Landkreis hat 29 geeignete Standorte für Windkraft ausgewählt. Die Gemeinde Heidenau ist besonders betroffen

Heidenau. Von Windrädern umzingelt: Dieses Bild skizziert die Gemeinde Heidenau, sollte der Landkreis die Windenergie im Norden und Nordwesten des kleinen Ortes in der Samtgemeinde Tostedt tatsächlich wie derzeit diskutiert ausbauen.

Zurzeit drehen sich im Landkreis 63 Windräder. Das sind nicht viele. Der Anteil der Windenergie am Gesamtstromverbrauch liegt im Landkreis Harburg bei 10,25 Prozent und damit deutlich unter dem niedersächsischen Durchschnitt von 14,3 Prozent. Der Kreis hat beschlossen, die Standorte für Windenergie jetzt zu verdoppeln.

Im November hatte der Bau- und Planungsausschuss über mögliche Standorte für Windkraft im Landkreis Harburg beraten. Aus 168 möglichen Standorten wurden 29 geeignete Flächen ausgewählt, auf denen 67 neue Windkraftanlagen entstehen können. Auf dem Heidenauer Gemeindegebiet sollen gleich mehrere Flächen ausgewiesen werden.

Doch die Heidenauer protestieren. Sollten sich auf dem Gemeindegebiet noch mehr Windräder drehen, fürchten die Bürger, dass sie sich ihre Chance auf Erweiterung für immer verbauen. Im Osten und Südosten stehen bereits mehrere Windräder. Im Süden begrenzen Bahnschienen den Ort. Im Westen wurde die Gasstation erweitert, von der Erdgas aus Russland Richtung Norden in andere Netze umgeleitet wird. Sie ist schon auf 400 Meter an den Ort herangerückt. Hinzu kommen Schweineställe in Heidenaus Umgebung, deren Emissionen einen Ausbau des Ortes hemmen.

Entstehen noch mehr Windräder, hat Heidenau keine Chance zur Erweiterung

Einzig im Norden gibt es noch eine Lücke. Wenn es nach dem Landkreis geht, soll auch die bald mit dem Bau von Windrädern geschlossen werden. Die Heidenauer kritisieren, dass die Flächen, um die es geht, auf 1000 Meter an den Ort heranreichen. Um dem Ort seine Möglichkeit zur Entwicklung zu lassen, seien deutlich größere Abstände als 1000 Meter erforderlich, schreibt der Gemeinderat in einer Stellungnahme zum regionalen Raumordnungsprogramm 2025 auf Initiative der SPD/UWG-Gruppe.

Insgesamt drei Flächen stehen zur Diskussion. Vor allem die Planung, im Nordosten von Heidenau eine Fläche auszuweisen, stößt auf massive Kritik. Wenn die Bewohner des Ortsteils Avensen aus ihre Fenster schauen, würden sie fast nichts anderes als Windräder sehen. Zudem würden die Anlagen bis auf etwa 1000 Meter an Avensen heranreichen. „Die Fläche wollen wir auf keinen Fall haben“, sagt Reinhard Riepshoff, Bürgermeister von Heidenau.

Zumal sich südlich von Heidenau bereits vier Windräder drehen. Das war ein hart umkämpfter Kompromiss, den die Bürger auch nur eingegangen sind, weil ihnen 1000 Meter Abstand zu ihren Wohnhäusern zugesichert wurde. „Da kann man dann nicht an der Ecke weitere Anlagen aufstellen“, sagt Peter Dörsam, Fraktionsvorsitzender der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG) Heidenau. Die Fläche im Nordwesten von Heidenau und südlich der Autobahn will Heidenau ebenso wenig für Windkraftanlagen vorhalten. Dafür hat die Gemeinde ganz andere Pläne. Zwischen der Mühlenstraße und der Kreisstraße soll ein Neubaugebiet entstehen. Hält der Landkreis dennoch an dieser Fläche fest, würden die Anwohner der Siedlung am Büntberg sehr darunter leiden. Lediglich 300 Meter würden ihre Häuser von den Windkraftanlagen trennen.

Der Standort im Nordwesten soll näher an die Autobahn heranrücken

Um so paradoxer erscheint es, dass Bürgermeister Reinhard Riepshoff, der für die SPD im Kreistag sitzt, eben diese Fläche in der Sitzung des Kreisbau- und Planungsausschusses am 6. November ins Spiel gebracht hatte. Doch dahinter steckt Taktik. Der Bürgermeister hofft, den Landkreis davon überzeugen zu können, die Fläche Richtung Autobahn zu verschieben.

Denn mit allem, was in der Nähe der Autobahn entstehen soll, haben die Heidenauer kein Problem. Im Gegenteil. Das Gebiet wäre ideal aus Sicht der Bürger. Die Flächen wären weit genug weg von der Wohnbebauung. Die Natur würde nur wenig leiden, da es sich hauptsächlich um Ackerland handelt. Noch dazu gibt es für die autobahnnahen Gebieten den Wunsch, einen Bürgerwindpark zu errichten, bei dem Einwohner Anteile an den Windenergieanlagen erwerben.

Es gibt schon jetzt eine Gruppe von Interessenten, die in einem Offenen Brief an die Kreisverwaltung und Kreistagsmitglieder appellieren, die jetzt zur Diskussion stehende Fläche im Nordwesten von Heidenau weiter Richtung Norden an die Autobahn zu verlegen. Wenn nördlich und südlich der Autobahn zwei etwa gleich große Flächen ausgewiesen würden, könne ein kompakter Windpark entstehen, schrieb Reinhard Westphal aus Heidenau in dem Brief.

Ob es dazu kommt, wird in den Fachausschüssen in den nächsten Monaten noch diskutiert. Im März soll der Entwurf des neuen Raumordnungsprogramms dann auf den Weg gebracht werden.