Politiker sehen Einleiten von Chemikalien für die Öl- und Gasförderung skeptisch. Bürger sollen bei Projekten mitreden

Winsen. Die Genehmigungsverfahren für die in vier Feldern in der Region geplante Förderung von Öl und Gas werden noch über Jahre andauern. Damit werden die Sorgen von Bürgerinitiativen und Anwohnern sowie die politische Kritik am möglichen Einsatz von Fracking voraussichtlich zu einem Dauerthema. Beim Fracking werden Chemikalien mit Wasser und Sand in den Boden gepresst, umso die Bodenschätze zu fördern. Den Einsatz der Technologie hat der Kreistag auf seinem Gebiet Ende Juni abgelehnt – jedenfalls solange wie eine Gefährdung von Menschen und Umwelt nicht zweifelsfrei ausgeschlossen sei.

Allerdings ändert der Beschluss nichts an der Anfang des Jahres erteilten Aufsuchungsgenehmigung für drei Firmen, die diese für die Felder Lüneburg, Oldendorf, Sittensen sowie Meckelfeld beantragt hatten. „Politische Äußerungen sind für unsere Entscheidungen nicht relevant. Wir prüfen nach dem Bundesberggesetz, ob öffentliche Interessen wie Natur, Wasser- oder Denkmalschutz betroffen sind, ob die jeweiligen Firmen zuverlässig sind und ob sie über die notwendigen finanziellen Mittel verfügen“, sagte Regierungsdirektor Christian Möller, Referatsleiter im zuständigen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) im Bauausschuss des Landkreises.

Die drei Firmen, es handelt sich um die New Yorker Blue Mountain Exploration sowie die ExxonMobil-Tochter BEB Erdgas und Erdöl in Hannover und die PRD Energy aus Berlin, stehen noch am Anfang ihrer Projekte. Erst 2017, möglicherweise nach einer Untersuchung des Bodens, dürfte eine Probebohrung beantragt werden. Nur wenn sie erfolgreich wäre, würde eine Bewilligung für die Förderung beantragt werden, die bis 2019 vorliegen könnte. Um dann tatsächlich zu fördern, müsste aber noch ein Betriebsplan vorgelegt werden. Für diesen Schritt wären einschließlich der Prüfung erneut zwölf Monat notwendig. „Das wäre aus heutiger Sicht ein grober Zeitplan bis zur möglichen Inbetriebnahme der Felder“, sagte LBEG-Abteilungsleiter Klaus Söntgerath. Die Firmen könnten die Suche aber auch abbrechen. Klar ist: Einwände von Kreis und Gemeinden müssen auch künftig gehört werden, sobald an der Oberfläche der jeweiligen Felder etwas passiert.

Trotz des langen Planungsvorlaufs: Die Skepsis gegenüber Fracking ist groß. Dies gilt nicht nur für die Politiker im Ausschuss, sondern auch für die Bürger und Vertreter von Bürgerinitiativen, die zur Fragestunde gekommen waren. So ist für sie etwa nicht entschieden, wie die zur Förderung eingebrachten Chemikalien entsorgt werden könnten. „Die wieder austretenden Flüssigkeiten werden ausgesiebt und zum Teil wieder in die Löcher gepresst“, sagte Söntgerath. Zudem verlange das Amt, dass die Firmen über die verwendeten Chemikalien informierten. Es sei nicht gesagt, dass das Fracking bei einer Förderung angewendet werde. Es sei aber auch nicht verboten. „Seit 1961 gab es bundesweit 324 Fracking-Maßnahmen. Erfahrungen über Umweltschäden liegen nicht vor“, so Möller.

Kein Grund für Gabi Meyer von der Friedensgruppe Nordheide, auf das Verteilen von Flugblättern vor der Sitzung zu verzichten. So hätten allein im Raum Buchholz 4000 Menschen eine Resolution unterzeichnet, die sich für ein sofortiges Verbot sämtlicher Formen des Fracking einsetzt, so Meyer. Die Korbacher Resolution hätten im Internet sogar 185.000 Bürger gezeichnet. Kritisiert wurde im Ausschuss zudem, dass sich die Blue Mountain Exploration auf Anfragen von Bürgern nicht geäußert habe. „Das ist zumindest ein merkwürdiges Gebaren“, sagte der Erste Kreisrat Rainer Rempe. Allerdings versicherten die LBEG-Vertreter, dass sie in Kontakt mit dem Unternehmen stünden.

Den vom Kreis vorläufig geforderten Stopp des Frackings kann auch der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) nachvollziehen. Allerdings erkennt er keine „Notwendigkeit eines generellen Verbots für Fracking-Vorhaben“, schreibt er in einem Brief an Harburgs Landrat Joachim Bordt. Mit „großer Besorgnis“ sieht der Minister allerdings die Entscheidung der Bundesregierung, erst „nach Ablauf dieser Legislaturperiode die Anpassung der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben vornehmen zu wollen“. Denn bisher ist eine Beteiligung der Öffentlichkeit bei Projekten nicht vorgesehen. Die Folgen beschreibt der FDP-Kreistagsabgeordnete Arno A. Reglitzky: „Das Amt arbeitet an der Politik vorbei.“