Rucola war lange in Vergessenheit geraten. Der Trend zu mediterraner Kost brachte den einst als Rauke bekannten Kreuzblütler wieder auf die Teller

Buchholz . Lange war er in Vergessenheit geraten, jetzt peppt der Rucola mit seiner Schärfe wieder viele Speisen auf. Bereits seit dem Mittelalter kultiviert, damals unter dem Namen Rauke bekannt, kam Rucola unter dem italienischen Namen vor einigen Jahren wieder in Mode. Heiner Harwege baut die filigranen Blätter auf etwa 150 Quadratmetern in der Nähe von Dahlenburg an. "Man unterscheidet bei Rucola zwei Sorten: wilde- und zahme Rauke", sagt er. Harwege baut die wilde Rauke an. Wer Rucola kaufen wolle, meine in der Regel die wilde Rauke mit den filigranen Blättern. "Die zahme Rauke hat rundere Blätter und ist etwas milder im Geschmack als die wilde Rauke", erklärt Heiner Harwege. Grund für den Geschmack sind die in ihr enthaltenen Senföle.

Diese sekundären Pflanzenstoffe können die Vermehrung von Viren und Bakterien hemmen. Besonders bei Harn- und Atemwegsinfektionen stärken Senföle die Schleimhaut und helfen so der körpereigenen Abwehr. Sie bestimmen außerdem den scharfen, aromatischen und leicht bitteren Geschmack. Der erinnert in gewisser Weise an Rettich oder Kresse. "Je zarter die Rauke, desto weniger scharf ist sie", so Heiner Harwege. Zum größten Teil besteht Rucola jedoch, wie alle Salate, aus Wasser. Knapp 92 Prozent macht es aus. Doch trotzdem stecken in den Blättern noch viele weitere Nährstoffe. Mit 62 Milligramm pro 100 Gramm ist besonders viel Vitamin C in der Rauke - sogar mehr als in einer Orange.

Vitamin C stärkt nicht nur das Immunsystem, es hilft auch beim Abnehmen. Zusammen mit Niacin und Vitamin B6 steuert Vitamin C die Produktion von L-Carnitin. Das ist für die Fettverbrennung in der Muskulatur zuständig. Für den Menschen ist es lebensnotwendig, Vitamin C über die Nahrung zu sich zu nehmen. Anders als viele Tiere, zum Beispiel Hunde oder Kälber, kann der Mensch das Vitamin nicht selbst über die Leber produzieren.

Gepflanzt wird Rucola in Sätzen. Bereits seit Anfang März werden die Kreuzblütengewächse auf dem Demeter-Hof Harwege angebaut. "Weil wir in Sätzen pflanzen, können wir in der Regel bis Oktober oder sogar November ernten", sagt der gelernte Landwirt Harwege. Schluss mit der Ernte sei, wenn die Temperatur unter zehn Grad falle. Dann wächst die Rauke nicht mehr. Diese Temperatur gilt es auch im Frühling zu erreichen. Damit es, trotz des langen Winters, bereits die ersten scharfen Blätter gibt, baut Harwege zunächst unter Folie an. Später kommen häufig Kulturschutznetze auf die Kreuzblütengewächse. "Das hat nichts mit der Temperatur zu tun. Die Netze sind wie kleine Fliegengitter und schützen den Rucola davor, von Wild abgefressen zu werden", erklärt Harwege. Dass es Zeit für die Ernte ist, erkennt er an der Größe der Blätter. "Wenn die Blätter etwa 15 Zentimeter lang sind, haben sie die richtige Schärfe", sagt er. Von Hand wird der Rucola über dem Wurzelansatz abgeschnitten. So treibt die Pflanze ein zweites Mal aus. Damit die Blätter beim Kunden lange frisch sind, werden sie möglichst am Nachmittag vor dem Wochenmarkt geerntet. "Blattgemüse sollte nachmittags geerntet werden, weil sonst der Nitratgehalt zu hoch sein kann", sagt Harwege. Nitrat ist ein Salz, dass im Boden natürlich vorkommt, aber auch durch Kunstdünger auf die Felder gelangt. Im Körper, wird es zu Nitrit umgewandelt und bildet mit Aminen sogenannte Nitrosamine.

In Tierversuchen waren diese krebserregend. Ob das Krebsrisiko durch die Aufnahme von Nitrat auch für Menschen ansteigt, ist bisher unklar. Um den Nitratgehalt so gering wie möglich zu halten, erntet Harwege seine Rucolablätter nachmittags. "Nachts wird das Salz aus dem Boden aufgenommen, deshalb ist der Gehalt morgens natürlich am größten", sagt er. Tagsüber werde Nitrat dann zur Eiweißbildung verwendet und so abgebaut. Nach den Demeter-Standards verzichtet der Landwirt außerdem auf Kunstdünger, das mindert das Nitrat-Risiko zusätzlich.

Dass der Rucola wirklich frisch ist, erkennt man am Blatt. Wirkt das knackig und straff, sind die Blätter frisch. "Gelbe oder spannungslose Blätter sollte man lieber nicht kaufen", so der gelernte Landwirt. Denn je besser und frischer die Blätter, desto mehr Vitamine und Mineralstoffe sind enthalten. Außerdem bleiben sie so länger frisch. "Unser Rucola ist gute fünf Tage haltbar", sagt Heiner Harwege weiter.

Aufbewahrt werde er am besten im Gemüsefach des Kühlschranks in einer gelochten Kunststofftüte. So würde den Blättern die Feuchtigkeit nicht entzogen, gleichzeitig bilden sich durch die Luftzirkulation keine Bakterien.

In Russland und Indien werden die Blätter de Rucola nicht nur zum Würzen benutzt, aus ihnen wird auch ein fettes Öl gewonnen. Das sogenannte Rauken- oder Jambaöl wird für Speisen, für medizinische Zwecke oder als Brennöl verwendet. Auch aus den Samen der Rucola-Pflanze kann ein scharfes Öl gewonnen werden. Das wird in Indien gern für scharfe Saucen verwendet. Falsch ist es jedoch, Rucola mit Löwenzahn gleichzusetzen. Die Pflanzen ähneln sich zwar in der Form des Blattes, doch botanisch haben sie keine Gemeinsamkeiten: Rucola ist ein Kreuzblütengewächs, während Löwenzahn zu den Korbblütlern zählt. Rucola kann im Freiland von Anfang April bis Anfang September in Reihen ausgesät werden. Der Reihenabstand sollte zirka 15 Zentimeter betragen. Die Samen werden in 1 cm tiefe Rillen gelegt, abgedeckt und gut angegossen. Im Gewächshaus ist Rucola gut als Nachkultur geeignet.