Ein Stadtteil frei von Kultur. Unbeachtet vom Rest der Stadt. Es ist noch nicht lange her, das haben die Wilhelmsburger diesen Zustand und sich selbst bedauert.

So ist es um so erstaunlicher, dass ein Technofestival-Veranstalter um 22 Uhr den Stecker ziehen soll. Ist die inzwischen erwachsen gewordene Musikkultur der Bevölkerung an wenigen Tagen im Jahr wirklich nicht zumutbar?

Niemand wird ernsthaft behaupten, dass Wilhelmsburgs Plätze und Straßen als Remmidemmi-Bühne und als Bratwurstbuden-Basar verkommen sind. Die Polizei wird nicht zum Absperren missbraucht, die Stadtreinigung nicht zum Hinterherputzen. Die Techno-Szene will 600 Meter von der Wohnbebauung entfernt im Schatten der Köhlbrandbrücke Party machen – wo, wenn nicht dort ließe sich die Sehnsucht der Menschen nach ekstatischen Erlebnissen besser erfüllen als in dieser Abgeschiedenheit.

Musikfestivals haben heute längst Bedeutung für die Stadtentwicklung erlangt. „Oster Air“ als erstes Festival der Saison in Hamburg für elektronische Musik böte Wilhelmsburg eine Chance mehr, sich als pulsierender Stadtteil zu zeigen. Der Veranstalter will mit Künstlern, Modeschaffenden und Gastronomen von der Elbinsel zusammenarbeiten. Warum ihm nicht eine Chance geben? Die wäre ihm aber ohne Nachtbetrieb genommen. Denn Techno als physisch spürbare Musik braucht die Lichtblitze im Dunkeln wie der Elbinselbewohner den Deich.