Die Zahl derer, die auf die Lebensmittel der Harburger Essensausgabe am Helmsweg angewiesen sind, steigt ständig

Harburg. Manche von ihnen stehen schon seit 7 Uhr hier. Wer neu dazu kommt, stellt seinen Einkaufstrolly ordentlich in die Reihe, hinter die anderen. Damit wird gleich die Reihenfolge der Kundschaft an diesem Morgen festgelegt. Man kennt sich, man unterhält sich. An diesem Morgen scheint die Sonne, da stört das Warten nicht. Um 11 Uhr wird die Tür zu dem kleinen Laden geöffnet. Die Essensausgabe der Harburger Tafel am Helmsweg beginnt.

Ehrenamtliche Mitarbeiter rufen die Kunden der Tafel, heute sind Schwerbehinderte und Rentner an der Reihe, immer zu jeweils fünf oder sechs Personen in den kleinen Laden. Die Kunden suchen sich gegen Vorlage ihrer Berechtigungskarten und gegen zwei Euro die Lebensmittel aus, die sie gerne haben möchten. Der Umgangston ist ruhig und freundlich. Vor dem Tresen stehen Hilfsbedürftige, dahinter stehen Menschen, die sich gerne in ihrer Freizeit für diejenigen unserer Gesellschaft engagieren, denen es nicht besonders gut geht.

Hinten im Lager der Harburger Tafel arbeiten weitere ehrenamtlich Helfer. Sie sortieren und packen die Waren, die die vier Fahrer der Tafel täglich bei Harburger Lebensmittelgeschäften abholen. Nicht alles, was Lebensmittelgeschäfte an die Tafel spenden, geht im Helmsweg über den Tresen.

„Wir beliefern Kitas und Jugendtreffs in Harburg und in Süderelbe, manche Einrichtungen könnten ihre Mittagstische für Kinder und Jugendliche überhaupt nicht mehr aufrecht erhalten, wenn wir nicht die Lebensmittel abgeben würden“, sagt Ursula Müller. Die Jesteburger Rentnerin ist Mitbegründerin der Harburger Tafel. 1997 öffnete die Harburger Tafel zum ersten Mal ihre Türen in der alten Post für Menschen, deren Geld nicht mehr zum Einkaufen der nötigsten Dinge ausreicht.

Immer mehr Menschen sind auf die Lebensmittel der Harburger Tafel angewiesen, die inzwischen in Buchholz, Winsen und in Neuwiedenthal Zweigstellen eröffnet hat. „Manche Hamburger Essensausgaben haben bereits einen Aufnahmestopp ausgesprochen. Wir arbeiten mit Wartelisten, weil der Ansturm auf die kostenlosen Lebensmittel zu groß ist. Kommt ein Kunde nicht mehr, rückt der nächste von der Warteliste nach“, so Müller.

Sie könnten einfach keine neuen Kunden mehr aufnehmen, so Ursula Müller. Zum einen seien 130 bis 150 Kunden pro Tag das absolute Maximum, das zu schaffen sei. Weil sonst die Lebensmittel nicht für alle reichten und die zeitlichen Kapazitäten ihrer ehrenamtlichen Mitarbeiter seien natürlich auch endlich. Rund 900 Menschen stünden auf ihrer Warteliste, sagt die Jesteburgerin.

Inzwischen versorgen sich allein in Harburg rund 1300 Haushalte, vielfach Familien, zum Teil über die Harburger Tafel. Vor allem bei alten Frauen, deren Rente zu eng bemessen ist, sei, so Müller, die eigene Hürde, das Schamgefühl einfach zu groß, um sich bei der Tafel anzustellen. Um diesen Menschen den Weg zur Tafel ein wenig zu erleichtern, haben Müller und ihre Mitstreiter einen dritten Öffnungstag in der Woche eingerichtet, aber auch um dem großen Ansturm besser gewachsen zu sein. Aktuell engagieren sich allein in Harburg 130 ehrenamtliche Helfer gemeinsam mit Ursula Müller.

„Wir brauchen ganz dringend weitere Menschen, die uns unterstützen, weil immer mal wieder jemand ausfällt, krank wird oder wegen des Alters aufgeben muss“, sagt die ehemalige Managerin, die einfach keine Lust hat, zu Hause in ihrem Jesteburger Haus „herumzusitzen oder jeden Tag die Gardinen zu waschen“. Lieber engagiert sie sichehrenamtlich für andere Menschen. Eigentlich würde sie gern einen Bringservice organisieren, für die Kunden, die zu krank oder zu alt sind, um sich noch einmal in der Woche auf den Weg in den Helmsweg zu machen. Aber dazu bräuchte Ursula Müller weitere Helfer. Wer sich bei der Tafel als Helfer oder Fahrer engagieren will, kann sich unter Telefon 77110897 informieren.