Der Flächenvermarkter mfi will sich aus Harburg zurückziehen. Der neue Besitzer Patrizia sucht Center-Manager

Harburg. Um die Mittagszeit tobt in den Harburg Arcaden das Leben. Die Imbiss-Läden sind dann sowieso bestens frequentiert, aber auch die Boutiquen im Erd- und die Discounter im Untergeschoss können über Zulauf nicht klagen. Doch diese Momentaufnahme kann kaum darüber hinweg täuschen, dass der vergleichsweise kleine Shopping-Tempel im Vergleich zum übermächtigen Phoenix-Center immer mehr an Boden verliert. Nun kündigen sich Veränderungen an, durch die die Arcaden möglicherweise vor einer ungewissen Zukunft stehen.

Der Eigner, die management für immobilien AG, hatte das Gebäude bereits im April dieses Jahres an einen durch das Unternehmen Patrizia Immobilien mit Sitz in Augsburg aufgelegten Fonds verkauft, an dem vorwiegend Sparkassen beteiligt sind. Wie das Abendblatt erfuhr, will sich die mfi-Gruppe nun auch aus dem Vermietungsmanagement zurückziehen.

Seit Felix Schraven, der zehnte Center-Manager der Arcaden innerhalb von elf Jahren, im Frühjahr dieses Jahres die Brocken hingeschmissen und gekündigt hatte, ist die Position unbesetzt. Geführt wird das Haus momentan von Schravens früherer Assistentin Franziska Hesse.

„Da braucht man gar nicht lange herumzureden, die geplante Erweiterung des Phoenix Centers ist nicht hilfreich für uns, um die schwierige Vermietungssituation in den Arcaden nachhaltig zu verbessern. Harburgs Politiker hätten allen Anlass, ihre Entscheidung kritisch zu hinterfragen“, sagte Werner Nuoffer, Geschäftsführer für alle mfi-Shopping-Center, dem Abendblatt. Deshalb schließe er nicht mehr aus, dass sich mfi schon bald auch aus der Vermarktung der Flächen zurückziehe.

Vom Ziel einer Vollvermietung sind die Arcaden momentan weiter entfernt denn je. Allein im Obergeschoss sind etwa ein Drittel aller Ladenflächen nicht mehr belegt. Und selbst im Erdgeschoss stehen attraktive Areale seit Monaten leer. Nach dem Frequenzbringer Depot war zuletzt auch das Textilgeschäft SL Sandra Lückemann ausgezogen, das Flächen im Erd- und Obergeschoss angemietet hatte.

Langfristige Mietverträge können sich allenfalls die großen Discounter im Untergeschoss wie etwa Aldi, Woolworth und Kik oder Budnikowsky und die Post im Erdgeschoss leisten. Kleinere Händler aber binden sich oft nur für die Mindestmietzeit von zwölf Monaten, bestenfalls für zwei Jahre. Das beschert dem Management regelmäßig neue, aufwendige Verhandlungsrunden mit erheblichem Verwaltungsaufwand.

Erschwerend kommt für die Arcaden hinzu, dass sie mit einer Verkaufsfläche von 13.000 Quadratmetern kaum noch konkurrenzfähig sind. Zum Vergleich: Das Phoenix Center weist schon jetzt, also vor der Erweiterung, mit 26.500 mehr als doppelt so viele Quadratmeter aus. Areale zum Expandieren stehen für die Arcaden de facto nicht zur Verfügung. Und auch die Möglichkeiten, kleinere Ladenflächen zu größeren zu fusionieren sind begrenzt.

Nicht zuletzt dürften die neuen Besitzverhältnisse bei der mfi-Gruppe dafür gesorgt haben, dass der Ausstieg des Unternehmens aus den Harburg Arcaden immer wahrscheinlicher wird. Nachdem der französische Konzern Unibail-Rodamco bereits im Juni 2012 mit 51 Prozent Hauptanteilseigner an der mfi-Gruppe geworden war, zog das Unternehmen mit Hauptsitz Paris am 1.Juli dieses Jahres eine Verkaufsoption und sicherte sich für 317 Millionen Euro weitere 40,15 Prozent. Es ist jetzt mit einem Eigentumsanteil von 91,15 Prozent an der mfi-Gruppe notiert. Die restlichen 8,85 Prozent gehören mfi-Gründer Roger R. Weiss.

„Die Transaktion ist ein folgerichtiger Schritt im Rahmen der Expansion von Unibail-Rodamco in Deutschland“, heißt es in einer offiziellen Mitteilung der Franzosen. Anfang des Jahres hatte sich Unibail-Rodamco bereits in großem Umfang am CentrO in Oberhausen beteiligt. Mit einer Handels- und Freizeitfläche von 232.000 Quadratmetern ist es das größte Einkaufs- und Freizeitzentrum Europas.

Unibail-Rodamco verwaltet gemeinsam mit der mfi-Gruppe in Deutschland nun 1,4 Millionen Quadratmeter Bruttomietfläche und 27 Shopping-Center, von denen 20 für Dritteigentümer gemanagt werden. Die Unternehmensgruppe ist zudem selbst Eigentümer von drei der fünf größten deutschen Shopping-Center. Europaweit gehören Unibail-Rodamco 83 Konsumtempel in elf Ländern, von denen 59 mehr als sechs Millionen Besucher pro Jahr verzeichneten.

Doch schon sind die nächsten gigantischen Center in Planung. Etwa die Mall of Scandinavia in Stockholm mit einer Verkaufsfläche von 99.500 Quadratmetern, das Oceania in Valencia (96.500 qm) und das Val Tolosa in Toulouse (86.200 qm). Da erscheint plausibel, dass die Harburg Arcaden nicht mehr so recht ins Portfolio passen.

Unterdessen verspricht der neue Arcaden-Besitzer Patrizia Immobilien, auch in Zukunft werde die Passage im Herzen Harburgs als Einkaufszentrum fortgeführt. „Aktuell sind wir in Gesprächen mit diversen Center-Managern“, teilte Pressesprecher Andreas Menke auf Abendblatt-Anfrage mit.