20 Helfer räumten die Halle am Wochenende auf, damit dort wieder Veranstaltungen angeboten werden können. Bauliche Verändeurungen sind notwendig.

Es gibt viele Unterstützer, die dem Wilhelmsburger Kulturschaffenden Mathias Lintl helfen, die Soulkitchen Halle an der Industriestraße 101 als Veranstaltungsort zu sichern. Brandschutz und Fluchtwege müssen hergestellt werden, um behördliche Genehmigungen für den weiteren kulturellen Betrieb in der Halle zu erhalten. Mehr als 20 Freiwillige kamen am Sonnabend und am Sonntag, um beim Umbau mit anzupacken. Sie brachten von zu Haus ihre Werkzeuge mit: Bohrmaschinen, Zangen, Trennschleifer, Kettensägen und nicht zuletzt dicke Vorschlaghämmer. Selbst Container zum Abtransport von zehn Kubikmeter Bauschutt organisierten Helfer auf eigene Kosten. Die Arbeit ist für alle Ehrensache. Lintl sorgte zum Dank für Grillwürste und Getränke

Holzplatten, mit denen Regisseur Fatih Akin für seinen Film "Soul Kitchen" einige Fenster der ehemaligen Speditions-Lagerhalle verdunkelt hatte, mussten rausgerissen werden oder auch hölzerne Trennwände, hinter denen sich früher das Speditionsbüro und Sozialräume befanden. Auch die für die Filmkulisse aus Holz gebaute Laderampe vor der Halle wurde demontiert. Stattdessen soll eine Treppe gebaut werden, damit im Erstfall die Besucher schnell die Halle verlassen können. "Wir bauen alle Fluchtwege mindestens zwei Meter größer als behördlich vorgeschrieben", sagt Lintl, "wir wollen, dass Auflagen für die Genehmigung mehr als erfüllt werden."

Nach dem Ende der Dreharbeiten hatte Lintl das Filmkulissendenkmal im Juni 2010 übernommen und daraus eine Kulturstätte entwickelt, die mit schrägen Partys und außergewöhnlichem Bühnenprogramm der sogenannten Off-Kultur über die Grenzen Wilhelmsburgs hinaus bekannt wurde. Bislang lag ihm für die Nutzung der Lagerhalle für kulturelle Zwecke eine befristete Duldung des Bezirksamts Hamburg-Mitte vor. Die Frist war abgelaufen. Um kulturell weitermachen zu können, hatte Lintl für die Lagerhalle nun einen Antrag auf Nutzungsänderung gestellt. Für die Genehmigung sind die baulichen Änderungen notwendig.

Lintl: "Der Antrag auf Nutzungsänderung kommt einem Bauantrag gleich. Und bis die Genehmigung vorliegt, wird noch einige Zeit vergehen." Weil Zeit auch für die Kulturschaffenden Geld ist und durch Veranstaltungseinnahmen möglichst schnell wieder Geld eingenommen werden soll, hat Lintl noch einen Antrag auf Sondernutzung gestellt, um schon vor der offiziellen Genehmigung am 22. März die Wiedereröffnung der Halle mit einer Party des Labels Amplitude Records feiern zu können. "Wir haben für dieses Jahr schon viele Terminanfragen. Ich hoffe, dass wir die Genehmigung erhalten und Terminzusagen geben können.", sagt Lintl.

Dass die Halle noch für ein paar Jahre stehen bleibt, das wäre sein Wunsch. Die Atmosphäre des Gemäuers mit seinen eisernen Dachträgern, dem Ladekran unter der Hallendecke und auch dem hölzernen Fußboden seien einmalig. Und Lintl hält es sogar für möglich, die Halle, wenn es sein müsste, Stein für Stein abzutragen und an einem anderen Ort wieder aufzubauen. Die Gefahr, dass die Stadt das Grundstück an einen Investoren verkauft, der die Halle abreißen würde, ist groß. Lintl: "In der Nachbarschaft wird ein Grundstück bereits geräumt."

Es könnte aber auch anders kommen. Claudius Lieven, 44, aus Wilhelmsburg, Kreisvorsitzender der Grünen in Hamburg-Mitte, zählte am Wochenende auch zu den Umbau-Helfern. Er beseitigte unter anderem Holzverkleidungen, drehte mit seiner Bohrmaschine Schrauben heraus. "Das Material wird wiederverwertet", betonte er. Er hatte die Einladung zum Helfen von Matthias Lintl über Facebook erhalten. "Klar, dass ich da mitmache", sagt er.

Woher der Optimismus? Schon bei der Zukunftswerkstatt "Elbinseln 2013 Plus - was passiert nach der Internationalen Bauausstellung?" wurde das Reiherstiegviertel mit dem Veringkanal als künftiges Zentrum der Wilhelmsburger Stadtteilkultur genannt. Lieven: "Dazu zählen fünf Einrichtungen. Neben der Honigfabrik das Lokal Tonne. Hinzu kommen die aus dem ehemaligen Kubi-Center entstehenden Veringhöfe. Gerade beschlossen wurde, dass der Hamburger Staatsoper-Fundus in das frühere Lidl-Gebäude an den Veringkanal, Neuhöfer Straße, umzieht. Da macht es um so mehr Sinn, auch die Soulkitchen Halle als Kulturtreff zu erhalten".

Alexander Reichert, 29, aus Wilhelmsburg ist Musiker, spielt den Kontrabass in der Band "20vor8". Er kann aber nicht nur mit zarter Hand die Saiten zupfen, sondern, wenn es sein muss, auch mit dem Brecheisen und viel Kraft richtig loslegen. "Ich bin seit Anfang an bei Veranstaltungen in der Soulkitchen Halle dabei", sagt er, "wenn ich mithelfen kann, die Halle für Veranstaltungen zu erhalten, dann tue ich das gern."

Unter den Helfern war auch Partyveranstalter Stefan, 48, aus Langenhorn. Er hat schon mehrere Partys in der Soulkitchen Halle über die Bühne gebracht. Und deshalb war es für ihn keine Frage, beim Umbau mit Hand anzulegen. "In Hamburg wird viel zu viel alte Bausubstanz dem Erdboden gleich gemacht. Es gibt nichts Typisches mehr", sagt er. "Das finde ich traurig. Für Künstler, die nur wenig Geld haben, werden die letzten Auftrittsmöglichkeiten beseitigt. Hamburg investiert mehr als 500 Millionen Euro in die Elbphilharmonie, hat aber kein Geld für Kreative übrig, die etwas anders ticken."

Für Matthias Lintl heißt es auf jeden Fall, sich weiter für den Erhalt der Halle einzusetzen. "Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass wir am Ende die Genehmigung erhalten werden", sagt Lintl.