Das Hamburger Abendblatt und der ADAC Hansa testen die Park-and-ride-Anlagen in der Region. Heute im achten Teil: der Bahnhof Harburg. Er bekommt vom Prüfer die Gesamtnote “befriedigend“

Harburg. Dreimal die Null, auf neun Ebenen. Die Anzeige in der Park-and-ride-Platz-Einfahrt am Bahnhof Harburg verdeutlich die ganze Misere: Es ist 8.15 Uhr an einem Werktag, und alle 907 Plätze im Parkhaus an der Hörstener Straße sind besetzt. Wer jetzt noch am Bahnhof Harburg parken will, um mit der Bahn weiter zur Arbeit zu pendeln, der muss weite Wege in Kauf nehmen. An der Hannoverschen Straße stehen Pendlerautos mit den Kennzeichen HH und WL stadteinwärts auf der rechten Seite fast bis zur Neuländer Straße. Das macht für den Fahrer des letzten Autos einen Kilometer Fußweg bis zum Bahnhof.

Carsten Willms, 42, stellvertretender Leiter der Abteilung Technik und Verkehr des ADAC Hansa, kennt den Missstand am Bahnhof Harburg. "Eigentlich ist das Harburger Park-and-ride-Haus eine gute Anlage", sagt er, "aber es gibt kein Parkhaus in der gesamten Metropolregion Hamburg, über das es so viele Beschwerden gibt." Deshalb bekommt das Harburger P+R-Haus nur die ADAC-Note "befriedigend". 250 Pendler haben dem ADAC Hansa ihren Frust über die Anlage an der Hörstener Straße mitgeteilt, und der Tenor war immer derselbe: "Wir finden keinen Parkplatz."

Carsten Willms ist der sogenannte "Park-and-ride-Platz-Papst" beim ADAC Hansa - etwa 350 Anlagen hat er in den vergangenen zehn Jahren in Norddeutschland getestet. Er ist betrübt, wenn er über die Harburger P+R-Anlage spricht: "Die Kapazität ist das A und O bei einem Parkhaus. Wenn kein Platz da ist, dann kommen die Pendler nicht und fahren statt mit der Bahn mit dem Auto in die City und verstopfen die Straßen."

Der Experte hat an diesem Tag einen Katalog von Fragen abzuarbeiten, um zu einer ausgewogenen Bewertung zu kommen: Wie ausgelastet ist die Harburger Anlage? Wie sicher ist sie? Wie steht es um die Videoüberwachung und wie um die Beleuchtung? Ist die Anlage benutzerfreundlich? Ist der Parkplatz geeignet für Rollstuhlfahrer? Und wie steht es mit dem Service rund um den Bahnhof?

Der Rundgang beginnt an der Ein- und Ausfahrt des Harburger Park-and-ride-Hauses: Sie gefällt Carsten Willms. Hier sitzt morgens während der Hauptverkehrszeit eine Mitarbeiterin der P+R-Betriebsgesellschaft und kontrolliert, ob die Autofahrer eine Dauerkarte des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV) besitzen. Manche haben auch einen blauen Aufkleber an der Fensterscheibe kleben, der sie als HVV-Dauerkunden ausweist. "Die Nutzer begrüßen es, wenn sie morgens Personal an der Einfahrt sehen", sagt der ADAC-Prüfer. "Das ist wie mit der S-Bahn-Wache: Die sorgt bei den Fahrgästen für ein sichereres Gefühl."

Einen Tag zuvor hat Carsten Willms das P+R-Haus in Neugraben getestet. "Das Parkhaus in Harburg macht auf den ersten Blick gleich einen besseren Eindruck", sagt er. "Die Wände sind heller und sauberer und die Markierungen auf der Fahrgasse frischer - alles wirkt freundlicher."

In der unteren Ebene fällt Carsten Willms im hinteren Bereich gleich das Blaulicht auf, das von der Decke schimmert. Dieses Licht schrecke Drogenabhängige ab, sagt der Parkhausprüfer. "Dem ADAC liegen aber keine Beschwerden über illegalen Drogenkonsum im Parkhaus Harburg vor."

Carsten Willms inspiziert auch die Videoüberwachung im Parkhaus. Er ist erfreut, dass Kameras von den Ausgängen die Ebenen überwachen. Allerdings gibt es auch "tote Winkel", die nicht von den Kameras erfasst werden. "Eine flächendeckende Videoüberwachung würde mehr Punkte geben und gehört zu einem anständigen P+R-Haus", sagt der ADAC-Tester.

"Vorbildlich" findet Carsten Wilms die Anbindung mit drei Fahrstühlen zur S-Bahn. Allerdings ist am Testtag einer der Aufzüge defekt, eine rote Lampe leuchtet: "Außer Betrieb". Das gibt für den Parkhaustest aber keinen Punkteabzug, weil noch zwei Fahrstühle in Betrieb sind.

Positiv fällt dem ADAC-Tester die Beschriftung an den Wänden auf, die den Weg zu den Ausgängen und zu den Notausgängen zeigt. "Der Pendler weiß sofort, wie er sich im Notfall zu verhalten hat", sagt Carsten Willms. Im Notfalltreppenhaus gefallen ihm die Videokameras und die Sauberkeit - "keine Graffitis, alles sauber gestrichen", diagnostiziert er.

Das Licht - auch ein wichtiges Thema in einem Parkhaus. Carsten Willms ist unzufrieden. "Unsere Ingenieure haben nachts nur die Hälfte der empfohlenen ADAC-Werte in der Fahrgasse und am Auto gemessen", sagt er und schlägt vor, wie es besser ginge: "Mit einer modernen LED-Beleuchtung würde das Parkhaus heller und freundlicher wirken. Mehr Licht stärkt das Sicherheitsgefühl - das schätzen die Pendler vor allem in der dunklen Jahreszeit."

Der Platz, der Platz, der Platz: An ihm mangele es "von vorn bis hinten" in der Park-and-ride-Anlage am Bahnhof Harburg, bilanziert Carsten Willms nach einem Testtag. Sein Vorschlag: Wenn die Statik es erlaubt, sollte das Parkhaus an der Hörstener Straße aufgestockt werden. "Wir können die Leute nur dann zum Umsteigen vom Auto auf die Bahn bewegen, wenn sie in der P+R-Anlage verlässlich einen freien Stellplatz bekommen", sagt der ADAC-Experte. "Politiker und Verkehrsplaner müssen hier sofort radikal umdenken."

Lesen Sie morgen, wie der Bahnhof Maschen abgeschnitten hat.