Nur drei waren schlechter. Renovierungsbedürftiger Zustand der Raststätte Harburger Berge Ost führt im ADAC-Test zur Abwertung

Sinstorf. Dass der ADAC der Raststätte Harburger Berge Ost, in der Michael Walter die längste Zeit des Tages verbringt, eine schlechte Gesamtnote gab, hat ihn getroffen. "Es ist nun einmal ein Altbau", sagt der 56-jährige Mitarbeiter. "Aus Alt kann man nicht Neu machen." Mit Freundlichkeit und Serviceorientierung versucht er das Manko der Raststätte wett zu machen. "Man kann nicht sagen, dass wir hier unhöflich sind. Die Kunden werden hier gut behandelt."

Das bestätigt auch das Ergebnis des ADAC-Tests. Am Service mangelt es nicht an der Raststätte Harburger Berge Ost. Der wurde mit sehr gut bewertet, genauso wie das umfangreiche Warenangebot im Shop. Ein "gut" gab es für die Sanitäranlagen. Aber als Schwächen bewerteten die Tester unter anderem den schlechten Zustand der Anlage, einen fehlenden Kinderspielplatz im Außenbereich und dass es keine Spielecke im Inneren des Gebäudes gibt sowie das "mäßig schmackhafte" Testgericht Kartoffelsalat mit Spiegelei und Schnitzel.

Und so landete die Raststätte von 40 getesteten Autobahnraststätten auf Platz 37. Lediglich die Raststätte Am Hockenheimring West und die Autohöfe Dasing und Plötzin schnitten noch schlechter ab.

Vor allem der jämmerliche Zustand der Anlage sticht sofort ins Auge. Die Jalousien sind teilweise kaputt. Das Dämmmaterial hinter den Fenstern ist gerissen. Zigarettenkippen säumen das Bordsteinpflaster. Die Farbe des Gebäudes könnte mal wieder eine Auffrischung vertragen.

"Alles ein bisschen altbacken", findet Benjamin Stein, 44, aus Bujendorf-Süsel bei Eutin. Der Reiseleiter ist oft zu Gast auf der Raststätte, da die Reisebusse ihn hier einsammeln, wenn er auf Tour geht. "Andere haben Spielplätze und alles Pipapo, aber die Raststätte hier ist auch ein kleines Ding."

Frank und Melanie Rohde aus Garbsen bei Hannover, die auf ihrer Urlaubsfahrt Richtung Norwegen einen Stopp an der Raststätte Harburger Berge einlegten, äußerten sich auch kritisch. "Die Raststätte ist schon ein bisschen heruntergekommen", sagte Frank Rohde, 42, technischer Angestellter.

Für seine Frau Melanie ist das nicht maßgeblich. Auf ihrer Prioritätenliste stehen saubere Toiletten ganz oben. "Sauber sind sie", sagte die 39-jährige Versicherungskauffrau. "Und der Mitarbeiter vom Servicepersonal bei den Toiletten war nett und zuvorkommend."

Viel mehr als saubere Toiletten erwarten die wenigsten, die auf der Durchreise sind. Die Dänen Bent Nielsen und Nancy Krabbe finden, die Klos in ihrer Heimat kommen in Punkto Hygiene und Zustand lange nicht an die an der Harburger Raststätte heran. Das ist auch der Grund für Marcel und Janina Laß aus Heide, auf ihren Ausflügen eine Rast an den Harburger Bergen Ost einzulegen. "Wir halten immer hier", sagt Marcel Laß, 33, Maschinist. "Sauber, ordentlich, übersichtlich" lautet sein Urteil. Kurz: "Reicht." Ein Fazit, was sich mit dem Endergebnis des ADAC, das die Note ausreichend vergab, deckt.

Anders als die Kunden, mit denen das Abendblatt sprach, bewertete der ADAC die Hygiene als mangelhaft, unter anderem weil die Hygienewerte des Toilettensitzes in der Behinderten-Toilette schlecht waren. "Wir sind überzeugt, dass es sich bei der Bewertung um einen Ausreißer handelt", sagte Andreas Rehm, Leiter Corporate Communications und Public Affairs vom zuständigen Unternehmen Tank und Rast. Die Firma will jetzt aber überprüfen, wie es zu dem Ergebnis gekommen ist. Offenbar gibt es ähnliche Hygienemängel an der Raststätte auf der anderen Seite der Autobahn (Harburger Berge West). Die Raststätte wurde vom ADAC nicht getestet, aber das Abendblatt schaute sich auch dort um.

Frank Hansen, 46, der die Herrentoilette an der Raststätte aufsuchte, erzählte haarsträubende Geschichten. Er habe Schamhaare im Urinal vorgefunden. "Als ob sich jemand rasiert hätte", so der Maurer. Viel schlimmer sei aber noch der Umgang der Vorgesetzten mit der Toilettenservicekraft. "Sie hat ihn angeschrien, er solle sich mal beeilen", erzählte Frank Hansen. "Das muss nicht sein. Das geht auch freundlicher", betonte seine Frau Manuela, 37, Hausfrau. Sie jedenfalls möchte nicht an der Raststätte arbeiten.

Die Arbeit an den Raststätten Harburger Berge Ost wie West scheint in der Tat alles andere als ein Vergnügen zu sein. "Wir werden hier wie Sklaven behandelt", sagte ein Mitarbeiter an der Raststätte Harburger Berge Ost über den Umgang des Pächters mit dem Personal.

Andreas Rehm von Tank und Rast GmbH sagte dazu: "Generell erwarten wir von unseren Pächtern, dass sie mit ihrem Personal respektvoll, kollegial und kooperativ umgehen." Mitarbeiter an Raststätten seien aber immer Angestellte des Pächters vor Ort und es bestehe kein direktes Arbeitsverhältnis gegenüber Tank und Rast. Die Einflussmöglichkeiten seien daher also begrenzt. "Wir gehen solchen angeblichen Vorfällen aber konsequent nach, wenn sie uns gemeldet werden."

Für das schlechte Testergebnis fühlt sich das Unternehmen nur in Teilen verantwortlich. Die Verkehrsgestaltung falle nicht in den Verantwortungsbereich von Tank und Rast, erklärte Rehm. "Der Außenbereich und die Parkplätze unterstehen der Verwaltung des Bundes und der Länder." Die fehlende Kinderspielecke im Innenraum und den nicht vorhandenen Spielplatz draußen, begründet Andreas Rehm mit "räumlichen Gegebenheiten", die deren Einrichtung nicht zugelassen hätten.

Vielleicht wird bald aber sowieso alles anders an der Raststätte Harburger Berge Ost. Im Herbst übernimmt ein neuer Pächter den Betrieb. Michael Walter, der Mitarbeiter im Tankstellenshop an der Raststätte sagte, dass die Raststätte dann auch entscheidend umgebaut werden solle. Bis dahin übt er sich in Geduld und behandelt seine Kunden weiterhin freundlich und höflich.