Im Bostelbek sollen zehn Pavillons für 216 Menschen errichtet werden. Erste Rodungen sind bereits erfolgt

Harburg. Wenn am heutigen Dienstagabend, 25. Februar, um 17.30 Uhr die Abgeordneten der Harburger Bezirksversammlung im Harburger Rathaus zusammenkommen, ist eine emotional aufgeladene Sitzung garantiert. Für jede Menge Zündstoff dürfte der Tagesordnungspunkt 2 „Dringlichkeitsanträge“ sorgen. Dem Abendblatt liegt ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen SPD und Grüne vor, der sich mit der Nutzung von Grundstücksflächen in Bostelbek beschäftigt. Es verdichten sich die Anzeichen, dass im Straßendreieck Am Radeland/Bostelbeker Damm/Moorburger Bogen schon bald eine neue Flüchtlingsunterkunft entstehen wird.

Am Freitag, 21. Februar, hatten die Fraktionen einen Brief der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) erhalten, in denen Staatsrat Jan Pörksen die Bezirksversammlung zur Stellungnahme hinsichtlich der Planungen aufforderte. Dieser Fakt an sich dürfte kaum für Überraschung gesorgt haben. Schließlich war bereits länger bekannt, dass die Bostelbeker Fläche vom Bezirk als möglicher Standort für eine weitere Flüchtlingsunterkunft gemeldet worden war.

Doch dann erhielten die Fraktionen eine Einladung zur Jahreshauptversammlung der Bostelbeker Siedler. Die fand am vergangenen Sonntagvormittag im Sportlerheim des Bostelbeker SV statt, nur einen Steinwurf von besagter Fläche entfernt. Und dort konnten sich die Lokalpolitiker dann persönlich davon überzeugen, dass die Beräumung des Geländes längst in vollem Gange ist. Was nicht nur die betroffenen Siedler sehr erzürnt.

Bereits am Mittwoch, 19. Februar, hatten Mitarbeiter eines Gartenbaubetriebes mit Rodungsarbeiten begonnen. So sind mehrere Bäume gefällt, sowie Büsche, Sträucher und Äste geschreddert worden. Die Arbeiten wurden zu Beginn dieser Woche fortgesetzt.

„Das ist ein unmögliches, aberwitziges Vorgehen der Sozialbehörde“, sagte SPD-Fraktionschef Jürgen Heimath dem Abendblatt. Offenbar würden hier Tatsachen geschaffen, ehe der formale Beteilungsprozess des Bezirks überhaupt in Gang gesetzt worden sei. „Das ist völlig inakzeptabel“, schäumte Heimath, so könne man einfach nicht miteinander umgehen.

Dass die Harburger SPD selbst erst spät von der offenbar längst gefallenen Entscheidung über die Errichtung eines Containerdorfes mit zehn zweigeschossigen Pavillonbauten für bis zu 216 Menschen erfahren hat, wollten viele Siedler nicht glauben. So hatte Heimath dem Vernehmen nach alle Mühe, die erhitzten Gemüter zu beruhigen und die Sachlage glaubhaft zu vermitteln.

In ihrem Gemeinsamen Dringlichkeitsantrag geißeln SPD und Grüne denn auch die „Durchführung der offensichtlich vorbereitenden Arbeiten als eine Missachtung der Recht der Bezirksversammlung“, weil diese vor Beginn und Abschluss der Anhörung vorgenommen worden seien. Überdies fordern beide Fraktionen, dass Vertreter der BASFI die geplante Umsetzung des Containerdorfs in einer öffentlichen Sondersitzung des Sozialausschusses zeitnah und „umfassend erläutern“.

Auch die FDP-Fraktion reagierte inzwischen mit einer Kleinen Anfrage. Darin erinnern die Liberalen an Paragraf 28 des Bezirksverwaltungsgesetzes. Vor Entscheidungen des Senats oder der Fachbehörden über Ansiedlung, Schließung oder wesentliche Veränderungen ist demnach die örtliche Bezirksversammlung anzuhören. „Und zwar so lange ein Verfahren noch ergebnisoffen geführt wird“, wie Fraktionschef Carsten Schuster noch anfügt. Dem stünden die umfangreichen Rodungsarbeiten aber eindeutig entgegen.

Unter anderem hatte die FDP gefragt, wann und mit welcher Begründung die Fällgenehmigung erteilt wurde. Laut BASFI-Sprecher Marcel Schweitzer sei die Erlaubnis bereits am 27. Januar im Hinblick auf den „Beginn der Brutzeit“ beantragt und vom Bezirksamt am 6. Februar erteilt worden. Das hat die Verwaltung bestätigt. Hintergrund sei die beabsichtigte Errichtung eines Pavilliondorfes auf der Fläche am Radeland gewesen. Umgesetzt und verwaltet werde das Projekt durch das städtische Unternehmen fördern & wohnen. Ein Bauantrag liege aber noch gar nicht vor. Auch deshalb sieht die Sozialbehörde die Beteiligung des Bezirks gewährleistet. Von vollendeten Tatsachen könne also gar keine Rede sein.