Der Energieriese Exxon Mobil plant in Seevetal und Stelle Öl zu fördern. Wasser- und Landschaftsschutzgebiete sind Argumente dagegen. Betroffene Anwohner wurden nicht informiert.

Winsen/Meckelfeld/Stelle . Der Landkreis Harburg steht möglichen Erdölförderplänen in den Gemeinden Seevetal und Stelle sehr skeptisch gegenüber. "Nach Kenntnisstand der Daten des Landkreises Harburg ist das Gebiet für eine Erdölgewinnung nicht geeignet", sagte Carsten Peters, Leiter Städtebau und Raumplanung in der Stabsstelle Kreisentwicklung und Wirtschaftsförderung, dem Hamburger Abendblatt auf Anfrage.

Bei dem Gebiet handelt es sich um das sogenannte "Bewilligungsfeld Meckelfeld", einer Fläche von 37 Quadratkilometern, die von Fliegenberg bis Bullenhausen und von Meckelfeld bis Maschen und Stelle reicht. Die Rechte hat die BEB Erdgas und Erdöl GmbH, die ihre Produktionsaktivitäten an die Exxon Mobil Production Deutschland GmbH ausgegliedert hat.

Die BEB, und damit Exxon Mobil, hatte die Bewilligung bereits im August 2012 vom Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) in Clausthal-Zellerfeld bekommen. Sie ist gültig bis zum 14. August 2015 und könnte verlängert werden. Außer dem "Bewilligungsfeld Meckelfeld" liegen im östlichen Landkreis Harburg die "Erlaubnisfelder Oldendorf und Lüneburg" sowie im Westen das "Erlaubnisfeld Sittensen". Erst nach der niedersächsischen Landtagswahl am 20. Januar dieses Jahres war bekannt geworden, dass das LBEG die Aufsuchungserlaubnis erteilt hat. Der Widerstand in der Bevölkerung nimmt seither zu.

Allerdings hat Exxon Mobil derzeit noch keine Erlaubnis, tatsächlich Erdöl im "Bewilligungsfeld Meckelfeld" zu fördern, und wenn ja mit welcher Fördermethode - also etwa auch mit dem umstrittenen Fracking, bei dem giftige Chemikalien mit Wasser und Sand in den Boden gepresst werden, um Gesteinsrisse zu erzeugen und so an Gas- und Ölvorkommen zu gelangen. Und der Konzern ist auch noch nicht in Clausthal-Zellerfeld vorstellig geworden: "Dem LBEG liegen keine Betriebsplananträge seitens des Unternehmens BEB Erdgas und Erdöl GmbH für das Bewilligungsfeld Meckelfeld vor", sagte LBEG-Sprecher Andreas Beuge auf Anfrage.

Derzeit wertet Exxon Mobil alte Daten aus und prüft, ob das Meckelfelder Gebiet noch einmal für die Erdölgewinnung genutzt werden könnte. In der Fachsprache heißt das "Reinterpretation von Daten und Erstellung eines geologischen Modells" sowie "Erstellung eines Reservoirmodells".

Damit in den Gemeinden Seevetal und Stelle tatsächlich wieder Erdöl gefördert werden darf, müsste das Landesamt erst grünes Licht geben. Dazu müssten aber vorab die Untere Wasserbehörde, die Raumordnungsbehörde und die Naturschutzbehörde des Landkreises Harburg angehört werden. Der Landkreis wiederum würde die Gemeinden Seevetal und Stelle beteiligen.

Schon jetzt betont Carsten Peters, dass vom Landkreis Harburg keine positive Stellungnahme zu erwarten sei. Er begründet das zum einen mit der Besiedlungsdichte in Seevetal und Stelle und verweist zum anderen auf das Naturschutzgebiet "Untere Seeveniederung", gleichzeitig ein Flora-Fauna-Habitat und ein Vogelschutzgebiet. Dann gibt es noch das Flora-Fauna-Habitat "Seeve", die Landschaftsschutzgebiete "Landschaftsteile in Stelle", "Landschaftsteile an der A 7", "Höpen" und "Maschener Moor". Und dann ist da noch das Wasserschutzgebiet Maschen.

Carsten Peters' Bilanz: "Entweder stehen im Bewilligungsfeld Häuser oder es gibt den Rangierbahnhof Maschen, Naturschutz-, Landschaftsschutz- und Wasserschutzgebiete. So richtig bewegen kann man sich kaum."

Zudem gibt es noch ein Problem: Das Grundwasser nördlich des Rangierbahnhofs ist versalzt - südlich davon liegt das Wasserschutzgebiet. "Beim Bohren könnte das Salz in tiefere Schichten dringen", sagte Carsten Peters.

Selbst die direkt Betroffenen, also die Gemeinden Seevetal und Stelle, hatten noch keinerlei Gelegenheit, ihre Meinung zu dem möglichen Fördergebiet vor ihrer Haustür zu äußern, geschweige denn, dass sie über die Pläne überhaupt informiert wurden. "Wir haben erst über mehrere Ecken davon erfahren", sagte Seevetals Bauamtsleiter Gerd Rexrodt und konnte seine Empörung nicht verbergen. Ebenso erging es der Gemeinde Stelle, die sich sogleich mit Seevetal abstimmte und zunächst in das Thema einarbeitete.

Erst auf zig Nachfragen habe es Informationen von der verantwortlichen Firma Exxon Mobil gegeben, sagte Gerd Rexrodt und fügte hinzu, dass sich immerhin ein Vertreter aus der Hannoveraner Niederlassung nach Hittfeld bemühte und in nicht öffentlicher Sitzung über das Fracking-Verfahren als solches und die Pläne im "Bewilligungsfeld Meckelfeld" informierte.

Ebenso wie Uwe Sievers, Bürgermeister der Gemeinde Stelle, geht Gerd Rexrodt davon aus, dass die Gemeinde im nächsten Schritt gehört wird - also dann, wenn Exxon Mobil die sogenannten Betriebsplananträge beim Landesamt einreicht.

"Wir haken regelmäßig beim LBEG nach, wann es so weit ist", sagte Sievers. Trotzdem hält er es für durchaus möglich, dass die Gemeinden bei der Anhörung umgangen werden und nur der Landkreis zu Wort kommt. Für umso wichtiger hält er deshalb die enge Abstimmung untereinander. Die Stimmung in Stelle sei sehr kritisch, fügte er hinzu. Und das liege vor allem daran, dass man vollkommen uninformiert sei und sich noch gar kein echtes Bild von dem Vorhaben habe machen können. Auch in Seevetal ist die Frustration groß. Das Bewilligungsfeld Meckelfeld decke sich ja teilweise mit dem Wasserschutzgebiet Maschen, sagte Gerd Rexrodt. Dass gerade dieses Argument bisher keine Rolle gespielt hat, ist aus seiner Sicht unverständlich. "Wir haben darauf bereits hingewiesen, aber es läuft alles ins Leere", sagte er. Das LBEG habe aufgrund des Bergbaurechts einfach nicht die Möglichkeit, der beantragenden Firma die Bewilligung zu verwehren.

Die Konsequenzen einer solchen Verfahrensweise liegen seiner Meinung nach auf der Hand. "Am Ende heißt es, dass man aufgrund der Sachzwänge nicht anders kann." Damit meint er: Zuerst wird beschwichtigt, dass es doch nur vorbereitende Schritte sind und ja noch gar nicht gebohrt wird. Und dann heißt es plötzlich, dass man nun schon so weit ist, da kann man doch nicht mehr zurück.