Es wäre die fünfte auf einer Länge von 600 Metern. Mit Brücken hat der südlichste Stadtbezirk Hamburgs so seine Probleme.

Harburg. Die katholische Kirche hat ihn in Papst Franziskus gerade gefunden, einen neuen Pontifex, einen Brückenbauer. Harburg sucht ihn noch. Mit Brücken hat der südlichste Stadtbezirk Hamburgs so seine Probleme. Ob es nun um das Viadukt über den Lotsekanal im Binnenhafen geht, oder die Landschaftsbrücke, die einmal B 73 und die Bahntrasse überspannen soll - beide Projekte offenbaren schon in der Planungsphase Konfliktpotenzial en masse. Mit dem kleinen Unterschied, dass im ersten Fall wenigstens klar ist, wo genau die Brücke (ent)stehen soll.

Allein in die Standortsuche für den neuerlichen Brückenschlag über die Harburg trennende Doppelbarriere B 73 und Bahnrasse sind bereits 6000 Euro geflossen. Dabei wird es offenbar nicht bleiben. Der Harburger Stadtplanungsausschuss plädierte in seiner jüngsten Sitzung dafür, weitere rund 25.000 Euro in eine Machbarkeitsstudie zu investieren. Gut angelegtes Geld, findet der Ausschussvorsitzende Muammer Kazanci (SPD): "Ohne solche Projekte würden wir uns schließlich auch aller Chancen berauben, Fremdmittel einwerben zu können."

Harburgs Christdemokraten zweifeln derweil generell an der Sinnhaftigkeit einer neuen Landschaftsbrücke. So fragte Rainer Bliefernicht in besagter Sitzung Kazanci: "Wie wollen sie dem Bürger eigentlich die dann dritte Brücke auf einer Strecke von 50 Metern vermitteln?" Und brachte damit das Hauptargument der Projektkritiker auf den Punkt. Denn zwischen der Seehafenbrücke und der Fußgängerbrücke an der Hans-Fitze-Straße existieren bereits zwei weitere Querungen: der Tunnel zwischen Harburger Schloßstraße und Neue Straße sowie die Fußgängerbrücke in Verlängerung des Schellerdamms zum Großen Schippsee - und das alles auf einer Gesamtlänge von etwa 600 Metern.

Die beauftragten Landschaftsarchitekten Hahn Hertling von Hantelmann hatten jetzt vier verschiedene Standorte für einen fünften Brückenschlag in den Binnenhafen präsentiert. Die Vorschläge Schwarzenberg-Blohmstraße und Wallgraben-Blohmstraße sind schnell verworfen worden. Doch auch die Querungen von der Hans-Fitze-Straße zur Ecke Schellerdamm/Karnapp (Plan A) und vom Schoßmühlendamm zur Harburger Schloßstraße (Plan B) sind nicht nur wegen ihrer Nähe zu bereits bestehenden Übergängen umstritten (siehe Grafik). Die Verwaltung sähe gern Plan A verwirklicht, wie Bauamtsleiter Carl-Henning von Ladiges wissen ließ. Sowohl im Schippsee-Quartier als auch dem geplanten neuen Viertel mit mehr als 750 Wohneinheiten am Schellerdamm passiere in naher Zukunft so viel, dass die neue Querung dort am sinnvollsten sei. Zumal diese Variante im Vergleich zu Plan B mit 4,2 Millionen Euro um 1,2 Millionen Euro billiger wäre. Vom Umfeld her allerdings auch um einiges pikanter. Denn zum Hans-Fitze-Haus an der südlichen Rampe soll die innerstädtische Trinkerszene verlagert werden. Und die nördliche Rampe endet unweit eines Rotlicht-Etablissements am Karnapp.

Selbst die Grünen, die von einem Projekt Landschaftsbrücke naturgemäß begeistert sein müssten, geben sich erstaunlich ambivalent. "Wir tendieren zum Plan B, weil auf diese Weise der ursprünglichen Idee einer geschlossenen Achse zwischen dem Phoenix-Center im Süden und der Schloßinsel im Norden am ehesten Rechnung getragen würde", sagte der neue Fraktionschef Kay Wolkau dem Abendblatt. Wichtig sei aber ein wirklich nachhaltiger Effekt für die Innenstadt, um die "psychologische Barriere B 73/Bahntrasse" endlich überspringen zu können. Wolkau: "So gesehen ist die Brücke am Schellerdamm angesichts der künftig zu erwartenden Verkehrsströme vielleicht doch die bessere Lösung."

"Solche Brückenlösungen bringen uns doch nicht weiter", sagt CDU-Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer. "Da wäre es ja fast sinnvoller noch mal über Fahrstühle an der bereits existierenden Fußgängerbrücke am Schellerdamm nachzudenken, um sie behindertengerechter zu machen." Nein, wenn schon visionär, dann richtig. Die Trennung zwischen Binnenhafen und Harburger City könne langfristig und nachhaltig nur überwunden werden, wenn die Bahntrasse verschwände.

"Wir brauchen die Bahn parallel zur B 73 doch gar nicht. Man könnte den Güterverkehr ab Hausbruch parallel zur Autobahn 7 führen und dann per Tunnel unter der Haake Richtung Maschen lenken", so Fischer. Mehrere Gutachten, unter anderem von der TU Hannover, hätten die Machbarkeit solch eines Masterplans nachgewiesen samt Möglichkeiten einer entsprechenden Gegenfinanzierung: "Natürlich nicht heute und morgen. Wir reden hier über eine Realisierung im Laufe der nächsten 20 Jahre." Eine wie auch immer geartete Landschaftsbrücke würde ja auch nicht viel eher gebaut: "Bei der angespannten Haushaltslage sind auf absehbare Zeit eh keine Mittel aus Hamburg zu erwarten."