Streit um Großbauprojekt: Meckelfelder Kirchengemeinde kritisiert Standortwahl - Bürgerinitiative reist nach Berlin.

Meckelfeld/Berlin. "Es ist empörend und zynisch, dass ökologische Argumente genutzt werden um wirtschaftliche Interessen durchzusetzen", sagt Bernd Abesser. Der Pastor der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Meckelfeld wendet sich scharf gegen die Pläne, die bestehende Tank- und Rastanlage Stillhorn zu einem unbewirtschafteten Parkplatz zurückzubauen und eine Ersatzlösung im Norden der benachbarten Gemeinde Seevetal aus dem Boden zu stampfen. "Um einen Neubau auf der niedersächsischen Seite notwendig erscheinen zu lassen, werden Landschaft und Natur in Stillhorn als hochwertig dargestellt", so der Pastor. Er kritisiert, dass auf einer nahe gelegenen Ausweichfläche an der Anschlussstelle Harburg eine Industrieansiedlung geplant ist. Abesser: "Es darf doch keine Politik nach dem Sankt-Florians-Prinzip herrschen."

Die Protestwelle besorgter Meckelfelder, die sich von dem Nachtquartier für 255 Lkw-Fahrer vor ihrer Haustür gestört fühlen, ist inzwischen in die Bundeshauptstadt geschwappt: In den Streit um das Großbauprojekt an der niedersächsischen Landesgrenze mit der Freien und Hansestadt Hamburg hat sich der Brackeler Bundestagsabgeordnete Michael Grosse-Brömer als Vermittler eingeschaltet. Er initiierte einen Gesprächstermin des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesverkehrsministerium, Andreas Scheuer, mit Landes- und Lokalpolitikern sowie Vertretern der Seevetaler Gemeindeverwaltung und einer Bürgerinitiative, die sich gemeinsam gegen den Rastplatz wenden.

"Es war ein atmosphärisch gutes Gespräch, bei dem bestehende Kommunikationsprobleme ein Stück weit behoben werden konnten", sagt Grosse-Brömer. "Bis 2015 sollen an den deutschen Fernstraßen 15.500 neue Standflächen für Lastwagen entstehen, damit die Fahrer ihre gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten einhalten können", so der Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion weiter. "Das war unter allen Beteiligten unstrittig." Zur Diskussion stehe jetzt allein der gewählte Standort in den Moorwiesen der Elbmarsch. Grosse-Brömer: "Wir haben uns darauf verständigt, dass es auf Arbeitsebene weitere Gespräche über Alternativstandorte geben soll, die sowohl auf niedersächsischem als auch hamburgischem Gebiet liegen."

"Die Abwägung zwischen dem dringenden Bedarf nach mehr Stellflächen auf der einen Seite und dem Natur- und Lärmschutz auf der anderen Seite ist zwar überall äußerst schwierig", sagt Grosse-Brömer. "Aber die Gemeinde Seevetal ist bereits heute mit zwei Autobahnen, zwei Bahnlinien und dem Rangierbahnhof Maschen auf ihrem Gebiet intensiv belastet." Er verstehe daher den Unmut der Anwohner, die sich von der Standortwahl überrollt fühlen. "Hier muss nachgearbeitet und mehr Transparenz geschaffen werden." Informationsmängel gebe es insbesondere über den für die Tiefbauarbeiten in den Feuchtwiesen notwendigen Bodenaushub. Der damit verbundene Schwerlastverkehr könne zu erheblichen Erschütterungen in der Nähe führen, befürchten Hausbesitzer.

Auch über das Verfahren der Standortsuche wollen die Meckelfelder mehr erfahren. Die zuständige Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr in Verden verwies bei Nachfragen auf ihren örtlich eingeschränkten Zuständigkeitsbereich. "So etwas geht heutzutage nicht mehr", sagt dazu Grosse-Brömer. "Größere Bauvorhaben müssen den Bürgern erklärt werden." Daher sei es wichtig, dass die einzelnen Landesbehörden die Standortfrage übergreifend angehen. Bis Ende Februar erwartet er Antworten zu den offenen Fragen der Bodenbeschaffenheit an der geplanten Baustelle und möglichen Alternativstandorten im benachbarten Hamburg.

"Die Informationen müssen jetzt zügig weitergegeben werden, bevor Fakten geschaffen sind", fordert Grosse-Brömer. Das aktuelle Planfeststellungsverfahren gegen das Bauvorhaben, bei dem inzwischen ungefähr 1500 Einwendungen eingereicht wurden, ist von den neuesten Entwicklungen nicht betroffen. "Dem Bund ist es nicht möglich, in das laufende, unabhängige Verfahren einzugreifen", sagt Richard Schild, Sprecher des Bundesverkehrsministeriums. Das Planfeststellungsverfahren müsse zuvor durch die zuständige Behörde beendet werden.

Noch bis zum 20. Februar können betroffene Bürger ihre Protestschreiben im Rathaus der Gemeinde Seevetal abgeben. Auch der Meckelfelder Pastor Abesser hat zusammen mit den anderen Mitgliedern des Kirchenvorstands eine förmliche Beschwerde eingelegt. Das kirchliche Gremium kritisiert darin neben der ihrer Meinung nach doppelmoralischen Argumentation gegen einen Ausbau in Stillhorn die "mächtige Barriere aus Licht und Lärm", die das Gemeindegebiet zu zerschneiden drohe.