Buxtehuder soll zahlreiche Tiere vernachlässigt haben. Aktivisten kritisieren zögerliches Eingreifen der Amtsveterinäre. Tierschutzaktivisten fühlen sich nicht ernst genommen.

Stade/Buxtehude. Verendetes Geflügel, tote Kaninchen, ein krankes Pferd mit offener Fleischwunde und ein totes Fohlen sind die Bilanz allein aus diesem Jahr, die Anzeigen gegen Tierhalter Willi T. aus Buxtehude nötig machten, so Andrea Althaus von der Initiative Haustierrechte. Bei ihr laufen die Hinweise von Bürgern auf, die Notfälle melden. "Wir gehen solchen Hinweisen natürlich nach", sagt Althaus, die gemeinsam mit Kirsten Born, langjährige Vorsitzende der Stader Tierhilfe, solche Fälle prüft und bei Verdacht von Verstößen gegen das Tierschutzgesetz das zuständige Kreisveterinäramt informiert. Immer wieder werden brisante Fälle wie diese bekannt, die den Verdacht des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz nahelegen. Die mutmaßlichen Täter? Oft Tierhalter, die als Wiederholungstäter seit Jahren bekannt sind. Sie bringen das Kreisveterinäramt in die Kritik von Tierschützern. Das Leid der Tiere werde von den Amtsveterinären nicht mit klaren Sanktionen verhindert, sagen sie.

Während das zuständige Veterinäramt auf die Gesetze verweist, fühlen sich die Tierschutzaktivisten nicht ernst genommen. So auch in den aus der Feldmark bei Dammhausen gemeldeten Fällen des Willi T., gegen den seit Jahren immer wieder Anzeigen beim Kreisveterinäramt erstattet wurden.

Im aktuellen Fall stand eine Kleinpferdstute verstört in einem zugigen Bretterverhau mit defektem Dach, durch den eisiger Frostwind pfiff. Neben der Stute: Deren totes neugeborenes Fohlen. Der Körper war festgefroren auf einer Schicht von Pferdeexkrementen. Das Fell der völlig entkräftet wirkenden Mutterstute war von Blut und Fruchtwasser im Bauchbereich und an den Beinen verklebt, teilweise war das Sekret am Fell festgefroren.

Die Stute gehört zu einer Herde von zwölf Pferden, von denen drei offenbar ohne Wetterschutz auf einer mit Stacheldraht abgetrennten Koppel Sturm und Frost ausgeliefert waren. Neun weitere Pferde darbten auf der verwahrlosten Nachbarweide. Darauf: gefrorene Erdschollen und vereister Pferdemist. Ein normales Bewegen oder Warmlaufen, war den Tieren dort nicht möglich.

Sichtbar von quälendem Durst geplagt haben sie dort wohl mehrere Tage ohne Wasser ausharren müssen. Darüber informierten Spaziergänger die Stader Tierschutzaktivisten, die das sofort dem Kreisveterinäramt meldeten. Mit dem Hinweis "Gefahr im Verzuge für die Tiere" machten sie auf die Dringlichkeit schneller Hilfe für die Pferde aufmerksam. "Wir warteten Stunden bis zum Abend vergeblich bei den Pferden, es wurden weder Wasser noch wärmendes Stroh gebracht, obwohl die Veterinärbehörde es zugesagt hatte", sagt Andrea Althaus. Es dauerte zwei weitere Tage, und bedurfte einer weiteren Anzeige bei der Buxtehuder Polizei, bis Amtstierärztin Sibylle Klotz die Notlage der Pferde begutachtete und dann Pferdebesitzer Willi T. (Name der Redaktion bekannt) die Auflage erteilte, seine Tiere in Ställen unterzubringen und zu tränken. "Alle Pferde machten einen ungepflegten Eindruck, ihr verklebtes Fell bot bei keinen isolierenden Schutz", beschreibt Kirsten Born die Situation. Das Auffälligste, so die Tierschützerin, war der Durst der Tiere, die offenbar tagelang nicht vorschriftsmäßig getränkt worden waren. Das Tränken mit sauberem Wasser schreiben das Tierschutzgesetz und die Leitlinien zur Pferdehaltung unter Tierschutzaspekten "dreimal täglich" vor.

"Ja, die Tierhaltung dort war nicht in Ordnung", bestätigt Amtstierärztin Sybille Witthöft gegenüber dem Abendblatt. Deshalb habe man den Halter auch die Auflage erteilt, die Tiere aufzustallen, so Witthöft. Auch müsse er nun den Pferdebestand von 22 auf acht Tiere reduzieren. Die zeitliche Spanne zwischen Anzeige und Aufstallung erkläre sich dadurch, dass zunächst die Befolgung der ersten Anordnung abgewartet werden musste, bevor zur "nächst schärferen" Anordnung, der Aufstallung, gewechselt werden konnte, so die zuständige Dezernentin Nicole Streitz vom Landkreis. Sie verweist auf die gesetzlichen Vorgaben. Erst nachdem der Pferdehalter seinen Pflichten nicht nachkam, habe man weitere Schritte erwägen können. Zudem habe Willi T. den Standort der Pferde trotz Nachfrage dem Veterinäramt verschwiegen, so Streitz. Andrea Althaus und Kirsten Born sind überzeugt, dass das späte Eingreifen der Veterinäre das Leiden der Tiere verlängert habe. "Wir haben den Standort präzise angegeben, eine Verwechslung mit Tieren auf einer amtsbekannten weiteren Weide von Willi T., ist für uns unerklärlich, zumal der Mann dem Amt seit Jahren bekannt ist", sagt Althaus. Sie bringt auf den Punkt, was Tierschützer, die mehr Konsequenz bei Gesetzesverstößen fordern, nach eigener Aussage seit Jahren erleben: "Statt unsere Arbeit als Unterstützung im Interesse der Tiere zu sehen, werden wir als lästige Dilettanten abgewimmelt", sagt Althaus.

Gisela Sieberg, mehr als 20 Jahre für die Tierhilfe Stade aktiv, erlebt die Zusammenarbeit heute noch "so unbefriedigend wie all die Jahre zuvor. Wir handeln uns oft Ärger ein, werden ausgebremst und wenn es hart auf hart kommt, bescheinigt uns das Veterinäramt, dass wir keine Ahnung haben. Am Elend vieler Tiere ändert sich nichts", sagt Ingrid Hampe, die in Buxtehude 13 Jahre den Tierhilfe-Verein "Bully & Co." geleitet hat. "Dabei sollten wir doch im Interesse der Tiere an einem Strang ziehen", sagt Beate Dowson, Vorsitzende der Tierhilfe Stade. "Wir fühlen uns oft nicht ernst genommen."