Vossloh Highspeed Grinding entwickelt eine neue Maschine für glatte Eisenbahnschienen. Gerade ist das zweite Exemplar fertig geworden.

Harburg. Tolle Erfindung aus Harburg: Die Firma Vossloh High Speed Grinding GmbH mit Sitz Am Neuländer Gewerbepark 1 hat eine Schleifmaschine für Eisenbahnschienen entwickelt, die landauf, landab mit hohem Tempo über Gleisstrecken rauscht. Deshalb muss der normale Zugbetrieb nicht mehr wie zu Zeiten früherer Technik unterbrochen werden. In Deutschland ist ein erster Schleifzug dieser Art bereits seit Mai vergangenen Jahres im Einsatz. Er trägt das Namenskürzel HSG2, was für High Speed Grinding oder Hochgeschwindigkeitsschleifen steht. Nach dem Erprobungsfahrzeug mit der Nummer eins tragen nun alle Serienfahrzeuge die "2".

Gerade ist der zweite HSG2-Schleifzug fertiggestellt worden. Er bleibt nicht hier im Land sondern geht zunächst auf eine weite, sechs Wochen dauernde Reise

Im Hamburger Hafen, am BUSS-Terminal, wurde der aus zwei je 80 Tonnen schweren Waggons bestehende Schleifzug nach Shanghai verschifft. Anfang April wird er dort voraussichtlich von Bord geholt, soll auf der Hochgeschwindigkeitstrecke von Peking nach Shanghai auf rund 1400 Kilometern jede Nacht unterwegs sein, um feinste Risse und Unebenheiten auf den Schienenköpfen im Zehntel-Millimeterbereich abzuschleifen. "Das ist die Zahnbürste für die Schienen, also die präventive Instandhaltung", erklärt der Harburger Ingenieur Konstantin von Diest.

Mit dem High Speed Grinding Verfahren des Harburger Unternehmens Vossloh Rail Services werden die Stahlschienen richtig glatt geschliffen. So wird verhindert, dass aus kleinen Rissen oder Wellen auf dem Schienenkopf größere Schäden entstehen und solche Unfälle wie 2001 in England passieren. Dort entgleiste ein Personenzug, weil der Schienenkopf, also der Teil der Schiene, auf dem das Zugrad rollt, gebrochen war. Viele Menschen starben. Kleine Risse und Unebenheiten haben im Laufe der Zeit der Schiene so zugesetzt.

Zwischen Peking und Shanghai wird der Schleifzug aus Harburg künftig mit 96 Schleifkörpern mit 80 km/h von einer 2000 PS starken Lokomotive über die Schienen gezogen. "Das Zeitfenster, das wir haben, dauert etwa vier Stunden. So schaffen wir 40 Kilometer Schienen in einer halben Stunde", erklärt Geschäftsführer von Diest. Dann müssen die Schleifkörper, die etwas größer als eine geballte Faust sind, ausgewechselt werden. Um die Schienen in Schuss zu halten, müssen sie in der Regel alle vier Monate geschliffen werden. Ein Team aus Harburg wird dort die chinesischen Kollegen an dem Zug einarbeiten.

In Rönneburg, auf dem Werksgelände der Neuländer Vossloh Rail Services steht die gelbe Schwester-Maschine des Zuges. Das Geheimnis des High Speed Grindings ist unter anderem die Stellung der Schleifköpfe. Sie werden nicht gerade über den Schienenkopf gezogen, sondern sind in Schrägstellung unter dem Zug montiert und werden schräg über den Schienenkopf gezogen. China sei, so Konstantin von Diest, ein riesiger und vielversprechender Markt für die High Speed Grinding Züge der Harburger Firma.

Die Firma Stahlberg Roensch, Vorgängerin der Vossloh GmbH, hatte sich schon seit Ende des zweiten Weltkriegs auf die Instandhaltung von Eisenbahnschienen spezialisiert. Je höher die Auslastung der Stahlschienen, umso größer der Wartungsbedarf.

Von Diests Vorgänger, Dr. Constantin Stahlberg, kaufte das Patent der Schleifköpfe. Vor neun Jahren, kurz nachdem von Diest in das Unternehmen eingestiegen war, hatten er und ein kleines, dreiköpfiges Team die Aufgabe erhalten, das Verfahren schneller und effektiver zu machen. "Ich war Maschinenbauer mit Industrieerfahrung", sagt . Diese Aufgabe war für mich natürlich eine ganz neue Herausforderung, denn eigentlich kam ich damals aus der Luftfahrt. Aus Stahlberg Roensch wurde Vossloh Rail Services mit rund 350 Mitarbeitern. Aus der dreiköpfigen Truppe um von Diest wurde eine eigene Vossloh Tochterfirma mit 50 Mitarbeitern. Das Harburger Schleifverfahren setzt sich nicht nur auf den nationalen Schienenwegen durch. Bisher wurden zwei dieser "Zahnbürsten" für Schienen von dem Harburger Unternehmen gebaut. Das Ziel: Die Produktion soll auf einen Zug im Jahr gesteigert werden. In Harburg werden die Schleifaggregate, also die Gestelle, in denen die Schleifkörper unter dem Zug aufgehängt werden, hergestellt.

"Vor zwei Jahren haben wir damit angefangen, unsere Schleifkörper selbst herzustellen", sagt Konstantin von Diest. "Gerade entwickeln wir den kleinen Bruder der Maschine. Er soll unbemannt und per Fernsteuerung auf den Schienen unterwegs sein und arbeiten", so der Ingenieur. Der "kleine Bruder" kann dann in Städten auf den U-Bahn- und Straßenbahn-Netzen seinen Job machen und die Schienen in Ordnung halten. Auch wenn in China die gleiche Spurweite der Schienen von 1,435 Metern verbaut wird, mussten die Mitarbeiter erhebliche Änderungen an der High Speed Grinding Maschine vornehmen, damit sie in China arbeiten kann. Kurz vor dem Verladen auf das Schiff nach Shanghai bekam der Zug noch seine neuen "chinesischen Füße". Die chinesischen Zugräder sind nicht identisch mit den europäischen. In Deutschland, so von Diest, sei die High Speed Grinding Maschine erfolgreich auf dem Schienennetz unterwegs. Damit sei der deutsche Markt ausgelastet.

Umso wichtiger ist es für das Harburger Unternehmen, Absatzmärkte wie den in China für sich zu erobern. Das Unternehmen sei nach den Worten des Geschäftsführers inzwischen mit Bahn- und Schienennetzbetreibern weltweit im Gespräch. Die Maschinen werden nicht verkauft sondern in Eigenregie betrieben. Verkauft wird die Dienstleistung des Schienenschleifens.