Anwohner in der Winsener Straße legen Widerspruch gegen einen positiven Bauvorbescheid des Bezirks ein. Geplant ist ein mehrstöckiges Wohnhaus

Wilstorf. Dieser Tage hatten Anwohner der Winsener Straße Post vom Bezirksamt Harburg im Briefkasten. Die Bauprüfabteilung der Harburger Bezirksverwaltung hatte ihren positiven Bauvorbescheid für die Bauvoranfrage der Wohnungsbaugesellschaft Fewa an die Anlieger verschickt. Dagegen haben einige Anwohner jetzt Widerspruch eingelegt.

Wie berichtet, soll gegenüber des Bus-Betriebshofes der Hamburger Hochbahn eine derzeit noch grüne Baulücke entlang der viel befahrenen Hauptverkehrsstraße geschlossen werden. Ein mehrstöckige Wohnbau mit Kita und Ladenzeile soll entlang der Bundesstraße entstehen. Die Anwohner befürchten, dass ihnen damit eine für sie wichtige Absorptionsfläche für Lärm, Feinstaub und andere Umweltgifte verloren geht. Der Bezirk hingegen argumentiert damit, dass die Grünfläche lediglich hinter das neue Gebäude verlagert und damit auch aufgewertet werde.

Laut Bescheid ist der Neubau aus städteplanerischer Sicht vollkommen vertretbar. Aus Sicht der Anlieger aber ist der Neubau dies allerdings keineswegs. Darüber hinaus, und das seien die schwerwiegenderen Argumente gegen den Neubau in seiner jetzigen Planung, widerspreche dieser Neubau der EU-„Richtlinie 1999/30/EG des Rates vom 22. April 1999 über Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide, Partikel und Blei in der Luft“, so sagen die Anwohner.

Einige der in dieser EU-Richtlinie aufgeführten Maximalwerte seien schon jetzt in der Winsener Straße ein Problem. „Wir haben hier in der Winsener Straße einen Hotspot, also zwei große Emittenten von Schadstoffen. Durch die sehr hohe Verkehrsdichte und das Busdepot der Hochbahn ist die Straße stark belastet. Und trotzdem wurde für diesen Bauvorbescheid keine angemessene Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt“, begründet Anwohner Heinrich Küpers den Widerspruch.

Dem Institut für Hygiene und Umweltschutz, zuständig für Luftmessungen, werfen Küpers und seine Mitstreiter in ihrem Widerspruchsschreiben an die Bauprüfabteilung „Augenwischerei im Sinne der Stadtplanung“ vor. Weiter heißt es in dem Schreiben: „In der Nähe des Busdepots, dessen Luftschadstoffwerte sich zu denen der Winsener Straße addieren, sind noch nie Messungen vorgenommen worden". Das Institut für Hygiene und Umweltschutz wolle „offensichtlich weder der Bauplanungsabteilung noch der Hochbahn Schwierigkeiten machen und setzt damit billigend die Gesundheit derjenigen Hamburger Bürger aufs Spiel, die in dieser Straße bereits leben und auch derjenigen, die in die geplanten Gebäude ziehen sollen.“

Und dem Harburger Baudezernenten Jörg Heinrich Penner, der dieses Projekt befürwortet, werfen die Anlieger, die Widerspruch eingelegt haben, vor, dass er die politischen Gremien, die planerisch den Weg frei gemacht haben für diesen Lückenschluss in der Winsener Straße, „offenbar über die Zusammenhänge unzureichend informiert“ habe, so Küpers. Küpers Nachbar, Dr. Friedrich Körner ergänzt, „dass wir als betroffene Bürger von der von uns bezahlten Verwaltung formalistisch abgespeist werden.“

Ein moderner Stadtplaner lerne im Studium, so Körner weiter, die Anwohner für eine aktive Mitwirkung bei der Planung zu gewinnen. In diesem Fall könne bislang davon keine Rede sein. Eine moderne offene Verwaltung sollte alles daran setzen, „dass die notwendige Stadtentwicklung nicht zu einer weiteren Verhässlichung und damit Verschlechterung der Wohnqualität unserer Stadt führt.“.

Die Absender des Widerspruchs setzen zum einen darauf, das Hamburg mit diesen Plänen gegen geltendes EU-Recht verstößt, zum anderen behalten sie sich „in diesem Zusammenhang ausdrücklich eine Dienstaufsichtsbeschwerde“ gegen Penner vor. Obwohl die Fraktion der Grünen in der Harburger Bezirksversammlung in den Ausschüssen für die Neubaupläne in der Winsener Straße gestimmt hatte, bietet jetzt Fraktionschef Kay Wolkau den Anliegern „moralische Unterstützung“ an.

„Wir sehen die Verwaltung in der Pflicht, die Belange der Nachbarn besonders wohlwollend zu würdigen, im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten. Die Verwaltung muss dann gegebenenfalls auch eine Entscheidung im Sinne der Anlieger treffen“, sagt Wolkau.

Entscheidet die Harburger Bezirksverwaltung für den Neubau, bleibe den Anliegern, die sich gegen die Pläne wehren, nach Baubeginn noch die Möglichkeit, per Eilantrag einen einstweiligen Baustopp vor dem Verwaltungsgericht zu erwirken, sagt der Bezirksabgeordnete.