Bis zu 57 Menschen sollen in einem Neubau unterkommen. Politiker und Bürger wollen sie mit offenen Armen empfangen

Stelle. „Endlich ist es soweit. Ich freue mich.“ Mit diesen Worten eröffnete Reiner Kaminski seine Rede zur Grundsteinlegung für den Neubau einer Asylbewerber-Unterkunft in Stelle. Tatsächlich freut sich nicht nur der Sozialdezernent des Landkreises Harburg darüber, dass im Gewerbegebiet Fachenfelde ein Haus errichtet wird, das bis zu 57 Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten während der Prüfung ihres Asyl-Antrags Heimat sein wird. Auch Stelles Bürgermeister Uwe Sievers zeigte sich froh, dass der Startschuss für das seit Jahresbeginn geplante Projekt gefallen ist. „Fraktionsübergreifend einvernehmlich unterstützt“, wie er – fast ein wenig erstaunt über so viel Konsens – betonte. Was ihm besonders gefällt: Im Asylbewerberheim wird die Gemeinde Stelle bei Bedarf auch Obdachlose unterbringen. So sind zwei Probleme auf einmal gelöst.

Nicht nur Politiker sind glücklich. Sogar Steller Bürger stehen der baldigen Ankunft neuer Nachbarn aus aller Welt positiv gegenüber. Einige bereiten sich schon darauf vor, im April die ersten Flüchtlinge mit offenen Armen zu empfangen. Willkommenskultur – in Stelle wird sie gelebt. Kaum ist die symbolische Metallröhre mit Bauplänen, Tageszeitung und Münzen im provisorisch aufgeschichteten Steinhaufen versenkt, beginnt die Festgesellschaft noch auf dem Fundament des Gebäudes mit dem, was man neudeutsch netzwerken nennt. Vertreter von Stelles Kirchengemeinden und Sozialverbänden unterhalten sich angeregt darüber, wie sie den traumatisierten Menschen künftig unter die Arme greifen können.

Und was bereits getan wird, um den Stellern Ängste vor den Fremden zu nehmen. Pastor Christian Rehr von der selbstständigen evangelisch-lutherischen Gemeinde St. Petri ruft dazu auf, gebrauchsfähige Fahrräder zu spenden. Schließlich ist die Asylbewerberunterkunft in Fachenfelde relativ abgelegen. Weil dort vermutlich fast ausschließlich alleinstehende Männer leben werden, sind besonders Herrenfahrräder willkommen.

Sie können am Sonnabend, 7. oder 21. Dezember, jeweils von 10 bis 16 Uhr auf dem Gemeinde-Grundstück an der Kampstraße 4a abgegeben werden. Rainer Rudloff hat sich bereit erklärt, die Drahtesel durchzusehen und, wenn nötig, wieder flott zu machen. Später sollen Möglichkeiten geschaffen werden, damit die künftigen Besitzer selbst Hand an ihr Gefährt legen können.

Pastor Roland Bunde hat sich vorgenommen, die Asylbewerber zum Fußballspielen einzuladen. Im Gemeindehaus der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde hängt bereits ein Plakat, auf dem Ideen für gemeinschaftliche Aktionen gesucht werden. Spiele-Nachmittage und ein internationales Cafe´ sind bereits vermerkte Vorschläge.

Eventueller Scheu vor den Flüchtlingen begegnet der Geistliche schon jetzt mit Gottesdiensten zum Thema Religionsfreiheit. Kürzlich durfte ein Asylsuchender aus Winsen über sein Schicksal in der Heimat und in der Fremde berichten.

Dirk Hantzsch und sein Team von der SOS-Sozial-Sprechstunde Stelle bereiten sich fachlich auf die speziellen Anforderungen vor, die die Beratung von Asybewerbern mit sich bringt. Die Initiative des Diakonischen Werks sucht jetzt Mitstreiter, vor allem mit Englischkenntnissen. Zum Steller Netzwerk gehört auch Sarah Abd Elkader. Die erfahrene Sozialarbeiterin des Trägers Human Care ist die offiziell Zuständige für die Betreuung der Flüchtlinge, freut sich sehr über die Unterstützung. 2014 sollen auch Steller Vereine ins Hilfs-Netz einbezogen werden.

Die Asylbewerberzahlen steigen enorm. 2012 hatte der Landkreis Harburg 109 neue Plätze bereitzustellen. In diesem Jahr fast 500. 2014 werden es vermutlich mindestens 340 sein. Stelle macht vor, wie dem Ansturm zu begegnen ist. Mit Menschlichkeit und Freude an neuen Herausforderungen.