Kreis stellt Infotafeln für Naturschutzflächen bei Otter auf. Bürgermeister will Ausgleichszahlungen für die Gemeinde

Otter. Der Treffpunkt liegt 1,5 Kilometer südlich von Otter, an der Gabelung eines Feldwegs mitten zwischen Sträuchern, Birken, Erlen und Pappeln im Naturschutzgebiet. Dort steht am Dienstag Kreisrat Björn Hoppenstedt zünftig in Gummistiefeln, hinter ihm eine zugedeckte, neu installierte Informationstafel. Sie und zwei weitere sollen künftig Wanderern und Naturfreunden Aufschluss über die beiden Gebiete „Wümmeweiden“ und „Griesen Bült“ geben. Genau um 10.10 Uhr enthüllt der Kreisrat die erste Tafel. Für ihn ist das größte Naturschutzprojekt des Kreises nicht nur ein Zeichen für das Engagement aus Winsen, sondern zudem dafür, dass „es zwischen Landwirtschaft und Naturschutz keinen Widerspruch geben muss.“

Die gut 100 Hektar großen Flächen haben Kreis und Land erworben und sie dann an zwei Rinderzüchter verpachtet. Durch ihre Bewegungen und ihre Fressverhaltern pflegen die Tiere nun die Landschaft. So weiden sie bestimmte Kräuter und Pflanzen stärker ab als andere oder bevorzugen bei Regen standfeste Flächen, wo sie dann die Vegetation kurz halten. Damit entstehen Lebensräume, die Vögel, Schmetterlinge oder Heuschrecken dringend benötigen – ein Ökosystem, in das Menschen kaum mehr eingreifen müssen. So sollen bei Otter künftig wieder Schwarzstörche oder der Große Brachvogel heimisch werden, die zuletzt allenfalls noch gelegentlich gesichtet wurden.

Hoppenstedt ist zufrieden: „Wir haben auf 57 Hektar in den Wümmewiesen 2002 begonnen und dann 2011 den Bereich um 45 Hektar im Griesen Bült ergänzt. Das zeigt, dass die Zusammenarbeit mit den Landwirten funktioniert.“ Beide Seiten, Naturschutz und Landwirtschaft, würden profitieren.

Der Agrar-Ingenieur Matthias Keßler, der in Wistedt einen Hof bewirtschaftet, ist einer der beiden Pächter. Er hat auf seinen 60 Hektar 28 Muttertiere mit ihren Kälbern sowie einen Zuchtbullen stehen, die sich an diesem Vormittag in die hinterste Ecke einer Koppel zurückgezogen haben. Die Tiere, die das ganze Jahr auf der Weide stehen, fressen ausschließlich natürlich wachsendes Grün. „Es wird weder gedüngt noch werden Pflanzenschutzmittel gespritzt“, sagt Keßler. Für ihn passt die Haltung seiner Limousin-Rinder zu seinem Biohof, deren Fleisch über Wochenmärkte, Hofläden und die Gastronomie verkauft werden. Heinrich Brockmann dagegen, der neben den Limousine auch noch die selten Shorthorn-Rasse und Angus-Rinder hält, verkauft die auf seinem Biohof gezogenen Kälber nach sechs bis sieben Monaten vor allem an Biomäster weiter.

Auflage für die Pächter ist, dass auf einem Hektar Land nur ein Tier stehen darf. Normalerweise sind es zwei bis drei. Als Gegenleistung liegt die Pacht bei 100 Euro pro Hektar und Jahr. Für Weideland in der Region Otter müssen derzeit ansonsten rund 300 Euro pro Hektar bezahlt werden. Gerade zuletzt hat sich die hohe Nachfrage nach Flächen für den Maisanbau ausgewirkt, der für Biogasanlagen genutzt wird. Mit dem Biofleisch werden zudem höhere Verkaufspreise erzielt. „Trotz des langen, kalten Winters mit Eis und Schnee habe ich lange nicht mehr so gesunde Kälber gehabt“, sagt Keßler, der aus Sachsen stammt.

Otters Bürgermeister Herbert Busch, der an diesem Morgen ebenfalls zum Treffpunkt gekommen ist, freut sich zwar über die gesunde Natur. „Immerhin sollte hier noch Anfang der 80er Jahre ein Munitionsdepot eingerichtet werden“, erinnert sich Busch, der seit 1978 an der Spitze der Gemeinde steht. Damals hätten die Landwirte noch nicht so große Flächen benötigt. Vor allem deshalb könne heute viel Land für den Naturschutz bereitgestellt werden.

Doch nun muss die Gemeinde die Wege herrichten und für den Feuerschutz sorgen. „Das kostet Geld und mit den Flächen kann ich keine Steuern erwirtschaften“, klagt der Bürgermeister. Er fordert Ausgleichszahlungen von der Samtgemeinde Tostedt, zu der Otter gehört und natürlich vom Kreis. „Wir sind eine arme Gemeinde“, so Busch.

Eine Summe für die nötige Hilfe nennt er zwar nicht. Aber Hoppenstedt will sich ohnehin an diesem Vormittag auf nichts einlassen. „Immerhin“, entgegnet der Kreisrat, „ist Otter ja eine wachsende Gemeinde.“ Aber zufriedengestellt hat er den Bürgermeister damit offensichtlich nicht.