Pleiten, Pech und Pannen – warum sich die Realisierung wichtiger Harburger Bauprojekte entscheidend verzögert

Harburg. In den vergangenen Jahren haben Bezirksamt und private Investoren etliche ehrgeizige Bauprojekte für die City auf den Weg gebracht. So geht es darum, wichtige Raumkapazitäten für eine effektive, bürgerfreundliche Arbeit verschiedener Fachämter zu schaffen. Aber auch um die Realisierung neuer Sozialwohnungen und Studentenunterkünfte. Nun mehren sich aber die Anzeichen dafür, dass kaum ein Projekt im ursprünglichen Zeitrahmen verwirklicht wird. Das Abendblatt hat nachgehakt und sagt, warum das so ist.

Bereits 2009 hatten Senat und Bürgerschaft beschlossen, mit dem neuen Rathausforum an der Knoopstraße ein neues, modernes Verwaltungszentrum für Harburg zu schaffen. 2012 sind das Soziale Dienstleistungszentrum (SDZ) und das Zentrum für Wirtschaftsförderung, Bauen und Umwelt (WBZ) fertiggestellt worden. Bis 2016 sollte der Komplex um das neue Kundenzentrum auf der Fläche der ehemaligen Polizeiwache ergänzt werden. Doch jetzt sind die Planungen dafür gehörig ins Stocken geraten.

Nach Informationen des städtischen Gewerbeimmobilienverwalters Sprinkenhof AG hat das Bezirksamt überhaupt noch keinen Auftrag für den Erweiterungsbau erlassen. Hintergrund sind offenbar Probleme bei der Finanzierung. Verwaltungssprecherin Bettina Maak teilte auf Abendblatt-Nachfrage mit: „Es ist beabsichtigt, mit der Sprinkenhof AG eine Vereinbarung zu treffen, die Finanzierung im Rahmen einer Kostenmiete durch Aufgabe anderer Mietobjekte sicherzustellen.“ Zum Beispiel in der Wilhelmstraße 33 und in der Knoopstraße 35-37.

Laut CDU-Fraktion hätte eine Verzögerung der Fertigstellung auch Auswirkungen auf die Arbeit jener Fachämter, die in das neue Kundenzentrum ziehen sollten. „Wie wir erfahren haben, laufen die Mietverträge mehrerer Dienststellen aus. Die müssten an anderer Stelle zu bisher nicht bekannten Konditionen verlängert werden“, so Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer.

Auf dem Grundstück Knoopstraße/Ecke Julius-Ludowieg-Straße will die Saga 78 städtisch geförderte Wohnungen bauen. Start sollte im Frühjahr dieses Jahres sein. Doch dann ergaben sich Planungsprobleme, weil laut Bezirksamt „hinsichtlich einer Teilfläche des Grundstücks noch rechtlicher Klärungsbedarf besteht“. Dabei soll es sich um das Flurstück handeln, das unmittelbar an den S-Bahn-Abgang grenzt. Und möglicherweise zu umfänglichen Modifikationen bei der Gestaltung des Komplexes führt. „Wir rechnen jetzt mit einem Baubeginn im Jahr 2015“, so Willi Hoppenstedt, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Saga/GWG.

Wäre alles glatt gelaufen, hätte Investor Dietrich von Stemm im ersten Quartal dieses Jahres mit dem Bau eines Hauses mit Wohnungen für etwa 350 Studenten und einem neuen Quartier für die Freiwillige Feuerwehr Harburg mit vier Hallenplätzen und Gemeinschaftsräumen für insgesamt 35 Millionen Euro an der Seehafenbrücke begonnen. Doch dann hagelte es Einsprüche von Anliegern. Am Helmsweg und am Bleicherweg stehen etwa 20 Mehrfamilienhäuser mit etwa 200 Bewohnern, die von dem Vorhaben tangiert sind. Weder Baugröße noch Bauhöhe fanden Zuspruch. Und auch die zusätzliche Verkehrsbelastung steht in der Kritik.

Nun wird das gesamte Projekt vom Architektenbüro Winking-Froh überarbeitet. Es soll zwar weiter fünf Geschosse geben, aber deutlich weniger als 350 Wohnungen. Die Neuplanung muss jetzt mit dem Bauamt abgestimmt werden und soll dann auch noch mal dem Stadtplanungsausschuss vorgestellt werden – Termin offen. Damit dürfte sich der Baubeginn ins dritte Quartal dieses Jahres verschieben.

Ende Oktober 2013 hatten die Pläne für den Umbau des Hans-Fitze-Hauses zu einem Zentrum für soziale Integration von suchtgefährdeten Menschen eine weitere, wichtige Hürde genommen. Die Bezirksversammlung bewilligte 146.500 Euro aus Gestaltungsmitteln des Bezirks für das Projekt „Treffpunkt, Jobbörse und aufsuchende Sozialarbeit in Harburg“ der Trägergesellschaft Passage. Überdies fließen Zuwendungen aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) wie auch Zuschüsse aus Landesmitteln. Übergeben werden sollten die Räumlichkeiten spätestens im Juni dieses Jahres.

Bei einer Ortsbegehung von Mitgliedern einer Lenkungsgruppe der Sicherheitskonferenz, Anliegern und Vertretern der zukünftigen Nutzer Mitte Dezember ist aber deutlich geworden, dass der Umfang der Instandsetzungs- und Umbaumaßnahmen deutlich größer ist, als ursprünglich von der SpriAG mit 170.000 Euro veranschlagt. SpriAG-Vorstand Henning Tants: „Da die umfangreichen Wünsche des Bezirksamts über die Miete nicht finanzierbar sind, bedarf es eines Zuwendungsbescheids. Der aber steht noch immer aus.“ Vorher könnten auch die notwendigen Ausschreibungen nicht erfolgen.

Die CDU hatte sich dem fraktionsübergreifenden Antrag im Herbst 2013 nicht anschließen wollen. Am Ende laufe es wegen der Finanznot auf eine abgespeckte Sanierung hinaus, die wegen unabsehbarer Folgekosten aber inakzeptabel sei. „Wir sehen uns in unserer Position bestätigt“, so Fraktionschef Fischer. „Jeder private Investor hätte bei dem abenteuerlichen Zustand vieler Bereiche einen Abriss bevorzugt. Zumal auch das Nutzungskonzept nach wie vor viele Fragen offen lässt.“