Elke Martensen überzeugte mit ihren Kreationen bereits Designer aus Paris und Mailand. Am kommenden Wochenende sind ihre Hüte zu sehen.

Harburg/Tostedt. Hut zu tragen ist wieder en vogue. Das gilt übrigens nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer. So überrascht es nicht, dass bei den 18. Harburger Kunst-Handwerk und Antiquitätentagen am kommenden Wochenende im Heimfelder Privathotel Lindtner auch wieder Hut Couture geboten wird. Bereits zu fünften Mal in Folge präsentiert Elke Martensen dort Kreationen, die sogar Modeexperten in Paris und Mailand mit der Zunge schnalzen lassen.

"Auch wenn sich das jetzt etwas abwegig anhört: Ein Hut darf nicht aufgesetzt wirken", sagt Martensen. Wer einen trage, müsse gewissermaßen eins mit ihm werden, müsse sich einfach wohlfühlen mit ihm. "Es bedarf allerdings auch eines gesunden Selbstbewusstseins. Ein Hut sorgt fast immer für Aufmerksamkeit, weil er Blicke anzieht", so Martensen.

Sie kann sich noch gut an Zeiten erinnern, in denen Hut zu tragen völlig normal war: "Als ich in den 50er- und 60er-Jahren am Wochenende mit meinen Eltern in Planten un Blomen spazieren ging, habe ich sehr viele Frauen und Männer gesehen, die ganz selbstverständlich Hut trugen. Schade, dass er später dann immer mehr aus der Mode gekommen ist."

Doch Elke Martensen sieht handfeste Anzeichen für eine nachhaltige Renaissance der Kopfbedeckung. Und das nicht nur, weil es in den wichtigen Mode-Metropolen wieder viele junge, kreative Hutmacher gebe. "Auch die vielen prächtigen Hochzeiten in den europäischen Königshäusern haben dafür gesorgt, das Thema Hut auch beim Normalbürger wieder ins Bewusstsein zu heben", sagt Martensen. "Die festlichen Fascinators, die da so manche Damen auf dem Kopf hatten, heißen nicht umsonst so. Sie krönen ein schönes Kleid und adeln ihre Trägerin auf ganz eigene Weise".

Für Elke Martensen war jedenfalls frühzeitig klar, dass sie nie etwas anderes wollte, als Hüte zu kreieren. So absolvierte sie in den 60er-Jahren eine klassische Hutmacherlehre am Jungfernstieg. Später betrieb sie einen eigenen Salon mit zehn Mitarbeitern am Mittelweg. Dort entwarf die umtriebige Designerin nicht nur zwei Kollektionen unter eigenem Namen, auch Hutserien für große Labels wie Jil Sander. 28 Jahre lang hat sie die namhafte Hamburger Modeschöpferin mit exklusiven Modellen versorgt. Von denen sich später zahlreiche Kopien von Mailand bis Hongkong fanden. "Ich habe mich immer wieder gern von den 30er-Jahren inspirieren lassen, deren Mode ungewöhnlich fantasievoll und ausdrucksstark war", sagt Martensen. Anregungen für ihre Kreationen entlehnte sie aber auch historischen Kappen und Mützen, deren Formen weiterentwickelt oder durch auffällige Accessoires ergänzt werden.

Großen Wert legt die passionierte Hutmacherin auf die Verarbeitung hochwertiger Rohstoffe. Für Winterhüte dürfen das gern Filz aus Hasenhaar und Chinchilla-Felle sein. Im Sommer stammen die Rohlinge für Strohhüte bevorzugt aus Weizen- und Reisstroh, werden von ihrem Grossisten in Florenz aber auch von Agavenplantagen auf den Philippinen geordert.

Seit sie sich vor acht Jahren in ihr Haus in Tostedt zurückzog, lässt es Martensen etwas ruhiger angehen. Entstanden in besten Zeiten rund 2000 Hüte pro Jahr, so sind es heute noch zwischen 200 und 300. Fabrik-Kollektionen übernimmt sie gar nicht mehr. Dafür entstehen in ihrer rund 50 Quadratmeter großen Werkstatt handmodellierte Maßanfertigungen für Kunden, die ihr zum Teil bereits seit Jahren die Treue halten.

So wie Susanne Richter-Kemper, eine Schmuckfabrikantin aus Detmold. Bis zu ihrem Tod im Vorjahr hatte die Unternehmerin etwa 500 Hüte von Elke Martensen fertigen lassen. "Jedes einzelne Modell war eine besondere Herausforderung, weil es oft farblich wie stilistisch zu einem Kostüm oder Schmuckstücken passen musste", verrät Elke Martensen. Bis zu 30 Stunden hat sie an den raffiniertesten Kreationen gesessen, die dann auch schon mal bis zu 2000 Euro teuer sind. Die Herstellung "normaler" Hüte dauert für gewöhnlich zwischen acht und zwölf Stunden - sie sind schon ab 100 Euro zu haben.

"Jeder Hut ist im Grunde ein Unikat - und damit ein ganz individuelles Schmuckstück", sagt Elke Martensen. Werde mit ihm pfleglich umgegangen, halte er 15 bis 20 Jahre. Wer seinen Hut nur zum Galoppderby oder dem Weihnachtsball raushole, könne ihn natürlich noch deutlich länger tragen. Aber für solch seltene Anlässe seien die meisten Hüte eigentlich zu schade. Deshalb kann der finale Rat der Hut-Couturistin kaum überraschen: "Leute, habt Mut, tragt Hut!"