Winsener Rat beschließt nach Kampfabstimmung. Opposition kritisiert Platzvergabe und steigende Kosten für Eltern

Winsen. Gegenseitige Vorwürfe, Häme und Zweifel an der politischen Glaubwürdigkeit: Gut eine Stunde lang diskutierte der Stadtrat in Winsen am Donnerstagabend die umstrittene, neue Entgelt- und Benutzungsordnung für Krippen, Kindergärten und Horte in der Kreisstadt. „Wir haben uns heute kein gutes Zeugnis ausgestellt“, fasste Petra Wieben (CDU) die Diskussion schließlich zusammen. Nach einer kurzen Pause kam es zum erwarteten Ergebnis: CDU, Winsener Liste und der parteilose Ratsherr Tobias Müller setzen den neuen Entwurf mit ihren 20 Stimmen durch, während SPD, Grüne und die Freien Winsener zusammen auf 16 Gegenstimmen kamen. Damit endete eine fast „zweijährige Hängepartie“, wie der 1. stellvertretende Bürgermeister André Bock (CDU) sagte. Die Regelung tritt zum 1. August in Kraft.

Die neue Vorgehensweise sieht eine zentrale Anmeldung über die Stadt vor, so dass die Verwaltung die notwendigen Kapazitäten für alle Kinder überblicken kann. Die Höhe der Beiträge wird nach den Familienverhältnissen sowie nach dem Bruttoeinkommen geregelt. Die Verdienste werden dabei in 19 Stufen in Schritten von 250 Euro eingeteilt. „Grundsätzlich gilt, wer gut verdient und lange Betreuungszeiten bucht, muss künftig mehr bezahlen. Dies gilt aber auch umgekehrt“, sagte der Erste Stadtrat Christian Riech dem Abendblatt. Um zu starke Erhöhung zu vermeiden, können die Beiträge um nicht mehr als 20 Prozent steigen. „Insgesamt bleiben die Beiträge in der Summe auch nach 20 Jahren konstant. Für Winsen gilt damit der günstigste Satz im gesamten Landkreis“, so Riech. Insgesamt zahlt die Stadt mit jährlich sieben Millionen Euro fast so viel wie für ihre Personalkosten als Zuschuss an die Träger der Einrichtungen. Die Stadt hat selbst keine eigenen Angebote zur Betreuung von Kindern.

Für die Opposition im Rat bleibt die Platzvergabe an die Einrichtungen aber „undurchsichtig, weil sie von Kita zu Kita nach unterschiedlichen Kriterien erfolgt“, wie der SPD-Fraktionsvorsitzende Benjamin Qualmann sagte. Dazu würden die Kosten für viele Eltern steigen, rechnete der Fraktionsvorsitzende der Freien Winsener, Andreas Waldau, vor. Er kam am Donnerstag auf einen Zuwachs der Einnahmen von bis zu 500.000 Euro pro Jahr. Erhard Schäfer (Grüne) verwies darauf, dass Eltern ein Recht auf einen Platz gegenüber dem Kreis und der Gemeinde hätten, über die Aufnahme aber allein die Trägereinrichtungen entscheiden würden. „Es gibt keine Regelung dafür, wenn Kinder keinen Platz bekommen.“ Grünen-Fraktionschef Bernd Meyer empfahl Eltern sogar, zumindest zunächst nur unter Vorbehalt zu zahlen.

Alle Kritik jedoch änderte nichts mehr an den offensichtlich schon zuvor klaren Verhältnissen. Wilfried Rieck (Winsener Liste) musste sich zwar vorhalten lassen, ein Wendehals zu sein. „Aber ich bin froh, dies zu sein, wenn ich zu einer vernünftigen Lösung beitragen kann“, sagte der Politiker. Er vertraue der Verwaltung, dass die Beiträge insgesamt nicht teurer würden als bisher. „Man tischt uns keine Lügen auf.“ Tobias Müller (parteilos), zuvor gerade mit Mehrheit als Nachfolger von Thorsten Perl (SPD) zum 2. stellvertretenden Ratsvorsitzenden gewählt, warnte denn auch vor „Angstmacherei. Mir ist kein Fall bekannt, bei dem ein Kind in Winsen nicht dort untergebracht werden konnte, wo es hin sollte.“