Blick hinter die Kulissen: Im Theater Lüneburg stehen von den rund 150 festen Mitarbeitern des Drei-Sparten-Theaters gerade einmal 36 auf der Bühne.

Das Theater Lüneburg ist eigentlich gar keine Firma. Es sind mehrere. Schneiderei, Schreinerei, Tischlerei, Gewandmeisterei, Chor, Orchester, Verwaltung, Pädagogik, Maske, Tontechnik, Ballett, Schauspielerei, Dramaturgie, Malersaal, Requisite, Garderobe, Reinigung, Pförtnerei, Beleuchtung: Vermutlich fehlen in dieser Aufzählung sogar noch Teile, die zum Theater genauso dazugehören wie die Bühne. Das, was die Zuschauer am Abend sehen und hören.

Von den rund 150 festen Mitarbeitern des Theaters Lüneburg, einem Drei-Sparten-Betrieb und Drei-Häuser-Haus, arbeiten gerade einmal 36 auf der Bühne: als Tänzer (acht), Schauspieler (zwölf), Opernsänger (sechs) oder Chorsänger (zehn). Für die Musik sorgen 29 fest Angestellte der Lüneburger Symphoniker, dem Hausorchester.

Drei Sparten bedeutet, dass es im Lüneburger Theater nicht nur Schauspiel-Stücke zu sehen gibt, sondern auch Ballett und Musiktheater, also Musicals, Opern und Operetten. Drei-Häuser-Haus bedeutet, dass es neben dem Großen Haus mit 542 Plätzen auch ein Studio (T.NT) mit 99 Stühlen sowie ein Kinder- und Jugendtheater (T3) mit gut 140 Sitzgelegenheiten gibt. Wer da im Künstlerischen Betriebsbüro für die Dispo zuständig ist, der muss ganz genau hinsehen, welche Stücke an welchem Termin laufen können - zweimal Musiktheater am selben Tag zum Beispiel ist für das Ensemble schlicht und ergreifend nicht zu schaffen. Denn die 36 auf und 29 vor der Bühne bespielen nicht nur die Bühne im Großen Haus - sondern alle drei.

Das Theater ist eine Firma, natürlich, es hat die Gesellschaftsform einer GmbH, einen Verwaltungsdirektor und eine Finanzbuchhalterin. Acht Millionen Euro beträgt der Etat in der laufenden Spielzeit, drei Millionen Euro davon zahlt das Land, je 1,5 Millionen Hansestadt und Landkreis. Fast 80 Prozent betrug die Auslastung in der vergangenen Spielzeit im Großen Haus, exakt 100.818 Zuschauer haben 435 Vorstellungen auf den drei Bühnen besucht - und übrigens: Die Karten kosten zwischen sechs und 29,50 Euro.

"Wir schweben nicht im luftleeren Raum", sagt Hajo Fouquet, Intendant und Geschäftsführer in Personalunion. "Wir müssen wirtschaftlich und effektiv sein wie jedes Industrieunternehmen auch." 25,7 Prozent seines Etats hat das Theater in der Spielzeit 2010/2011 durch sein Einspielergebnis erwirtschaftet, bundesweit sind es nur 18,4 Prozent. Während jeder Platz in einem öffentlichen Theater in Deutschland 2010/2011 mit durchschnittlich 109,54 Euro bezuschusst wurde, sind es in Lüneburg 61,13 Euro. Aber natürlich ist das Produkt, das das Unternehmen Theater anbietet, mehr als ein Gebrauchsgegenstand, mehr als eine abgenommene Aufgabe. "Theater ist Sinnes- und Verstandesbildung", sagt Fouquet. Allerdings weniger über den Intellekt als über die Sinne. Intensiv und emotional sollen die Zuschauer die Stücke sehen, wünscht er sich. Theater, so Fouquet, ist auch ein Spiegel der Welt und ihrer Bewohner. Und einer der wenigen Orte, die den Menschen Raum geben für Ideen, Fantasien und Sehnsüchte.

"Habt doch endlich einmal die Courage, Euch den Eindrücken hinzugeben, Euch ergötzen zu lassen, Euch rühren zu lassen, Euch erheben zu lassen, ja Euch belehren zu lassen und zu etwas Großem entflammen und ermutigen zu lassen", steht am Beginn des aktuellen Spielzeithefts. Ein Zitat von Johann Wolfgang von Goethe - und ein Plädoyer, das keine Frage offen lässt.