Ein Erfahrungsbericht von Ines van Rahden

Meine Tochter besucht die erste Klasse einer "Schule für Alle", deren besonderes Anliegen die Integration von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf und deren schulischer und persönlicher Erfolg ist. Als Johannas Klassenlehrerin drei Monate nach der Einschulung alle Eltern um ein Gespräch bat, dachten wir, es ginge um organisatorische Planungen. Doch der Anlass war ein anderer: Die Pädagogin informierte uns, dass zur Klassengemeinschaft ein Junge gehört, der am Asperger-Syndrom leidet. Diese Form des Autismus ist gekennzeichnet von einer tief greifenden Entwicklungsstörung mit Schwächen in der sozialen Interaktion und Kommunikation. Seine Klassenkameraden spricht der Junge nie mit Namen an. Wenn er aufgeregt ist, schlägt er mit den Armen um sich. Er wird wütend, wenn seine Ordnung durcheinander gerät, interagiert viel auf körperlichem Wege.

Die Entscheidung, den Autisten nicht auf eine Förderschule zu schicken, trafen seine Eltern und die Schulleiter nach intensiver Diskussion gemeinsam. Alle sind sich einig, dass das für den Jungen der richtige Weg ist. Beim Rechnen und Schreiben gehört er zu den Besten. Meine Tochter profitiert in vielfältiger Hinsicht. Sie erzählt zwar oft, dass er "komische Sachen" macht, freut sich aber, ihm zu helfen und mit ihm Aufgaben zu erledigen. Für sie ist der Umgang mit ihm völlig "normal". Warum sollte das in inklusiven Klassen anders sein?