Zwei Supermärkte in Buchholzer Ortsteilen haben 365 Tage im Jahr auf. Die Kunden sind begeistert. Doch die SPD ist irritiert.

Sprötze/Holm-Seppensen. Sonntagmorgen im Buchholzer Süden. Die Schneeflocken rieseln, die Straßen sind leer, nur in Sprötze herrscht emsige Betriebsamkeit. Im Minutentakt fahren die Autos bei Edeka Schreiber vor, während andere mit gefüllten Kofferräumen nach Hause zurückkehren. Wer am Abend zuvor voller Schreck bemerkt hat, dass die Eier für den Sonntagskuchen noch fehlen, muss nicht etwa zur teuren Tankstelle gehen. Nein, er wird bei Uli Schreiber, wie Seniorchef Heinz-Ulrich Schreiber von den Einheimischen liebevoll genannt wird, fündig.

Der 77-Jährige ist neben Ralf Lorenz in Holm-Seppensen der einzige Lebensmittelhändler weit und breit, der auch am Sonntag keinen Feierabend kennt. 365 Tage im Jahr steht Schreiber im Dienste seiner Kunden, seit 1952 ist die Familie im Ort eine Institution, und mit Uli Schreibers Söhnen Ulf , 42, und Ingo Schreiber, 40, ist die dritte Generation schon längst in den Betrieb mit eingebunden.

Doch die dörfliche Idylle wird nicht überall als so idyllisch empfunden. Die ungewöhnlichen Öffnungszeiten der beiden Geschäfte haben die SPD-Fraktion im Buchholzer Rat auf den Plan gerufen. In einer Anfrage an die Stadtverwaltung wollte Frank Piwecki wissen, wie es sein kann, dass es dort mit der Sonntagsruhe nicht so genau genommen wird. "Ich weiß, dass das zwar generell schön für Kunden ist", sagt er. Er wolle auch keine Unruhe in die Dörfer bringen, aber er befürchte, dass die verlängerten Öffnungszeiten zu einem Präzedenzfall werden könnten.

"Gilt für die Stadt Buchholz die sogenannte Bäderregelung?", lautet deshalb eine seiner Fragen an die Stadt. "Gibt es eine sonstige Ausnahmeregelung, und wenn nein, welche Grundlage gibt es dann für die Öffnungszeiten?", sind weitere Fragen, die Piwecki stellt. Die Antworten der Verwaltung klingen zwar logisch, sie lassen dennoch Fragen offen.

Holm-Seppensen sei zwar bis 2010 Ausflugsort gewesen, deshalb durften Verkaufsstellen vom 15. Dezember bis zum 31. Oktober mit Ausnahme des Karfreitags und des ersten Weihnachtstags täglich acht Stunden öffnen. Seit zwei Jahren habe der Ort diese Anerkennung aber nicht mehr. Das heißt, Ausnahmeregelungen jedweder Art gibt es in Buchholz derzeit nicht.

Für alles weitere verweist die Verwaltung auf die Regelungen des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten. Das besagt unter anderem, dass zunächst die Größe und das Sortiment des Ladens ausschlaggebend sind. Die Fläche dürfe 800 Quadratmeter nicht überschreiten, und die Waren müssen auf täglichen Kleinbedarf beschränkt sein. Dann seien auch sonn- und feiertags drei Stunden außerhalb der ortsüblichen Gottesdienstzeiten erlaubt.

Abgesehen von der Tatsache, dass Lebensmittel Lorenz in Holm-Seppensen sonntags laut eigener Internetseite von 8 bis 12 Uhr geöffnet hat, also vier statt der erlaubten drei Stunden, erfüllen die Geschäfte die Kriterien, wenngleich es bei den Gottesdienstzeiten etwas eng werden könnte. Die sind morgens um 9.30 oder 10 Uhr, also parallel zu den Ladenöffnungszeiten. Für Seniorchef Schreiber ist das aber kein Problem. Wer wolle, könne ja ohne Probleme vor oder nach dem Gottesdienst einkaufen gehen, sofern er überhaupt zum Gottesdienst gehen wolle, sagt er. Mit der Kirchengemeinde sei er nie in einen Konflikt geraten.

Sein Sohn Ulf ergänzt, er habe vielmehr den Eindruck, dass die SPD-Fraktion von außen her ein nicht vorhandenes Problem in den Ort trage. "Schauen Sie doch in die Nachbardörfer." Dort seien alle kleinen Läden verschwunden. Wenn Edeka Schreiber sonntags nicht von 8 bis 11 Uhr öffnen würde, erginge es dem Laden vermutlich ähnlich. Die Größe von weniger als 800 Quadratmetern sei in dieser Hinsicht ihr Vorteil.

"Der Einkauf fixiert sich nicht so sehr auf den Sonnabend", sagt Kundin Meta Groth aus Buchholz. Seit drei Jahren kommt sie regelmäßig nach Sprötze und genießt es, am Sonntag nicht lange in der Schlange stehen zu müssen. Bei Heike Quellmann ist die Lage ähnlich. Als Selbstständige im Reifengroßhandel arbeitet sie sonnabends sogar häufig bis abends um halb sieben. Nach der Arbeit noch zum Einkaufen zu fahren, wäre für sie viel zu viel Stress. "Herr Schreiber ist meine einzige Rettung."

Und was sagt die Kirche dazu? Bei Pastor Matthias Geilen aus Holm-Seppensen klingt so etwas wie Resignation mit, wenn er sagt, dass sicherlich kein Plus an Kirchgängern zu verzeichnen wäre, wenn Lebensmittelläden nicht öffnen dürften. "Trotzdem sollte man bei den Sonntagsregelungen keine Unordnung schaffen." Seine Meinung sei, dass die Menschen unterm Strich nicht glücklicher würden, nur weil sie sonntags einkaufen könnten.