Dem Krankenhaus Salzhausen fehlen 700.000 Euro. Hoffen auf Investoren. Generalversammlung der Genossenschaft

Salzhausen. Die nächsten 14 Tage werden für die Zukunft des in die Krise geratenen Krankenhauses Salzhausen entscheidend sein. Davon ist der vom Gericht eingesetzte Sachwalter, der Hamburger Rechtsanwalt Jan Ockelmann, überzeugt. „Es werden sich viele Dinge ändern“, sagte er am späten Dienstagabend im brechend voll besetzten Saal von Rüter’s Hotel in Salzhausen. Möglich ist, dass Ärzte kaum mehr Patienten in das Haus schicken, das nach dem Insolvenzantrag im Schutzschirmverfahren geführt wird. Möglich auch, dass Mitarbeiter aus der 200köpfigen Belegschaft sich neue Jobs suchen. Aber es könnte im letzten Moment auch noch ein Investor für das Krankenhaus gefunden werden, das kaum einen Steinwurf weit von dem Restaurant entfernt liegt. Die Menschen in den Heideort hängen an dem Haus. „Meine Freundin und ich haben jeweils 30 Jahre dort gearbeitet und nie auf die Uhr geschaut“, sagt eine Dame, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. „Was hier geschieht, tut uns in der Seele weh,“ so die Rentnerin.

Schlimmer trifft die Lage die aktuell Beschäftigen. Sie werden aller Voraussicht nach für September kein Entgelt erhalten. Weder für die mit den Gläubigern ausgehandelte Summe von 285.000 Euro, 15 Prozent der Verbindlichkeiten von knapp zwei Millionen Euro, noch für die Monatsgehälter von 420.000 Euro ist Geld da. Der monatliche Verlust des Hauses liegt bei 130.000 Euro. Im Sanierungsplan waren nach der im November beantragten Insolvenz noch 50.000 Euro errechnet worden. Mögliche Investoren sind abgesprungen und vom Kreis gab es „deutliche Signale, dass man nicht in der Lage ist, eine Finanzierung zur Überbrückung der Krise zur Verfügung zu stellen“, wie Ute Golbach sagte, die seit April als geschäftsführender Vorstand das Haus leitet. Es ist das einzige in Deutschland, das von einer Genossenschaft getragen wird.

Ockelmann hatte am Montagabend wegen der Liquiditätslücke von 700.000 Euro beim Amtsgericht in Lüneburg eine drohende Masseunzulänglichkeit angezeigt. Der Vorstand will nun den Antrag stellen, die Eigenverwaltung aufzuheben. Das Führungsgremium, zu dem als Ehrenamtliche auch die beiden Genossenschaftsvorstände Jürgen Meinberg und Andreas Engel gehören, könne der „umfassenden Belastung nicht mehr gerecht werden“, so Golbach. Die Geschäftsführerin des Kieler Instituts für Gesundheits-System-Forschung (IGSF), das den Sanierungsplan für das Krankenhaus erarbeitet hat, versicherte am Dienstagabend aber, dass sie bereit sei, das „Haus weiter zu unterstützen.“

Nun soll ein Insolvenzverwalter retten, was noch zu retten ist. Ob sich das Amtsgericht dabei für den bereits eingearbeiteten Ockelmann entscheidet, ist aber auch nach seiner Auffassung offen. Hoffnung besteht, dass einzelne Betriebsteile des Krankenhauses, die kostendeckend arbeiten, weitergeführt werden können. Offensichtlich stehen die Urologie und die Altenpflege, die eigenständig arbeitet, nicht so schlecht da. „Wir hoffen für 60 bis 70 Prozent der Mitarbeiter bis Ende der Woche und für den Rest in der nächsten Woche zu wissen, wie die Zukunft aussehen wird“, sagte Ockelmann.

Doch ihm fehlen seit April 600.000 Euro an eingeplanten Einnahmen, die Personalkosten sind zum 31. Juli um 101.000 Euro höher als erwartet, die AOK Niedersachsen hält 50.000 Euro zurück und in der Chirurgie kamen die Chefärzte nicht miteinander aus. Christoph Schlichting, der von Oktober an eigentlich das Haus führen sollte, ist inzwischen fristlos entlassen und wird dagegen klagen. Und als ob das nicht schon reichen würde, hatte das Krankenhaus am Dienstag erneut Besuch von der Polizei. Die Beamten waren zum zweiten Mal Hinweisen für falsche Abrechnungen auf der Spur und beschlagnahmten 300 Krankenakten. „Nähere Angaben dazu haben wir nicht“, sagte Golbach.

Zwar werden noch Gespräche mit Interessenten geführt, versicherte auch der Aufsichtsratschef der Genossenschaft, Bernhard Müller. Namen wurden am Dienstagabend aber nicht genannt. Zudem tut sich ein weiteres Problem auf: Es geht um die Genossenschaft selbst. Denn bei ihr sind grundsätzlich alle Mitglieder stimmberechtigt. Ein neuer Gesellschafter dürfe aber kaum Geld in Salzhausen investieren, so lange er seine Entscheidungen mit der 1300 Genossen abstimmen muss. „Deshalb könnte man auch über eine Umwandlung zu einer GmbH nachdenken“, sagte Ulf Büchsenschütz, Wirtschaftsprüfer beim Genossenschaftsverband in Hannover.

„Wenn dies aber nicht gewollt ist, haben Sie aber auch die Chance, sich zum Krankenhaus zu bekennen und neue Anteile zu zeichnen“, sagte Uwe Kassing, der als Fachanwalt für Insolvenzrecht und Sanierungsmediator das Schutzschirmverfahren von Beginn an begleitet hat, zu den Genossen. So könnten sie das Krankenhaus „theoretisch selber retten.“ Tatsächlich steht dann einer auf und bekennt: „Ich bin mit meiner Frau hierher gekommen, um zu helfen“. Er sei bereit, zehn bis 15 Anteile von jeweils 75 Euro zu zeichnen. Doch das ist zunächst einmal nicht viel gegen die 130.000 Euro Verlust pro Monat.

Für Ockelmann ist das Sammeln von Geldern jetzt nicht der richtige Weg aus der Krise. „Wir können nicht ein Treuhandkonto einrichten und warten, was zusammen kommt. Das würde für die Mitarbeiter zu lange dauern.“