Der Regionalausschuss Wilhelmsburg lehnt Antrag des Veranstalters „Tekkno ist grün“ ab, die Party „Oster Air“ bis Mitternacht auszudehnen

Wilhelmsburg . Die Mehrheit der Politiker in Wilhelmsburg sieht die Grenze für nächtlicher Großpartys auf den Elbinseln als erreicht an: Der Regionalausschuss Wilhelmsburg hat mit den Stimmen von SPD und Die Linke das Gesuch des Veranstalters „Tekkno ist grün“ abgelehnt, die Party „Oster Air“ am Ostersonnabend über 22 Uhr hinaus um zwei zusätzliche Stunden verlängern zu dürfen. Der Bevölkerung sei das nicht zuzumuten, sagten Sprecher der drei Fraktionen. CDU und Grüne dagegen halten einige wenige Techno- Partys etwa 600 Meter von der Wohnbevölkerung entfernt für zumutbar.

In dem Abwägungsprozess zwischen Lärmbelästigung und Spaß überwögen mittlerweile die Interessen der Wohnbevölkerung, sagt Michael Weinreich (SPD). Irgendwann sei es zuviel, irgendwann hätten die Menschen die Schnauze voll, hält Stefan Dührkop (Die Linke) ein öffentliches Partytreiben nach 22 Uhr für nicht zumutbar.

Die Abteilung für technischen Umweltschutz und Wohnraumschutz im Bezirksamt Mitte dagegen hätte keine Einwände, wenn die Party am Ostersonnabend auf dem Gelände nahe der Köhlbrandbrücke bis 24 Uhr andauern würde. „Aufgrund der getroffenen Lärmminderungsmaßnahmen und der beschränkten Belastung kann auch dem Antrag auf Nachtbetrieb aus fachlicher Sicht gefolgt werden“, heißt es etwas steif in der Verwaltungsvorlage für den Regionalausschuss Wilhelmsburg. Die Politiker hätten also dem Veranstalter „Tekkno ist grün“ die Erlaubnis erteilen können, von dem Beschluss der Bezirksversammlung aus dem Jahr 2009, Musikveranstaltungen bis 22 Uhr zu begrenzen, abweichen zu dürfen.

Bei insgesamt zehn öffentlichen kulturellen Veranstaltungen im Jahr in Wilhelmsburg darf die 22-Uhr-Grenze ausgedehnt werden. Dass das für das Dockville-Festival und das Konzertereignis „48 h Wilhelmsburg“ gelten soll, darüber herrscht auf der Elbinsel mittlerweile Einigkeit.

Die Mehrheit der Politiker in Wilhelmsburg will offenbar ein Signal setzen, dass Techno-Großveranstaltungen seltene Ausnahmen bleiben und weitere Party-Veranstalter nicht auf das Recht pochen könne, über 22 Uhr hinaus öffentlich feiern zu dürfen. Anja Keuchel macht deutlich, dass in der alten Werkshalle am Neuhöfer Damm 98 kein Gewohnheitsrecht auf Massenpartys entstehen soll: „An dieser Stelle gibt es für die Techno-Kultur keine Zukunft“, sagt die SPD-Politikerin. Immerhin würden „gegenüber“ ein paar zehntausend Leute wohnen.

Dass Techno Musikkultur sei, bestreitet Anja Keuchel nicht. Abweichungen von der 22-Uhr-Grenze dürften nicht nur für eine Zielgruppe gelten, so die Abgeordnete in der Bezirksversammlung Mitte. Kultur sei nicht nur das, was laut sei, spricht sich auch Olaf Harms (Die Linke) gegen die Ausweitung der Partylandschaft auf den Elbinseln aus. „Warum muss es immer bis Mitternacht oder noch länger gehen?“, fragt er.

Jugendliche gingen nun mal erst um 23 Uhr auf die Piste, gibt Jörn Frommann (CDU) die Antwort. Er plädiert dafür, dem Veranstalter „Tekkno ist grün“ eine Chance zu geben und abzuwarten, wie die Entwicklung der öffentlichen Partykultur auf den Elbinseln weiter gehe.

Ronald Dittmer (CDU) hält ein Nachtverbot für Techno-Partys für weltfremd: „Um 22 Uhr geht doch keiner nach Hause“, sagt er. Der CDUSprecher im Wilhelmsburger Regionalausschuss sieht die Bevölkerung nicht übermäßig belastet, wenn an zehn Tagen im Jahr Musik im Stadtteil zu hören sei. „Wir reden von drei Prozent aller Tage im Jahr“, rechnet er vor.

Mit der Party „Oster Air“ beginnt für die elektronische Musikszene die Freiluftsaison in Hamburg – das und ein Osterfeuer machen sie so besonders. Veranstalter Jörn Behrens hatte vor, bei Dunkelheit nach 22 Uhr die Wilhelmsburger Künstlergruppe Flamba Feuershow besonders wirkungsvoll auftreten zu lassen. Trotz des Nachtverbotes werde „Oster Air“ am 19. April dann eben bis 22 Uhr stattfinden, sagt Jörn Behrens.

Sorgen bereitet Jörn Behrens aber, wenn das vom ihm veranstaltete Hafengrün- Festival ebenfalls um 22 Uhr enden soll. Er plant, das drei Tage dauernde Festival für elekronische Musik mit 50 Künstlern und drei Bühnen vom 1. bis 3. August ebenfalls an der halb offenen früheren Werkshalle am Neuhöfer Damm. Ohne Betrieb zur Nachtzeit müssten Lichtinstallationen, Videoanimationen und Feuerperformance wegfallen.

Vor allem aber wäre das wirtschaftliche Risiko für das privat finanzierte Festival nicht mehr kalkulierbar. Durch den Wegfall der Nachtzeiten im vergangenen Jahr seien 20.000 Euro Einnahmen an den Bars verloren gegangen, schreibt Jörn Behrens in seinem Konzeptpapier „Ist Techno auch Kultur?“ an die Politiker im Regionalausschuss Wilhelmsburg. Damit seien das Projekt und er an den Rand des finanziellen Ruins gebracht worden.

Jörn Behrens hofft auf ein Umdenken bei Wilhelmsburgs Politikern. Er will beim Hafengrün-Festival Wilhelmsburger Betriebe – Gastronomen, Hotels und Modeschaffende – einbinden, damit die Elbinsel-Wirtschaft von dem Festival mit den erwarteten 4000 Besuchern profitiere.

Der CDU-Politiker Ronald Dittmer sieht die Bevölkerung nicht unzumutbar belastet, wenn zumindest an einem Tag am Neuhöfer Damm bis in die Nacht die Bässe wummern würden. „Wir reden von einem Projekt in 600 Meter Entfernung von der Wohnbebauung und einer Lärmüberschreitung von zwei Dezibel“, sagt er. „Wenn ein Bewohner in der Fährstraße auf Toilette geht, ist es lauter.“