Auf den Geschmack kommt’s an: Slowfood und Freilichtmuseum am Kiekeberg zeichnen Milchschafhof Brünjes und Domäne Fredeburg aus

Ehestorf. Schon bei der Laudatio lief einem das Wasser im Mund zusammen, und der Duft vom würzigen Käse, der sich im Tanzsaal des Freilichtmuseums ausbreitete, tat sein Übriges. Cremig und würzig sei der Frischkäse und schmecke nach Nordseeluft, lobte Barbara Retzlaff vom Slow Food Convivium Hamburg die Produkte des Milchschafhofes Brünjes in Ostendorf bei Bremervörde. „Auch der Weichkäse ist geschmacklich wunderbar und von feiner Konsistenz, die Variation mit Kümmel ein Gedicht.“

Zusammen mit dem Freilichtmuseum am Keikeberg vergab Slow Food Hamburg gestern den norddeutschen Käsepreis. In Niedersachsen wurde der Milchschafhof Brünjes ausgezeichnet. Für Schleswig-Holstein erhielt die Domäne Fredeburg den Preis. Wenn Slow Food ermittelt, wer ausgezeichnet wird, kommt es für sie vor allem darauf an, dass die Produkte ohne Zusatzstoffe und in handwerklicher Verarbeitung hergestellt werden.

Natürlich aber steht in erster Linie die Milch im Vordergrund. Was für die Winzer der Weinstock ist, ist für die Käser die Milch. Die schmecke im Übrigen erwiesenermaßen besser, wenn die Kühe ihre Hörner behielten, klärte Barbara Retzlaff auf. Wer also seinen Kühen die Hörner absägt, kann sich keine Hoffnungen auf den Käsepreis machen. Und Käser, die ihre Tiere 365 Tage im Jahr im Stall stehen lassen, auch nicht.

Es erscheint ein bisschen wie eine kleine heile Welt, die sich die Preisträger in dem sonst so von Massenproduktion bestimmtem Milchwirtschaft bewahrt haben. Die 200 Schafe von Ingrid Brünjes kommen morgens und abends von den Moorwiesen und Deichen, um gemolken zu werden. Sie fressen regionaltypische Gräser und Kräuter, und das rund 30 Hektar große Grünland wird nur mit hauseigenem Schafsmist gedüngt.

Der Milchschafhof war einmal ein heruntergekommenes Anwesen, aus dem Ingrid und Roland Brünjes ein Schmuckstuck zauberten. Seit 1998 verarbeitet Ingrid Brünjes die Milch in ihrer eigenen Käserei zu Frisch- und Weichkäse sowie Joghurtspezialitäten und beliefert den Bio-Großhandel in Hamburg sowie Restaurants, darunter das Hotel Altes Land in Jork. Es ist ein Zwei-Mann-Betrieb. Ingrid Brünjes kümmert sich um die Milch und die Vermarktung. Ihr Mann Roland Brünjes sorgt für Ländereien und Tiere.

Das Ehepaar hält Ostfriesische Milchschafe, die als anpassungsfähig und widerstandsfähig gelten. Ingrid Brünjes verarbeitet die Milch nach einem alten Rezept. „Wie zu Omas Zeiten“, sagt sie. Eine aufwändige Arbeit, aber die macht sie mit Herz. „Es ist immer wieder für uns ein Erlebnis, mit Menschen zu tun zu bekommen, die ihre Liebe zum Land, zu ihren Tieren, zu ihrer Arbeit in wunderbare Produkte verwandeln“, sagte Barbara Retzlaff.

So wie die Schafe vom Ehepaar Brünjes Frühjahr und Sommer auf der Weide verbringen, stehen auch die 30 Kühe der Hofgemeinschaft Domäne Fredeburg im Sommerhalbjahr draußen auf naturbelassenen Wiesen. In der hofeigenen Käserei verarbeitet Lothar de Vries, der seit 1991 den Demeter-Betrieb Domäne Fredeburg betreibt, die Milch nach alter Handwerkskunst und eigenen Rezepturen. Jede Kuh gibt durchschnittlich 6.000 Liter Milch pro Jahr, damit liegt er weit unter dem landesweiten Durchschnitt von annähernd 10.000 Liter in Schleswig-Holstein.

Besonders beeindruckend fand Slow Food den Lauenburger Hartkäse, der nach einem Bergkäserezept im Kupferkessel hergestellt wird und drei bis zwölf Monate reift. „Es ist ein riesiger Schatz, wenn man die Kühe melkt und die Milch selbst zu Käse verarbeiten kann“, sagte Lothar de Vries. Für ihn hat es etwas Meditatives. Mit seinen 30 Kühen hat sein Betrieb eine vergleichsweise geringe Größe. Aber de Vries denkt nicht daran, sich zu vergößern. „Ich will mich mehr qualitativ weiterentwickeln“, sagte er.