In die Buchholzer Zivildienstschule sind die ersten Asylbewerber eingezogen. Landkreis erwartet noch 500 Neuzugänge

Buchholz. Achoubi Gharib hat ein neues Zuhause auf Zeit gefunden. Der 43-jährige Marokkaner ist einer der insgesamt 36 Asylbewerber, die seit dem 8. Oktober in der Buchholzer Zivildienstschule untergekommen sind. Bis zum Januar können Gharib und die anderen Männer, die aus Ländern wie dem Sudan, Somalia, Georgien und Syrien stammen, in der Einrichtung bleiben. Dann müssen sie erneut die Koffer packen und in einem neuen Zuhause Unterschlupf finden.

Für den Landkreis Harburg, der für die Unterbringung der Flüchtlinge zuständig ist und händeringend nach Wohnraum sucht, ist das Provisorium in der seit längerem leerstehenden Zivildienstschule ein Glücksfall. „Die Alternativen wären Notunterkünfte in Turnhallen oder Zeltstädte“, sagt Johannes Freudewald, Pressesprecher des Landkreises. Eigentlich soll das Gelände direkt neben dem Krankenhaus komplett neu bebaut werden, geplant sind ein Senioren- und Pflegeheim, ein Kindergarten-Neubau, ein Hubschrauberlandeplatz und Wohnhäuser. Weil die Bebauungspläne bei Anliegern und Politikern nicht unumstritten sind, zieht sich das Verfahren jedoch. In der frühzeitigen Bauleitplanung sollen alle Kritikpunkte gehört werden.

Ob die Zivildienstschule möglicherweise auch über den Januar hinaus als Notunterkunft genutzt werden kann, wenn die Planungen für die Neubauten noch länger andauern, ist aber noch offen. „Wir gehen jetzt von vier Monaten aus“, sagt Freudewald. Zu den derzeitigen 36 Asylbewerbern könnten theoretisch knapp 90 hinzukommen. Neben dem Haus mit dem schwungvollen Namen „Adler“, das bereits belegt ist, stehen noch das Haus Hanseat und das Haus List zur Verfügung. Weil der Landkreis jedoch nur eines der weiteren Häuser nutzen möchte, werden voraussichtlich 60 Plätze hinzukommen.

Die Vorbereitungen für den Bezug sind überschaubar gewesen. Wenn man in die Räume tritt, wundert man sich fast über den guten Zustand der Zweibettzimmer. „Wir mussten nur Wasser und Strom wieder anstellen und einmal gründlich sauber machen“, sagt Carsten Jenßen vom Betrieb Gebäudewirtschaft des Landkreises. Mit einer Heizung habe es Probleme gegeben, weil sie so lange nicht in Betrieb war, und auch einige Rohrbrüche traten zu Tage, die behoben werden mussten.

Da die Flüchtlinge nicht selbst kochen, werden die Zimmer lediglich mit Kühlschrank und Wasserkocher ausgestattet. Zum Frühstück und Mittagessen geht es in die Kantine im Haupthaus, abends gibt es ein Lunchpaket. Durch diese Regelung unterscheidet sich die Zivildienstschule von den festen Unterkünften auf Kreisgebiet, wo die Flüchtlinge für sich selbst kochen. „Wir haben uns dagegen entschieden, weil es sich hier ja nur um eine Übergangslösung handelt“, sagt Freudewald. Die weitere Betreuung erfolgt aber so wie anderswo auch: Der Heimleiter und seine Stellvertreter sind sieben Tage die Woche als feste Ansprechpartner vor Ort, zweimal pro Woche ist außerdem Sozialarbeiterin Abd Elkader da, die den Flüchtlingen bei Sprachproblemen hilft oder mit ihnen die Post durchgeht.

Die junge Frau wird dann auch immer wieder mit Erzählungen wie denen von Achoubi Gharib konfrontiert, der in Marokko als Friseur gearbeitet hat und schon als Kind von Deutschland träumte. Als er seine Frau und sein Kind verlor, hielt den 43-Jährigen nichts mehr in seiner Heimat, er machte sich auf den Weg nach Deutschland und ist am 26. September über die Stationen Dortmund und Braunschweig in Buchholz angekommen. Jetzt steht er vor dem Haupthaus und beobachtet, wie die Kühlschränke für all die anderen, die wie er ihre Heimat verlassen haben, angeliefert werden und hofft nichts sehnlicher, als Deutsch lernen und hier bleiben zu können – „obwohl mir meine Freunde von früher natürlich fehlen“.

Voraussichtlich im Dezember wird in Buchholz ein weiterer Asylbewerberstandort für 40 bis 60 Personen am Fischbüttenweg entstehen. Bisher sind die meisten Flüchtlinge an der Bremer Straße untergebracht. „Wohin wir im Januar mit den Leuten aus der Zivildienstschule gehen, müssen wir dann sehen“, sagt Kreissprecher Freudewald.

Die Zahlen für 2014 machen deutlich, dass alle derzeitigen Bemühungen im Landkreis noch längst nicht ausreichen. „Das Land Niedersachsen hat uns kürzlich mitgeteilt, dass wir bis zum 30. September 2014 343 weitere Flüchtlinge aufnehmen müssen.“ Rechnet man die weiteren 160 Neuzugänge hinzu, die dieses Jahr kommen, muss der Landkreis insgesamt noch rund 500 Menschen aufnehmen. „Der Aufruf an die Städte und Gemeinden, uns Wohnraum zu nennen, bleibt bestehen“, sagt er.