Peter Henning wurde von den Harburger Handwerkern zum neuen Bezirksmeister gewählt. Ab Frühjahr ist er im Amt

Sinstorf. Kaum hatten die Harburger Handwerker Peter Henning am Montag zu ihrem neuen Bezirksmeister gewählt, gingen die Gerüchte los: Henning, der bisherige Stellvertreter, habe den alten Bezirkshandwerksmeister Dierk Eisenschmidt „abgesägt“. „So ein Quatsch“, stellt Henning klar. „Es war seit Jahren zwischen Dierk und mir abgesprochen, dass ich für den Vorsitz kandidiere, und er sich um das Stellvertreteramt bewirbt.“

So war es dann auch gekommen. Zweiter Stellvertreter wurde Rainer Kalbe. Gemeinsam will das Trio einiges für die fast 1400 Harburger Handwerksbetriebe bewirken. „Dierk Eisenschmidts Erfahrung und Kontakte sowie Rainer Kalbes und meine Kenntnisse der modernen Anforderungen an das Handwerk sind eine sehr gute Kombination“, sagt Henning, „denn das Handwerk steht vor einigen Herausforderungen“

Noch steht die Bestätigung des Harburger Kreishandwerksmeisters durch die Vollversammlung der Hamburger Handwerkskammer aus. Die Zustimmung zum Votum des Bezirks gilt allerdings als sicher und wird im Frühjahr erfolgen, wenn alle Bezirke ihre Versammlungen durchgeführt haben. So lange bleibt Konditor Dierk Eisenschmidt ohnehin Bezirkshandwerksmeister. Der 50-jährige Peter Henning ist seit 30 Jahren Elektriker.

Seit 25 Jahren ist er Meister und seitdem auch Unternehmer, denn damals übernahm er den elterlichen Betrieb. Seitdem hat sich in seinem Handwerk viel getan. „Heute ist die Automation von Gebäuden das ganz große Thema,“ sagt er. „Vor 20 Jahren musste man die meisten Schalter noch selbst betätigen. Vor zehn Jahren konnte man seine Haustechnik per Telefon fernbedienen. Heute kann die Haustechnik die Telefone der Hausbewohner orten und selbstständig das Licht ausmachen, wenn alle weg sind. „

Während Henning dies sagt, beginnt es über ihm zu leuchten. Nicht, dass ihm ein Heiligenschein gewachsen wäre – draußen hat es sich bewölkt und drinnen hat ein Sensor gemerkt, dass der Raum dunkler wurde und nun die Deckenbeleuchtung gefragt ist. „Wenn man solche Techniken kombiniert, also Nutzerortung, Lichtsensoren, Bewegungsmelder und was man sonst noch an Sensorik hat, kann man ein intelligentes Haus schaffen. Aber solche Schaltungen muss man als Handwerker jetzt auch bauen können.“

Henning hat deshalb nie aufgehört, zu lernen. Sein Motto: Ein Schein in jedem Jahr. Wenn beruflich nichts anlag, dann waren es Führerscheine. In diesem Jahr ein Katamaranschein, im letzten Jahr ein Kitesurf-Schein. Henning darf auch Flugzeuge fliegen und hat für seine Harley Davidson ebenso selbstverständlich einen Führerschein. Außerdem hat der Vater zweier Söhne sich ganz nebenbei zum Betriebswirt fortgebildet, seine Firma ISO-zertifizieren lassen, und, und, und...

„Fortbildung ist auch in der Handwerkskammer ein Thema, das ich vorantreiben will“, sagt er. „Handwerksbetriebe müssen in jedem Gewerbe mithalten können. Ständig gibt es neue Anforderungen, sei es vom Kunden oder vom Gesetzgeber. Da muss die Politik mehr tun, um Handwerkern die Weiterbildung zu fördern. Andereseits müssen auch Handwerksmeister bereit sein, sich immer neuen Herausforderungen zu stellen. Das sind die meisten, aber alle wäre besser."

An die Politik hat der künftige Bezirkshandwerksmeister auch ein weiteres Anliegen: „Die Betriebe müssen am Standort unterstützt werden. Es hilft dem Handwerk wenig, wenn es immer weiter an den Stadtrand gedrängt wird. Handwerker sind Macher. Die können lange Wege schlecht vertragen.“

Vom Bezirksamt wünscht sich Peter Henning eine mittelstandsorientierte Vergabepolitik. Längst nicht jeder Auftrag der öffentlichen Hand müsse europaweit ausgeschrieben werden. Es gibt großzügige Grenzen innerhalb derer Kommunen Aufträge nach eigenem Ermessen vergeben können.

Ein ganz großes Aufgabenfeld sieht Henning darin, Nachwuchs zu fördern und Fachkräfte zu halten. „Das ist ein ganz komplexes Feld“, sagt er. „Einerseits werden einige Handwerke für Jugendliche und deren Eltern unattraktiv, weil dort der Meister- und Innungszwang weggefallen ist, so dass sich jeder unabhängig von der Qualifikation in diesen Bereichen selbstständig machen kann. Das drückt Preise, Löhne und Perspektiven. Andereseits haben wir noch genügend attraktive Berufe mit guten Zukunftsaussichten. Das müssen wir aber nach außen vermitteln.“

Um das Handwerk attraktiv zu halten müssten sich Betriebe vernetzen. „Wenn große Konzerne ihren Mitarbeitern Kinderbetreuung anbieten können, könnten sich vielleicht mehrere Handwerksbetriebe zusammenschließen und das ebenfalls tun. Es gibt so viel Alleinerziehende, die arbeiten wollen.“

Kurzfristig könne die Politik gegen den Fachkräftemangel helfen, indem sie Migranten Sprachkurse besser fördern würde. „Fachlich sind viele hervorragend. Ich muss so jemanden aber auch allein auf eine Baustelle schicken können“, sagt er.

Peter Henning hat viel vor und scharrt mit den Hufen. Ab Frühling kann er lospreschen..