Angesichts des zu leistenden Pensums sind Otten und ihre Kollegin aber längst am Limit. „Wir kommen gerade so über die Runden“, sagt sie: „Mit der momentanen personellen Ausstattung können wir im Prinzip nur aufschließen, aufpassen, dass nichts abbrennt, und wieder zuschließen.“

Die SPD-Fraktion hat das Dilemma erkannt und in der letzten Sitzung des Jugendhilfeausschusses in der vergangenen Legislaturperiode ein Evaluationsverfahren beantragt, um die Folgen und die neuen Anforderungen aus dem GTS-Konzept für die freien Träger sowie die tatsächlichen Bedarfe genau zu analysieren. Für Carsten Schuster ein längst überfälliger Schritt: „Das haben wir Liberalen schon vor der Bezirkswahl gefordert, sind aber nicht gehört worden.“

Nun drängt die Zeit auch deshalb, weil die Luft für einige Träger schon sehr dünn geworden ist. Nach der Insolvenz des Frauenkulturhauses und den Turbulenzen rund um den Verein Nöldekestraße sucht der Bezirk händeringend neue Betreiber für die Jugendfreizeitzentren Sandbek (Süderelbe) und Mopsberg (Phoenix-Viertel).

Laut Bezirksamtssprecherin Bettina Maak will die Verwaltung das Bewerbungsverfahren spätestens im Herbst 2014 abschließen, so dass der oder die Träger die beiden Einrichtungen per 1.Januar 2015 übernehmen können. Wer da zum Zuge kommt, entscheiden dann Vertreter der Fraktionen und Mitglieder des Jugendhilfeausschusses. „Es ist nicht auszuschließen, dass in der neuen GTS-Konstellation und angesichts der enorm gestiegenen Anforderungen noch weitere kleine Träger auf der Strecke bleiben“, fürchtet die Grünen-Politikerin Heinke Ehlers.

Wie schwer es inzwischen ist, geeignete Bewerber zu befinden, bewies jüngst erst die Suche nach neuen Trägern für den Mädchentreff und das Projekt Mütterzeit im Frauenkulturhaus. Das erste Interessenbekundungsverfahren ist grandios gescheitert, „weil im Bewerbertableau kein geeigneter Betreiber dabei war“, so Bettina Maak. Deshalb bereite das Bezirksamt derzeit ein neues Verfahren vor.