Parteiübergreifend wendet sich der Bauausschuss im Kreis Harburg gegen die umstrittene Fördermethode von Erdgas und Erdöl.

Winsen. Der Landkreis Harburg macht Ernst beim Widerstand gegen Fracking. Die Mitglieder des Kreisbauausschusses unterstützen parteiübergreifend eine Resolution der Grünen, Widerspruch gegen eine Genehmigung des Landesamts für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) in Clausthal-Zellerfeld einzulegen. In der Resolution heißt es: "Der Landkreis protestiert energisch gegen die jetzt vorliegende Genehmigung des LBEG an Unternehmen zur Aufsuche von Erdgas und Erdöl in unserem Landkreis."

Bereits am 17. Dezember vergangenen Jahres hatte der Kreistag einstimmig "mit Nachdruck das Fracking-Verfahren zur Erdgasgewinnung beziehungsweise zur Suche nach unkonventionellen Erdgasvorkommen auf seinem Kreisgebiet abgelehnt". Der Erste Kreisrat Rainer Rempe kündigte an, sich mit den anderen betroffenen Landkreisen Heidekreis, Lüchow-Dannenberg, Lüneburg und Uelzen zu beraten. "Ich denke, es ergibt Sinn, sich da abzusprechen", sagte Rempe.

Der Landkreis Lüneburg erwägt bereits, im Notfall vor Gericht zu ziehen. Ein Fachanwalt soll jetzt prüfen, ob eine Klage möglich ist. "Sobald wir wissen, ob es die Möglichkeit einer Klage gibt, werden wir rechtliche Schritte gegen das LBEG in Erwägung ziehen", sagte Kreissprecher Bernhard Frosdorfer.

Das LBEG hatte am 21. Januar, am Tag nach der niedersächsischen Landtagswahl, überraschend mitgeteilt, dass es einem deutschen und einem US-Unternehmen im Nordosten Niedersachsens die Suche nach Erdöl und Erdgas erlaubt habe (das Hamburger Abendblatt berichtete). Es handelt sich dabei um drei Felder im Bereich der fünf Landkreise. Das Landesamt hatte dem US-Unternehmen Blue Mountain Exploration LLC erlaubt, auf den Feldern "Oldendorf" (rund 850 Quadratkilometer) und "Lüneburg" (rund 700 Quadratkilometer) nach Erdöl und Erdgas zu suchen. Für fünf Jahre hat das Unternehmen das alleinige Recht, nach Vorkommen zu suchen. Nach Informationen des Hamburger Abendblatts will Blue Mountain für die Untersuchungen und Bohrungen rund 27,5 Millionen Euro investieren.

Im Landkreis Harburg will Blue Mountain im Erlaubnisfeld "Oldendorf" Erdgas- und Erdölvorkommen erforschen. Das Erlaubnisfeld umfasst Winsen, Stelle und Seevetal sowie die Samtgemeinden Elbmarsch, Salzhausen und Hanstedt. Laut LSBG habe die erteilte "Aufsucherlaubnis" zunächst nichts mit dem umstrittenen Fracking zu tun. Letzteres erfordere eine gesonderte Erlaubnis. Beim Fracking werden größere Mengen Wasser mit Sand und Chemikalien in den Boden gepresst, um die Förderung zu verbessern oder überhaupt erst zu ermöglichen.

Die Fracking genannte Technologie hat großes Potenzial: Laut Umweltbundesamt könnte Deutschland damit seinen gesamten Gasbedarf für etwa 13 Jahre decken. Konzerne wie ExxonMobil wollen daher im großen Stil mit Chemikalieneinsatz Gas fördern. Doch das Fracking ist umstritten. Aus einer Risikostudie für das Land Nordrhein-Westfalen geht hervor, dass selbst neuere Fracking-Zusätze krebserregende und erbgutverändernde Eigenschaften aufweisen. Außerdem sei die Entsorgung der Lagerstättenwässer und Rückstände noch ungeklärt.

"Von der Genehmigung habe er erst aus der Zeitung erfahren", sagte der Erste Kreisrat Rainer Rempe. Er hat daraufhin einen Brief an das LBEG geschickt. Das Antwortschreiben des Landesamtes liegt dem Abendblatt vor. Darin "bedauert" das Amt, den Landkreis nicht direkt informiert zu haben, und erklärt zugleich, dass die Genehmigung lediglich die erste Stufe eines mehrstufigen Verfahrens sei und mit Fracking selbst noch nichts zu tun habe.

Als Begründung für die Genehmigung nennt das Landesamt die fehlenden "Ausschlussgründe". Solche Gründe wären beispielsweise gewesen, wenn alle fünf Landkreise hätten sagen können, sie seien Wasserschutzgebiete. "Bei der Entscheidung über den Antrag handelt es sich um einen gebundenen Verwaltungsakt, der keinerlei Ermessen der entscheidenden Behörde vorsieht", schreibt das LBEG.

Die LBEG-Erlaubnis für die Suche nach Erdgas und Erdöl im Landkreis Harburg umfasst erst einmal nur die Auswertung bestehender geologischer Gutachten und Bergbauakten. Diese Phase dauert etwa ein Jahr. Gestattet sind vorerst "keine Aufsuchungsmaßnahmen, die zu Auswirkungen auf die Umwelt wie zum Beispiel Siedlungsflächen, Trinkwassergewinnungsgebieten oder besonders geschützte Arten und Lebensgemeinschaften führen", schreibt das LBEG. "Falls solche Aufsuchungsmaßnahmen durchgeführt werden sollten, wird hierfür ein gesondertes Genehmigungsverfahren unter Anhörung der Landkreise und der Gemeinden durchgeführt."

Somit kann Blue Mountain Erkundungsbohrungen und seismische Untersuchungen erst in einem zweiten Schritt durchführen. "Bis zur Genehmigung oder Ablehnung können noch einmal zwei bis drei Jahre vergehen", sagte LBEG-Pressemitarbeiter Björn Völlmar.

Erst in einem dritten Schritt dürfte Blue Mountain im Landkreis Harburg Erdöl oder Ergas fördern - wiederum auch nur nach einem weiteren positiven LBEG-Bescheid. Und wenn die Vorkommen nur mit der Fracking-Methode gewonnen werden könnten müsste das Unternehmen noch einmal Sonderbetriebspläne einreichen.

Der Landkreis Harburg ist in seinem Schreiben an das LBEG indes der Auffassung: "Die Dichte der Siedlungsflächen, die überregionale Bedeutung als Trinkwasserspeicher für Hamburg und die Metropolregion sowie die nationalbedeutsame Funktion für besonders geschützte Arten und Lebensgemeinschaften lässt eine Umsetzung der Planungen der Blue Mountain Exploration nicht zu."