Besonders vitaminreicher Spitzkohl kommt aus Dithmarschen. Ihn besonders schmackhaft zu machen, ist eine Wissenschaft für sich

Lüneburg. Wie eine Zwergenversammlung schauen sie aus den Obstkästen auf den Wochenmärkten: Spitzkohlköpfe. Kunstvoll sind die Blätter zu einem Kegel zusammengeschlagen. Besonders eindrucksvoll sind die Köpfe am Stand von Marten Koch aus Glüsingen. „Wir haben eine spezielle Züchtung. Das sogenannte Filderkraut“, sagt er. Benannt ist der Kohl nach den Fildern, einer fruchtbaren Ebene bei Stuttgart. Dieser Spitzkohl hat ein besonders weiches Blatt und eignet sich daher gut für Kohlsalate und andere Rohkostzubreitungen.

„Unser Spitzkohl zählt, obwohl er jetzt Saison hat, zu den Sommerkohlsorten“, erklärt Marten Koch. Anders als der Winterkohl sei der Sommerkohl lockerer und darum nicht sehr lagerfähig. „Allerdings nur im Vergleich. Den Spitzkohl können wir ohne Weiteres bis Januar im Kühlhaus lagern“, sagt Koch.

Er bezieht seinen Kohl über eine Erzeugergemeinschaft aus Dithmarschen. „Dort gedeiht der Kohl gut, direkt an der Küste gibt es eine gute Wasserversorgung. Wie die meisten Gemüsesorten benötigt auch Spitzkohl kontinuierlich Feuchtigkeit“, sagt der Bio-Bauer. Bis vor einigen Jahrzehnten seien die Böden in der Küstenregion zudem sehr salzhaltig gewesen. Bei Hochwasser seien die Flächen regelmäßig überflutet gewesen. „Dem Kohl macht das nichts. Darum konnte er dort als eines der wenigen Gemüse angebaut werden“, sagt Marten Koch. Mit dem Bau der Deiche sei das vorbei gewesen, Regen wasche die Böden aus und der Salzgehalt sinke immer weiter. Seitdem gediehen dort auch alle anderen heimischen Gemüsesorten.

So ganz heimisch ist der Verwandte des Weißkohls in Deutschland jedoch nicht. Sein Ursprung kann nicht mehr geklärt werden. Vermutlich stammt der Spitzkohl jedoch aus China. In Deutschland hat der Kohlanbau allerdings eine lange Tradition. Marten Kochs Filderkraut aus dem Stuttgarter Raum wurde bereits 1501 das erste Mal urkundlich erwähnt.

Bereits im Frühjahr wurde der Kohl gesät. „Ein Bio-Saatzuchtunternehmen zieht die Pflänzchen vor, in Dithmarschen werden sie dann ins Freiland gepflanzt“, sagt Koch. Drei- bis viermal wird die Erde rund um die kleinen Kohlsetzlinge durchgehackt. Das dient nicht nur der Unkrautbekämpfung. Durch Sonne und Wind bildet sich auf dem Boden eine Kruste. Die verhindert, dass das Regenwasser aufgenommen werden kann. „Außerdem wird der Boden beim Hacken luftdurchlässiger, die Mikroorganismen können besser atmen“, erklärt der 49-jährige Bio-Bauer.

Geerntet wird der Kohl von Hand. Doch die Erntehelfer müssen nicht mehr durch die Reihen gehen und die Kohlköpfe in Kisten packen, so Koch: „In der Regel fährt ein Erntewagen durch die Reihen, auf dem die Erntehelfer sitzen. Die Kohlköpfe werden geschnitten und gelangen über ein Förderband auf den Anhänger.“

Wann der richtige Zeitpunkt zur Ernte ist, hängt von der Größe der Kohlköpfe und ihrer Verwendung ab. Die Industrie schätzt besonders große Kohlköpfe. Jeder Kohlkopf muss gesäubert werden. Das geht bei größeren Exemplaren schneller als bei kleineren. Spitzkohl für den Frischmarkt muss kleiner sein. „Die eindrucksvollen großen Köpfe sind für einen normalen Haushalt einfach nicht händelbar“, sagt Koch. Wie groß der Kohl werde, könne man nicht nur mit dem Erntezeitpunkt bestimmen. Auch der Reihenabstand sei eine Möglichkeit. Lasse man den Abstand zwischen den Pflanzen nicht besonders groß, blieben sie kleiner, da sie weniger Platz hätten um sich auszubreiten. Lasse man dagegen viel Platz zwischen den Pflanzen, würden sie größer.

Früher wurde in großem Stil aus dem Spitzkohl Sauerkraut gemacht. Die feinen Blätter waren beliebter als die festeren des Weißkohls. Weil der Spitzkohl jedoch für die modernen Maschinen schwer händelbar ist, wird heute in der Regel der gleichmäßig runde Weißkohl verwendet.

Spitzkohl ist die Alternative für alle, die von anderen Kohlsorten Verdauungsprobleme bekommen. Das lockere Blatt macht ihn leichter bekömmlich als die festeren Verwandten. Wie alle Kohlsorten kann auch Marten Kochs Filderkraut mit einem besonders hohen Anteil an Vitamin C auftrumpfen. Das stärkt das Immunsystem. Die Körperzellen werden mit Vitamin B geschützt, außerdem ist es für die Funktion der Nerven im Körper zuständig. Bio-Bauer Marten Koch weist jedoch darauf hin, dass Verbraucher nicht nur nach den Inhaltsstoffen gehen sollten. „Es kommt auch darauf an, wie etwas angebaut ist. Wenn zu guten Inhaltsstoffen viele Schadstoffe hinzukommen, ist das auch nicht gut.“

Ob Spitzkohl frisch und aus gutem Anbau sei, könne man auf dem Wochenmarkt am besten erschmecken, so der Bio-Bauer. Roher Spitzkohl schmecke gleichzeitig scharf und süß. „Schmeckt er nur süß, hat er nicht ausreichend Stickstoff erhalten“, so Marten Koch, „schmeckt der Kohl nur scharf, wurde er zu stark gedüngt, dann stinkt er beim Kochen.“