Die Harburger Kulturwerkstatt bat ihre Besucher in die Höhe. 120 stiegen auf den gelben Kran im Binnenhafen

Harburg. Zu den Tagen der Industriekultur am Wasser bot die Kulturwerkstatt Harburg einen besonderen Service: Besucher durften den Kulturkran in Aktion erleben.

20 Meter hoch und quittengelb steht der Portaldrehkran als Wahrzeichen des Binnenhafens am Lotsekai. 34 Jahre lang hob er Koks und Kies von Schiffen an Land und umgekehrt. Um ihn herum arbeiteten einst dickarmige Männer darüber thronte der Kranführer. Jetzt sitzt ein Knirps in der Kanzel: Der 5-jährige Thorben darf den Stahlkoloss bewegen – natürlich unter Aufsicht. Gorch von Blomberg, Mitglied der Krangruppe der Harburger Kulturwerkstatt und selbst Vater, hat den kleinen Kranführer auf dem Schoß und führt ihn behutsam.

Thorben lässt den Kran einen Sack in die Höhe heben, schwenkt das Hebezeug um 180 Grad und setzt die Last wieder ab. Gorch von Blomberg erklärt ihm, wie er die Pendelneigung der Last am besten überlistet und tatsächlich: Der Sack liegt am Ende punktgenau. Thorben ist überwältigt: „Toll!“ sagt er. Mehr Worte findet er erstmal nicht.

Andere Teilnehmer der Kranführung sind da wortgewandter, obwohl sie gar nicht an die Hebel durften. „Das ist ein bisschen wie Dom“, sagt Heike Koch. „Alles dreht sich gleichzeitig und überall ist Lärm. Besonders interessant fand ich es, die Seilmechanik innerhalb des Krans in Bewegung zu erleben.“

Gut 120 Menschen begrüßte die Kulturwerkstatt zu den „Tagen der Industriekultur am Wasser“ an und auf ihrem Kran. „Das ist weniger, als wir erwartet haben“, sagt Gorch von Bromberg. „Der nasse Sonntag hat uns da wohl einen Strich durch die Rechnung gemacht. Außerdem waren wir vor zwei Jahren, bei den ersten Tagen der Industriekultur, noch die einzige Hamburger Einrichtung, die etwas vorführte und in diesem Jahr waren es zehn. Das verläuft sich dann natürlich.“

Die Besucher konnten sich nicht nur den Kran begucken: Zu dem Ensemble der Kulturwerkstatt am Lotsekai gehört auch ein Güterwaggon des ehemaligen Bundesbahn-Ausbesserungswerks. In dem Waggon wird mit Tafeln und Exponaten über Kran und Bahn informiert.. Am Sonnabend-Abend gab es dann sogar Live-Musik.

„Wir haben für das nächste Jahr noch einen weiteren Waggon in Aussicht“, sagt Gorch von Bromberg. Das wird dann ein offener Güterwaggon für Massengüter sein, wie sie an diesem Kai häufig gesehen wurden.“

Am Lotsekai schlug die Firma Mulch bis 2006 Kohle und Baumaterialien um. Als Mulch den Standort dann verließ, schloss damit der letzte echte Umschlagbetrieb des Harburger Binnenhafens. Die Kulturwerkstatt setzte sich dafür ein, dass zumindest der Umschlagkran als milieuprägendes Element hier erhalten blieb und baute sich das Gerät zum Kulturkran um.

Dafür musste der Kran zunächst einmal restauriert werden – und fertig ist man damit noch lange nicht: „Um den Kran wieder in Vollast betreiben zu können, müssen wir die Seile noch einmal neu ziehen“, sagt von Bromberg. „Dann können wir auch den Ausleger wieder voll nutzen. Wenn das geht, ist es uns auch möglich, den Greifer an den Kran zu montieren und vorzuführen.“

Dafür muss die Krangruppe der Kulturwerkstatt erst einmal die Mittel zusammenbekommen. Dabei könnte ein Untermieter helfen: „Eine Firma aus Süddeutschland möchte den Kran nutzen, um Kranführer auszubilden.“