Steinkirchener Rat beendet Diskussionsprozess der Arbeitsgruppe Einheitsgemeinde Lühe per Votum. Bürgermeister der Samtgemeinde Lühe ist enttäuscht.

Steinkirchen/Jork. Es war die große Vision des ehemaligen Jorker Bürgermeisters Rolf Lühmann, zumindest zunächst die Erste und Zweite Meile Altes Land als große Einheit zu verschmelzen. Nun sind alle kühnen Träume einer großen Altländer Kommunalhochzeit zwischen der Einheitsgemeinde Jork und der Samtgemeinde vorläufig ausgeträumt. Das hat der Gemeinderat Steinkirchen jüngst mit drei Stimmen Mehrheit beschieden. Mit den sechs Stimmen der CDU-Fraktion und einer SPD-Stimme stoppten die Steinkirchener vorerst einen kommunalen Wandel. Denn vor einem Altländer Zusammenschluss hätte die Wandlung der Samtgemeinde Lühe zur Einheitsgemeinde stehen sollen.

Hans Jarck (SPD), Bürgermeister der Samtgemeinde Lühe hatte stets die Auffassung vertreten, dass alle sechs Mitgliedsgemeinden seiner Samtgemeinde nur im einigen Schulterschluss und unter Wahrung der Bürgernähe gemeinsam an diese Aufgabe gehen. "Wenn einer nicht will, ist das Thema vorerst komplett vom Tisch", sagt Jarck. Völlig unverständlich sei ihm dennoch die Steinkirchener Ratsentscheidung, suspekt und schleierhaft, da der vorbereitende Diskussionsprozess noch gar nicht abgeschlossen war, sagte Jarck dem Abendblatt.

Vor einem Jahr seien sich die Kommunalpolitiker einig gewesen, in einem Arbeitskreis alle Aspekte der Bildung einer Einheitsgemeinde zu analysieren und abzuwägen. Und Bürgermeister Jarck macht keinen Hehl aus seiner Enttäuschung über das Steinkirchener Votum. "Wir sind in den sechs Mitgliedsgemeinden der Samtgemeinde 68 Ratsmitglieder und drei bremsen nun alle Diskussionen aus", sagt Jarck. "Der Prozess wurde damit viel zu früh abgebrochen, es ist schade, dass ohne Not so eine Chance vertan wird." Jarck ist sicher, dass eine Einheitsgemeinde Lühe damit nicht verhindert wird, sie werde halt später kommen.

Das sieht Steinkirchens Bürgermeister Michael Gosch (CDU) ganz anders: "Wir haben uns vor unserer Entscheidung mit verschiedenen Referenten beraten. Mit einer Einheitsgemeinde würde sich im Wesentlichen nichts verändern. Allerdings würden wir unsere Planungs- und Finanzhoheit ohne Not opfern."

Zudem ist Gosch überzeugt, dass man in einer Samtgemeinde viel näher am Bürger bleibe. "Was ist denn in einer Einheitsgemeinde Jork besser, außer dass Jork mehr Schulden hat als wir", sagt Gosch. Wenn sich Bevölkerungszahl, Finanzkraft und die Ratsarbeit ohnehin nicht ändern, könne man es auch gleich lassen.

Zudem sehe er auch gute Gründe, warum sich im Landkreis Stade von zehn Gemeinden acht für das Samtgemeinde-Prinzip entschieden haben. Und Gosch will sich der Erwägung einer gemeinsamen Gemeinde Altes Land nicht grundsätzlich verschließen, da müsse es aber vorher nicht eine Einheitsgemeinde Lühe geben. Auch die theoretische Variante, dass Jork als siebte Gemeinde einer "Samtgemeinde Altes Land" beitreten könne, wäre eine Option.

Für die Jorker Politiker ist das Thema nun ohnehin vom Tisch. "Im Rat wird es keine weiteren Prüfungen zum Thema Fusion mit der Samtgemeinde Lühe geben", sagt Matthias Riel, Allgemeiner Vertreter des Jorker Bürgermeisters gegenüber dem Abendblatt.

Denn anders als sein Amtsvorgänger Lühmann, sieht Jorks amtierender Rathauschef Gerd Hubert (Bürgerverein Jork) ohnehin keine Perspektive für eine Zusammenführung beider Gemeinden. Bereits vor seiner Wahl zum Bürgermeister sah Hubert zwar "Einsparungspotenzial unter anderem in der interkommunalen Zusammenarbeit" und sagte aber mit Blick auf Pläne, eine Fusion mit der Samtgemeinde Lühe anzustreben: "Ich bin gegen eine Einheitsgemeinde Altes Land."

Pragmatiker Lühmann argumentierte seinerzeit für seine Fusions-Vision, "man muss das enorme Einsparpotenzial, das eine interkommunale Zusammenarbeit bietet, als Vorteil sehen". Samtgemeinden seien teuer und nicht mehr zeitgemäß. Zudem könnten in einer Einheitsgemeinde Altes Land wichtige Entscheidungen schneller getroffen werden.

Dieser Argumentation hatte sich auch Hans Jarck angeschlossen. "Für den Bürger bliebe quasi alles beim Alten, allerdings würde es weniger Ehrenämter in der Politik geben. Der heutige Rat würde statt mit 68 Mandatsträgern nur noch mit 37 Ratsmitgliedern effektiver und schneller Entscheidungen treffen."

Die Vorteile interkommunaler Zusammenarbeit lägen klar auf der Hand, so Jarck. "Vieles wurde zum Beispiel mit gemeinsamen Leader-Projekten in den Samtgemeinden Horneburg und Lühe sowie der Einheitsgemeinde Jork erreicht. Auch im Bestreben um den Welterbestatus ziehen beide Altländer Gemeinden erfolgreich an einem Strang", sagt Jarck. Zudem gebe es im Alten Land ohnehin keine sichtbaren Grenzen zwischen Lühe und Jork. Vieles, wie die Abwasserbeseitigung oder Tourismus, Kunst- und Kulturprojekte werde schon gemeinsam organisiert.

Eine Fusion mit Jork würde aus beiden Kommunen mit rund 24.000 Einwohnern eine schlagkräftige Gemeinde Altes Land machen. Grund genug für Jarck, nach der Sommerpause noch einmal alle Bürgermeister seiner Samtgemeinde an einen Tisch zu holen, Skeptiker und Befürworter zu Wort kommen zu lassen und Möglichkeiten einer "kleinen Lösung" auszuloten.