Die Zahl der an “Zucker“ Erkrankten steige von Jahr zu Jahr, sagt der Harburger Mediziner Bernd-Michael Scholz. Wer sich gesund ernähre, sei weniger anfällig

Harburg. Diabetes mellitus gehört zu den am weitesten verbreiteten Zivilisationskrankheiten der Welt. Allein in Deutschland leiden mehr als sieben Millionen Menschen an "Zucker", Tendenz steigend. Das Hamburger Abendblatt sprach mit Bernd-Michael Scholz von der Diabetologischen Schwerpunktpraxis in Harburg über Süßigkeitenkonsum, Folgen der Erkrankung und die Möglichkeiten, sich vor Diabetes zu schützen.

Hamburger Abendblatt:

Menschen, die an Diabetes erkrankt sind, werden auch als "Zuckerkranke" bezeichnet. Hat sie der Zuckerkonsum krank gemacht hat?

Bernd-Michael Scholz:

Nein. Diabetes ist eine Stoffwechselerkrankung, die Jung und Alt betrifft und für die manche Menschen aufgrund ihrer erblichen Veranlagung anfälliger sind als andere. Umwelteinflüsse spielen auch eine Rolle. Wer nicht gefährdet ist, kann den ganzen Tag Sachertorte essen, ohne jemals an Diabetes zu erkranken.

Gesund ist das aber sicher nicht...

Scholz:

Da haben Sie recht. Aber Fakt ist, dass Zucker heute als Nahrungsmittel in jedem Kulturkreis gern und oft verwendet wird. Grundsätzlich gilt: Wer gesund bleiben will, sollte schon auf eine ausgewogene Ernährung achten, viel Gemüse und Vollkornprodukte essen. Aber wir können uns auch mal einen Tag nur von Süßigkeiten ernähren, ohne dass wir gleich tot umfallen.

Braucht unser Körper denn jeden Tag eine bestimmte Menge Zucker?

Scholz:

Nein. Unseren Tageskalorienbedarf sollten wir zwar zu 60 Prozent über Kohlenhydrate decken, zu denen ja auch Zucker zählt. Aber besser wären natürlich vollwertige Produkte.

Manchmal ist der Jieper auf Süßes aber so groß, dass wir lieber einen Schokoriegel als ein Stück Schwarzbrot essen. Macht Zucker uns süchtig?

Scholz:

Nein. Es gibt keinen Zuckerrezeptor im Körper, der bedient werden müsste. Aber wir sind oft Gefangene unserer eigenen Sozialisation. Viele greifen bei Stress immer wieder zu Süßigkeiten, weil sie es schon immer so gemacht haben. Und alte Gewohnheiten lassen sich nicht so leicht ablegen. Die psychische Komponente spielt in diesem Fall die entscheidende Rolle.

Welche Folgen kann eine schwere Diabetes haben?

Scholz:

Die Erkrankung kann Gefäße und Nerven schädigen, was bis zu Amputationen oder auch zur Erblindung führen kann. Die Spätschäden sind vor allem dann schwerwiegend, wenn ein Diabetes über lange Zeit unentdeckt bleibt und ungenügend behandelt wird. Genauso schlimm sind allerdings die Folgen für das Sozialsystem. Denn die Fallzahlen steigen jährlich an - und Diabetes kostet viel Geld. Und das kommt uns am Ende alle teuer zu stehen.

Wie können wir vorbeugen?

Scholz:

Weniger essen, sich mehr bewegen. Das gilt vor allem für die, die genetisch vorbelastet sind. Ausdauersportarten wie Walkung oder Schwimmen sind super. Aber auch das Stemmen von Hanteln ist besser, als auf der Couch die Fernbedienung zu betätigen.